Wesel Aktienklage:Eklat beim Bauverein

Wesel · Bauverein-Vorstand und Aufsichtsräte haben eine heftige Klageschrift erhalten. Es geht um Aktienrecht und Dividendenzahlungen. Zuvor hatten harte Nachfragen die gewohnte Idylle der Hauptversammlung unterbrochen. Die muss wiederholt werden.

Wesel: Aktienklage:Eklat beim Bauverein
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Es sollte am 29. Juni idyllisch wie immer werden. Die Hauptversammlung der Bauverein AG sollte beste Bilanzzahlen präsentiert bekommen, die Aktionäre sollten nicken und mit 5,5 Prozent Dividende verwöhnt werden. Im Waldhotel Tannenhäuschen wurde ein Aktionärsessen angerichtet. Manch einem dürfte der Bissen im Hals stecken geblieben sein. Statt Wohlfühlklima herrschte Tumult, als zwei Rechtsanwälte und ein Aktionärsvertreter es wagten, die selbstzufriedene Runde mit harten Fragen aufzumischen.

 Bauvereins-Vorstand Anett Leuchtmann

Bauvereins-Vorstand Anett Leuchtmann

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Es ging um Dividendenzahlungen, die nicht bei Aktionären von außerhalb Wesels angekommen sein sollen, um Verfahrens- und Abstimmungsfragen, für deren Klärung erst Unterlagen herangeschafft worden sein sollen, um auffällig günstige Preise für Stadt und Offermann-Stiftung, um unzulässige Aufsichtsratsteilnahmen des Gesellschaftervertreters. Viel blieb wohl unbeantwortet, die Hauptversammlung - noch nie dagewesen in der Geschichte der Bauverein AG - wurde abgebrochen. Ärger wurde nicht ausgeräumt, die Folge ist, dass nun das Landgericht Düsseldorf das Wort hat. Es geht um 100.000 Euro Streitwert. Ein Eklat für Aufsichtsräte, Vorstand und Wohnungsunternehmen.

 Aufsichtsratsvorsitzende Ulrike Westkamp

Aufsichtsratsvorsitzende Ulrike Westkamp

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Eine umfassende Klageschrift liegt dem Landgericht vor, die diese wiederum an alle Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder persönlich verschickt hat. "Es geht um eine aktienrechtliche Nichtigkeits- und Anfechtungsklage. Es geht um die letzten Hauptversammlungsbeschlüsse. Beklagte ist die Bauverein AG Wesel", sagte Justina Zlobinski, Sprecherin de Landgerichts Düsseldorf. Die Gremienvertreter seien auch über die anstehende Verhandlung - Güte- oder Verhandlungstermin - am 26. Oktober vor der Kammer für Handelssachen informiert worden. Das trifft neben Vorstand Anett Leuchtmann, die in der Hauptversammlung wichtige Fragen nicht beantworten haben soll, auch die Weseler Politik.

An der Spitze Aufsichtsratsvorsitzende und Bürgermeisterin Ulrike Westkamp sowie SPD-Fraktionsvorsitzender Ludger Hovest. Im Aufsichtsrat sitzen nur Weseler Ratspolitiker, weil die Stadt Mehrheitseigner ist - bis auf vier Arbeitnehmervertreter.

Die Umstände wirken wie aus einem schlecht geführten Verein stammend. Die hartnäckigen Frager sollen laut einem Teilnehmer als "lästig" empfunden worden sein. Die übliche Jubelerklärung des Unternehmens über die wirtschaftlichen Erfolge sei gestört worden. Öffentlich verlautete die Bauverein AG kein Wort, dass die Hauptversammlung abgebrochen wurde. Genauer gesagt, sie wurde um 21.10 Uhr von Westkamp "abrupt beendet", wie ein Teilnehmer notiert haben soll. Zehn Minuten später soll Leuchtmann aus dem Protokoll das Wort "beendet" streichen und durch "unterbrochen" ersetzen haben lassen. Es wurde von "Tumult" der übrigen Aktionärsvertreter gesprochen, weil die "Speisung" bevorstand.

Am Ende sollen zwei Rechtsanwälte und ein Aktionärsvertreter Widerspruch gegen die Beschlüsse eingelegt haben, unter anderem wegen erheblicher Verstöße gegen das Aktienrecht und zur Dividendenhöhe von 5,5 Prozent. Sie hatten in der Hauptversammlung zehn Prozent verlangt, waren aber unterlegen. Der Bauverein reagierte hektisch. Es folgte ein paar Tage später eine Aufsichtsratssondersitzung, um die kritisierten Probleme zu heilen, nachdem in der Versammlung keine Krisenregie vorhanden war.

Eine neue Hauptversammlung soll schon für den 8./9. November terminiert worden sein. Doch die Methode, nach Weseler Art mit dem Aktienrecht umzugehen, verfing nicht. Die Eskalation war nicht zu bremsen. Inzwischen lag die Klage, die eine Vielzahl von Verfahrensverstößen auflisten und sogar die Entlastung des Vorstands gefährden soll, dem Landgericht vor. Das legte als Termin den 26. Oktober fest. Die Zielrichtung der Kläger ist schwierig zu erkennen. Ihnen geht es wohl um Dividenden auch für Aktionäre außerhalb Wesels, um die Umschreibung von Namensaktien oder womöglich um den Rückkauf von Aktien, wofür die Sparkasse infrage käme. Gestern war in Düsseldorf noch nicht registriert, wer der Prozessbevollmächtigte der Bauverein Wesel AG ist. Dafür denkt man in Wesel über den öffentlichen Befreiungsschlag nach dem bisherigen Versteckspiel nach. Hovest soll daran arbeiten, mit einer Pressekonferenz diese Woche vorzupreschen. Andere Beteiligte wollen ihn bremsen.

(RP)
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