Wesel Ärzte als Dolmetscher in Notunterkunft

Wesel · Die beiden gebürtigen Syrer Dr. Artin Dono und Dr. Ahmad Nasser, beide seit 1988 in Deutschland, sind ehrenamtlich in der Notunterkunft am Lippeglacis tätig, wo 124 Flüchtlinge seit drei Wochen in zwei kurzfristig sanierten Hallen leben.

 Cihan Sarica (v.l.) vom Integrationsrat mit Dr. Artin Dono , der blinden Lidya Gebrela und ihrer Mutter Gebrecgabhir, dahinter Dr. Ahmad Nasser sowie die Brüder Nawras und Tawfek Alhallak

Cihan Sarica (v.l.) vom Integrationsrat mit Dr. Artin Dono , der blinden Lidya Gebrela und ihrer Mutter Gebrecgabhir, dahinter Dr. Ahmad Nasser sowie die Brüder Nawras und Tawfek Alhallak

Foto: Malz

Als kürzlich Bürgermeisterin Ulrike Westkamp bei Dr. Artin Dono anrief und ihn fragte, ob er als Dolmetscher in der Notunterkunft am Lippeglacis tätig werden könnte, da hat er keine Sekunde gezögert und zugesagt. "Klar, das habe ich gerne gemacht. Und es war für mich eine große Freude zu sehen, wie gut die Flüchtlinge in den innerhalb von zwei Tagen umgebauten Ex-Landers-Hallen untergebracht und versorgt sind", sagt der 68-jährige Facharzt für Urologie, der seit dem Verkauf seiner eigenen Praxis vor drei Jahren stundenweise im Prostatazentrum Niederrhein am Kaiserring tätig ist.

Dr. Dono, der aus Syrien stammt, nach seinem Medizinstudium in Armenien nach Deutschland kam, um hier seine Facharztausbildung zu machen, und 1988 in Wesel sesshaft wurde, hatte bei der Ankunft der 124 Flüchtlinge in Wesel eine ganz besondere Aufgabe. "Ich musste zwischen den Ärzten des Kreis-Gesundheitsamtes und den Männern, Frauen und Kindern vermitteln. Die Flüchtlinge waren praktisch alle in einem vergleichsweise guten gesundheitlichen Zustand", sagt Dr. Dono. Und er berichtet davon, wie unendlich dankbar die Leute für die herzliche Aufnahme in Wesel sind. "So etwas, so haben es mir einige Syrer erzählt, hätten sie noch nicht erlebt. Nicht in München, nicht in Dortmund oder Unna, wo sie vorher waren."

Besonders bewegt hat ihn das Schicksal eines elfjährigen blinden Mädchens aus Eritrea, das mit seiner Mutter hier ist und ein wenig Arabisch spricht. So wie Dr. Artin Dono selbst auch. "Als sie ein von Weselern im Rathaus abgegebenes Plüschtier geschenkt bekam, war sie so unglaublich glücklich, dass es einen zu Tränen gerührt hat", sagt Dr. Dono. Der hat übrigens seine Bekanntheit in der Notunterkunft dazu genutzt, "heimlich" Süßigkeiten, Kleidung und Schuhe für das blinde Mädchen abzugeben.

Zu den aktuell 34 bei der Stadt aufgelisteten ehrenamtlichen Dolmetschern gehört auch ein weiterer Arzt: Dr. Ahmad Nasser. Der 54-jährige, der seit 1995 als Hausarzt in Wesel tätig ist, wurde ebenfalls von der Bürgermeisterin gebeten, zu helfen.

"Das mache ich doch gerne", sagt der gebürtige Syrer, der nach seinem Medizinstudium in Zagreb Erfahrungen in den USA gesammelt hat und 1988 nach Deutschland kam. Einen Teil der Flüchtlinge in der Weseler Notunterkunft hat der freundliche und sprachbegabte Arzt ("Ich spreche neben meiner Muttersprache auch Jugoslawisch, Russisch, Deutsch und Englisch) selbst untersucht.

"Einige Kinder kränkelten bei der Ankunft. Drei Flüchtlinge mussten unter anderem auch in einer Klinik behandelt werden: wegen einer bakteriellen Infektion im Fuß, wegen eines Harnwegsinfekts und wegen Läusen", erzählt er. Und noch immer kommt Dr. Nasser regelmäßig in die Notunterkunft, um sich um das Wohl der Patienten zu kümmern. "Es ist doch wichtig, dass man unsere Stadt ein wenig unterstützt", sagt er.

In der Notunterkunft ebenfalls oft anzutreffen ist Cihan Sarica, der stellvertretende Vorsitzende des Weseler Integrationsrates. Auch er ist begeistert, wie die vielen ehrenamtlichen Helfer in so kurzer Zeit eine menschwürdige Unterkunft für die Flüchtlinge geschaffen haben. Und er erzählt nur zu gerne von der Hilfsbereitschaft von Migranten in Wesel.

Beispielsweise von einem türkischen Barbier, der einem Arbeitskollegen aus Syrien Scheren, Kämme, Umhänge und eine Schneidemaschine zur Verfügung gestellt hat, damit er den Flüchtlingen die Haare schneiden kann. Oder die Geschichte des türkischen Geschäftsmannes, der einem syrischen Germanistik-Studenten eine neue Brille bezahlt hat. "Die alte ist ihm kaputt gegangen. Es hatte deshalb auch schon Kopfschmerzen", sagt Sarica. Der junge Mann habe ihm berichtet, dass er gerne dauerhaft in Deutschland bleiben wolle um hier zu leben und am Ende dem Land etwas zurückgeben zu können, das ihn aufgenommen habe.

(RP)
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