Wesel Bauverein verliert vor Gericht

Wesel · Im Streit mit Aktionärsvertretern gibt es ein Anerkenntnisurteil. Damit hat der Bauverein zugegeben, dass die Hauptversammlung fehlerhaft war. Kritiker nehmen Gesellschaftervertreter aufs Korn.

Wesel: Bauverein verliert vor Gericht
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Die drei Herren im gediegenen Büro in der zweiten Etage neben der Düsseldorfer Börse an der Berliner Allee sind entspannt. Die vermeintlichen "Heuschrecken", die angeblich die Bauverein AG finanziell aussaugen wollen, haben soeben im Rechtsstreit mit dem Wohnungsunternehmen gewonnen. Per sogenanntem Anerkennungsurteil hat das Landgericht Düsseldorf ihre Anfechtungsklage gegen die letzte Hauptversammlung anerkannt. Der Gerichtstermin am 26. Oktober ist gestrichen. Das heißt: Trotz heftiger Kampagne in Wesel gegen die Düsseldorfer Unternehmensberater Karl-Heinz Berchter, Aktionär Rolf Hauschildt aus Meerbusch und Rechtsanwalt Dr. Markus Linnerz hat der Bauverein die Vorwürfe, massiv gegen das Aktienrecht verstoßen zu haben, zugegeben. Bekanntlich sollen in der neuen Hauptversammlung am 9. November die Mängel behoben werden. Das Trio wird dabei sein, um sicher zu sein, dass der Bauverein sich korrekt verhält

In den Blick nehmen will es die Fraktionschefs Jürgen Linz (CDU) und Ludger Hovest (SPD) als jetziger beziehungsweise früherer Gesellschaftervertreter der Stadt, die nach Auffassung der Kläger unberechtigt an Aufsichtsratssitzungen teilnahmen und Geld dafür kassierten. Das wäre auch für Aufsichtsratschefin Ulrike Westkamp und Bauverein-Vorstand Annet Leuchtmann, die gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, brisant, da sie laut der Kritiker die Teilnahme hätten verhindern müssen.

Zur Vorgeschichte: Vor rund 25 Jahren hat Hauschildt vinkulierte Namensaktien von der heutigen Volksbank Rhein-Lippe, Pilkington AG (früher Flachglas) und Atlas Vermögensgesellschaft (Commerzbank) gekauft. Eine vinkulierte Namensaktie bedarf zu ihrer Übertragung der Zustimmung der ausgebenden Aktiengesellschaft, dies verweigerte der Bauverein. Über Treuhandverträge übte der Meerbuscher, der über rund fünf Prozent der Aktien verfügt, dennoch seine Aktionärsrechte aus und erhielt die Dividenden. Nach eigenen Angaben war er es leid, über Umwege seine Aktionärsrechte auszuüben und von der Weseler Politik abgeblockt zu werden. Mit Berchter und Linnerz als weitere Bevollmächtigte stellte er auf der letzten Hauptversammlung Vorstand und Aufsichtsratchefin Fragen. Westkamp brach die Sitzung ab, und das Trio ging vor Gericht. Mit Erfolg - Beschlüsse über Verwendung des Gewinns und Entlastungen, alles nichtig.

Linnerz riet gestern dem Bauverein, "das Urteil zum Anlass zu nehmen, sich endlich nach Aktionärsrecht zu verhalten". Berchter sagte, dass "es nicht zu tolerieren ist, dass der Bauverein politisch beeinflusst geführt wird". Er habe "noch nie so desolate Verhältnisse wie bei der Weseler Hauptversammlung erlebt". Die Aufsichtsratsvorsitzende sei überfordert gewesen. Hauschildt betonte, er sei die besonderen Weseler Methoden leid gewesen und wolle in das Aktionärsregister aufgenommen werden. Einig ist sich das Trio, dass sich Volksbank, Pilkington und Atlas "korrekt verhalten haben". Die Angriffe von Hovest seien "unerträglich und falsch" gewesen.

Natürlich geht es auch ums Geld. Die von Hovest gegeißelte Forderung nach zehn Prozent Dividende beziehe sich, so Berchter, auf das Grundkapital - mache also nur 290.000 Euro aus. Daraus die Drohgebärde Mieterhöhungen abzuleiten sei absurd. Hingegen seien die Rücklagen laut Geschäftsbericht 2015 22,3 Millionen hoch. "Weiß das Unternehmen nicht, was es damit anfangen soll?", fragte er.

Das Trio lässt nicht locker. Am 9. November will es unbeantwortete Fragen wieder stellen. In Sachen Gesellschaftervertreter denkt es gar über eine Sonderprüfung nach. Schließlich wurden für Linz und Hovest Sitzungsgelder ausgegeben, es geht also um das Geld der Aktionäre.

(RP)
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