Niederrhein Assistentin hilft Studenten im Uni-Alltag

Niederrhein · Moritz Kemp studiert im zweiten Semester an der Universität Duisburg-Essen. Ohne seine Assistentin wäre das nicht möglich. Der 25-Jährige lebt mit einer Muskelerkrankung und sitzt im Rollstuhl. Seine Klausuren diktiert er.

 Tina Fenske sorgt dafür, dass Moritz Kemp an der Universität Duisburg-Essen studieren kann.

Tina Fenske sorgt dafür, dass Moritz Kemp an der Universität Duisburg-Essen studieren kann.

Foto: REICHWEIN

Moritz Kemp ist einer von fast 40 000 Studenten, die an der Universität Duisburg-Essen studieren. Der 25-Jährige hat sich für Politikwissenschaft eingeschrieben, ist derzeit im zweiten Semester. Was danach kommt, weiß er noch nicht. "Mal gucken", sagt Kemp. Denn er lebt mit der stetig voranschreitenden Muskelerkrankung Duchenne. Seit der fünften Klasse sitzt er im Rollstuhl, seine Bewegungsfähigkeit ist eingeschränkt.

Damit er überhaupt studieren kann, steht ihm seine Assistentin Tina Fenske zur Seite. Die 36-Jährige hilft ihm beim Essen und schreibt in den Vorlesungen seine Notizen. Ist sie einmal krank, fällt für Kemp die Uni aus.

Für seine Studienassistenz setzte sich die Lebenshilfe Duisburg ein. Damals hatte der Verein zwar mit schulischen Helfern Erfahrung - bei Studenten hingegen nicht. Andreas Herget, Leiter der Beratungsstelle, erinnert sich: "Für Moritz habe ich erstmals einen solchen Antrag ausgefüllt", sagt er. Nach sechs Wochen erhielt Kemp die Zusage vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). Der finanziert die Assistenz, angestellt ist sie jedoch bei der Lebenshilfe. Dass der 25-Jährige heute überhaupt an einer Universität studiert, habe häufig mit Glück zu tun gehabt, berichtet seine Mutter Marina Kemp. "Es war nicht einfach, ihn auf eine Regelschule zu bekommen", erinnert sich die 55-Jährige. Als der Sohn eingeschult wurde, betrieben nur sehr wenige Schulen Inklusion. Die Lehrer waren skeptisch. "An der Grundschule wurde er nur aufgenommen, weil die Direktorin ihn in ihre Klasse geholt hat", sagt die Mutter. Auch an der weiterführenden Hauptschule stieß die Familie auf Vorurteile. Aber "der Direktor hat sich durchgesetzt", sagt Marina Kemp. Sein Abitur machte ihr Sohn an einer privaten, inklusiven Gesamtschule.

22,5 Stunden pro Woche verbringt Kemps Assistentin mit dem Studenten. 21 Stunden davon entfallen auf seine Vorlesungszeit, 1,5 Stunden sind für die Unterstützung dazwischen, etwa bei Bibliotheksbesuchen, eingeplant. Die Assistentin geht Kemp beim Kopieren oder Scannen zur Hand, hilft ihm beim Bedienen des Computers, reicht ihm Bücher und unterstützt ihn dort, wo er es braucht. Seine Klausuren diktiert Kemp einem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Der Lebenshilfe teilt die Assistentin mit, wo sie zusätzlichen Bedarf sieht. "Damit wir für die Stundenanzahl für die kommenden Semester planen können", sagt Herget. Die Studienassistenz muss jährlich beantragt werden.

Auch Kemps Herz- und Atmungsmuskulatur können irgendwann von der Krankheit betroffen sein. "Es geht immer weiter", sagt er. Der 25-Jährige versucht, all das zu unternehmen, was ihm möglich ist. Für die Spiele seiner Lieblingsmannschaft Borussia Dortmund besitzt er eine Dauerkarte. Mit Mutter Marina fährt er auch gerne zu Auswärtsspielen, zuletzt dem Pokalfinale in Berlin am vergangenen Wochenende. Mit Freunden geht er ins Kino oder trifft sich zum Quatschen. "Was gerade so ansteht", sagt Kemp und grinst.

Sollte der 25-Jährige nach dem jetzigen Studium noch einen Masterabschluss machen wollen, könnte es mit der Assistenz schwierig werden. "In der Bewilligung stand ausdrücklich, dass die Integrationshilfe nur für das Bachelorstudium vorgesehen ist", sagt Herget. Hinnehmen will er das nicht - und sich weiterhin für Kemp einsetzen.

(RP)
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