Wermelskirchen Zwischen Protest, Glaube und Geschäft

Wermelskirchen · Wolfgang Müllenmeister erzählt von 25 Jahren Selbstständigkeit. Ethik statt Monetik ist eine Aussage, nach der er heute lebt. So wehrt er sich standhaft, am verkaufsoffenen Sonntag in der Vorweihnachtszeit mitzumachen.

 Hat seinen eigenen Lebensstil: Wolfgang Müllenmeister. Der 61-Jährige hat sich vor 25 Jahren selbstständig gemacht. Er freut sich jeden Morgen auf sein "kleines Theater".

Hat seinen eigenen Lebensstil: Wolfgang Müllenmeister. Der 61-Jährige hat sich vor 25 Jahren selbstständig gemacht. Er freut sich jeden Morgen auf sein "kleines Theater".

Foto: Peter Meuter

Erkennungszeichen: Haartolle, Lederjacke, Stiefel. Überbleibsel aus einer anderen Zeit? "Klar", lacht Wolfgang Müllenmeister (61), "it's only Rock'n' Roll, but I like it!" 1956 geboren, habe er alles mitgemacht, erzählt er. Hippie- und Protestbewegung, Auflehnung gegen fast alles, neue Musik und das Ausprobieren von neuen Lebensformen. "Ich war mittendrin und mein Protest hat mir natürlich nicht immer Vorteile gebracht. Aber die Zeit hat mich geprägt", sagt er.

Nach einer Schreinerlehre schenkte ihm ein Bauer einen Schrank. "Der ist alt, der kann weg." Müllenmeister arbeitete ihn auf und nach einer Woche war er verkauft. Das wiederholte sich mit weiteren Möbelstücken, und so startete er 1982 in die Selbstständigkeit. Zunächst noch zu Hause in Dabringhausen, und von 1984 bis 1997 in der Dabringhauser Straße. "Zu den Möbeln passte dann Holzspielzeug gut dazu, und dafür hatten wir einen Laden in der Oberen Remscheider Straße", erzählt Müllenmeister, "gegenüber dem Weihnachtsbaum, wo heute der Neubau entstanden ist." Dann wurde alles zusammengefasst und es erfolgte ein Umzug auf die andere Straßenseite (heute "Toscanna"). Seit 2003 ist er mit seinem Geschäft "Holzwürmchen" am heutigen Standort in der Kölner Straße.

Der Markt veränderte sich. "Preiswerte Möbel mit geringer Haltbarkeit sind gefragt. Kaputt und neu lautet die Devise." Also nahm er die Möbel aus dem Programm und baute sein Spielwarenangebot aus. Das zweite Spielwarengeschäft am Ort (Wittmann, später Harnischmacher) wurde 2006 geschlossen. "Das haben wir positiv gespürt, mussten dann aber auch Marken wie Lego oder Playmobil aufnehmen."

Aber wie stemmt man sich gegen das Internet, gegen Amazon und die großen Spielwaren-Supermärkte? "Ich habe meine Kunden lieb und mache schwierige Menschen zu Freunden", antwortet er fast philosophisch. Doch er meint das ganz ernst. "Geiz ist geil hat die Gesellschaft kaputt gemacht. Mit Menschen reden geht nur im Einzelhandel, nicht bei Amazon." Seine Frau ist Sozialpädagogin und Logopädin. "Aus diesem Bereich habe ich natürlich viel gelernt. Das kann ich für den Bereich Kinderspielzeug prima umsetzen", sagt Müllenmeister.

"Ethik statt Monetik" und "erst bin ich Mensch dann Händler" sind Punkte, an denen er sich orientiert. "Umsatz um jeden Preis" kommt nicht in Frage. So verweigert er sich standhaft einem verkaufsoffenen Sonntag in der Vorweihnachtszeit. "Als Christ kann ich das nicht akzeptieren. Jesus hat schließlich auch die Händler aus dem Tempel hinausgeworfen", argumentiert er.

Gerade hat er sich mit alten Unterlagen beschäftigt und festgestellt, dass er seinen Weg bereits 25 Jahre beschreitet. "Im Mai haben wir Geburtstag, aber ich muss nicht im Rampenlicht stehen und ein Riesenfass aufmachen", sagt er. Mit dem Mountainbike nimmt er sich kleine Auszeiten und nennt es "Radmeditation". "Ich wollte nie (v-)erwachsen werden, immer bunt geschmückt, angemalt und ein bisschen verrückt und immer neugierig." Zu dieser Einstellung passt nur ein Spielwarengeschäft.

"Ehrlich bleiben, sich nicht verbiegen und auch als Händler nicht in eine Rolle schlüpfen. Das ist wichtig und das merken auch die Kunden", ist er sicher. Müllenmeister hat keine "Rentenziele", keinen festen Termin zum Aufhören, ganz im Gegenteil: "Ich betrete jeden Morgen mein kleines, buntes Theater. Und das mache ich richtig gern."

(wsb)
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