Wesel Autisten helfen, selbstständig zu leben

Wesel · Das Kompetenzzentrum Autismus der Lebenshilfe Unterer Niederrhein ist aus der Weseler Innenstadt zum Schepersweg gezogen. Dort sind drei Therapeuten damit beschäftigt, Klienten am gesamten Niederrhein zu betreuen.

 Die Sozialpädagogin Kordula Böke und Leiter Jens Kremers fühlen sich wohl im neuen Kompetenzzentrum Autismus in Schepersfeld.

Die Sozialpädagogin Kordula Böke und Leiter Jens Kremers fühlen sich wohl im neuen Kompetenzzentrum Autismus in Schepersfeld.

Foto: Ekkehart Malz

Bis vor Kurzem war das Weseler Kompetenzzentrum Autismus im innerstädtischen Lebenshilfe-Center an der Pergamentstraße untergebracht. Allerdings nur sehr beengt. "Was uns dort gefehlt hat, waren unter anderem Therapieräume, die gerade für die Eingangsdiagnostik hilfreich sind", sagt Kompetenzzentrumsleiter Jens Kremers. Umso glücklicher ist der 34-jährige Sozialpädagoge, dass die Lebenshilfe das Kompetenzzentrum ausgegliedert und zum Schepersweg 77 verlegt hat. In einer ehemaligen Arztpraxis fühlen sich Jens Kremers und seine beiden Mitarbeiterinnen, die Sozialpädagogin Kordula Böke und die Kreativtherapeutin Silvie Quee, die sich eine Stelle teilen, pudelwohl.

Beim Besuch des 135 Quadratmeter großen Kompetenzzentrums fällt die karge Möblierung des Therapieraums auf. "Das haben wir bewusst so gemacht, weil Menschen mit Autismus von vielen Reizen abgelenkt werden. Wir aber wollen, dass sie sich besser auf die Therapie konzentrieren. Deshalb die sparsame Möblierung", erklärt der Sozialpädagoge. Im besagten Therapieraum werden Kindern unter anderem Bildkarten vorgelegt, mit deren Hilfe sie lernen können, Wünsche zu äußern.

Beim Autismus muss man zwei verschiedene Arten der Behinderung unbedingt unterscheiden. Patienten - Jens Kremers sagt lieber "Klienten" - ,bei denen frühkindlicher Autismus diagnostiziert wurde, leiden zudem unter einer geistigen Beeinträchtigung. Die muss übrigens ein Leben lang behandelt werden. Weil diese Aufgabe zum Teil auch von den Eltern übernommen werden muss, fahren die Mitarbeiter des Weseler Kompetenzzentrums oft zu den Familien am gesamten Niederrhein, um diese anzuleiten und ihnen Ratschläge und Hilfestellungen zu geben. Auch führen Jens Kremers und seine beiden Kolleginnen in aller Regel Gespräche mit den Lehrern in den Regelschulen. "Wir wollen Wege aufzeigen, wie man diese Schüler in Zeiten von Inklusion besser in den Unterricht einbinden kann", sagt der 34-Jährige. Eine zweifelsohne nicht leichte Aufgabe für die Pädagogen, da Schüler, die unter frühkindlichem Autismus leiden, oft große Sprachschwierigkeiten haben und auch "lernen müssen zu lernen", so Kremers. Bezahlt werden die Dienstleistungen des Kompetenzzentrums über das Jugend- oder das Sozialamt. Allerdings müssen Eltern zunächst einmal einen Antrag stellen, damit der Bedarf festgestellt werden kann.

Klienten, die unter dem Asperger-Syndrom, der zweiten autistischen Entwicklungsstörung, leiden, fallen nicht selten durch Top-Noten gerade in naturwissenschaftlichen Fächern auf. "Zum Beispiel merkt man bei Kindern mit Asperger, dass sie beim Spiel keine Varianten kennen. Wir zeigen ihnen und den Eltern Möglichkeiten, welche Spielformen es noch geben kann. Flexibilität muss gelernt werden - auch dafür sind wir da", sagt Jens Kremers. Generell könnten sich Autisten nicht oder nur sehr schwer in ihren Gegenüber hineindenken. Deshalb hätten sie große Probleme, Kontakt zu anderen Menschen zu knüpfen.

Auch wenn die Therapiestunden den Betroffenen zweifelsohne zugute kommen, so bleibt festzustellen, dass Autismus nicht geheilt werden kann. "Gleichwohl", erklärt Kremers, "gibt es Klienten, die durch die Therapie gut mit dem Autismus leben und ein selbstständiges Leben führen können."

(RP)
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