Wermelskirchen Wermelskirchens einziger Tagesvater

Wermelskirchen · Rüdiger Metzner war 25 Jahre lang selbstständiger Malermeister. Eine Allergie sorgte dafür, dass er seinen Job aufgeben musste. Seit vier Jahren ist er nun in der Tagespflege tätig.

 Rüdiger Metzner mit den Jungen und Mädchen in der Kindertagespflegestätte "Zwergennest".

Rüdiger Metzner mit den Jungen und Mädchen in der Kindertagespflegestätte "Zwergennest".

Foto: Jürgen MOll

Rüdiger Metzner sitzt auf dem Sofa. Auf seinem Schoß liegt ein Bilderbuch. Um ihn herum drängeln sich Tom (2), Marie (1), Jana (2), Henry (1) und Till (1). "Wo ist der Marienkäfer?", fragt Metzner. Die Kinder gucken auf das große Bild. "Da", sagt Tom und zeigt auf den kleinen roten Marienkäfer. "Genau", sagt Metzner. Der 59-Jährige ist seit vier Jahren Tagesvater in der Kindertagespflegestätte "Zwergennest" für Kinder unter drei Jahren. Damit ist er der einzige Mann in dieser Branche in Wermelskirchen.

Eigentlich hat Rüdiger Metzner Maler gelernt. 25 Jahre lang hatte er einen eigenen Betrieb. "Dann musste ich aus gesundheitlichen Gründen aufgeben", erklärt Metzner. Er reagierte plötzlich allergisch auf Farben und andere Mittel. "In einem frisch gestrichenen Raum habe ich Asthmaanfälle bekommen", erzählt Metzner. Seine Frau hatte kurz zuvor eine Kindertagespflegestätte eröffnet. Und so kam Metzner auf die Idee, dort einzusteigen. "Wir sind ein eingespieltes Team und haben zusammen drei Kinder groß gezogen", sagt Metzner.

Seit 36 Jahren ist das Ehepaar verheiratet. Beruflich arbeitet es auch schon lange zusammen. Sabine Metzner war eine Zeit lang im Büro des Malerbetriebes ihres Mannes tätig, bevor sich die ausgebildete Erzieherin vor fünf Jahren selbstständig machte. Nun hat das Ehepaar die Rollen getauscht. "Meine Frau ist jetzt die Chefin", sagt Metzner. "Ich tue, was sie sagt." Das funktioniere gut. Der gelernte Malermeister sei froh, die ganze Organisations- und Planungsarbeit nicht mehr erledigen zu müssen. So kann er sich ganz auf die Kinder konzentrieren.

Sabine Metzner, die schon in der Heilerziehungspflege und bei der Lebenshilfe gearbeitet hat, ist froh darüber, dass ihr Mann den Schritt in die Tagespflege gegangen ist. "Für die Kinder ist es wichtig, auch eine männliche Bezugsperson zu haben", sagt die 57-Jährige. "So machen die Kinder ganz andere Erfahrungen." Noch gebe es in Wermelskirchen keine weitere Tagespflegestätte, in der zwei Tageseltern vertreten sind. "So garantieren wir, dass immer jemand da ist", sagt Rüdiger Metzner. "Wenn meine Frau mal krank ist, bin ich noch da."

Um als Tagesvater arbeiten zu können, musste Metzner zunächst einen Kursus an der Volkshochschule für die Qualifizierung für Tageseltern absolvieren. Ein halbes Jahr dauerte der Lehrgang. Am Ende musste Metzner eine Prüfung ablegen. Dann hatte er die Pflegeerlaubnis in der Tasche. Das Jugendamt, mit dem die Metzners eng zusammenarbeiten, kam dann noch in der Kindertagesstätte vorbei und machte sich ein Bild von Metzners Arbeit.

Auf rund 50 Quadratmetern ist für die fünf Kinder, die die Metzners täglich betreuen, genug Platz. Acht Kinder gehören insgesamt zu den Betreuungskindern, davon kommen aber eben nur maximal fünf an einem Tag. Bei schönem Wetter geht es nach draußen. Dort gibt es einen kleinen Spielplatz und sogar Tiere. "Nachmittags gehen wir in den Hühnerstall und sammeln die Eier ein", sagt Rüdiger Metzner. Der Tagesablauf ist jeden Tag ähnlich: Zwischen 7 und 9 Uhr kommen die Kinder in der Tagesstätte an. Wenn alle da sind, wird gemeinsam gefrühstückt. Danach wird Musik angemacht und getanzt. "Die Kinder haben ein paar Lieblingslieder", sagt Metzner. "Die können wir mittlerweile mitsingen." Um kurz vor 12 Uhr gibt es dann das Mittagsessen, das Sabine Metzner frisch zubereitet, manchmal auch mit der Hilfe der Kinder. Bis 13.30 Uhr halten die Kinder Mittagsschlaf. "Die Jungen lassen sich gerne von mir ins Bett bringen", erklärt Metzner. Auch beim Windeln wechseln bevorzugten die Jungen eher den Tagesvater. Nachmittags wird dann bis 16 oder 17 Uhr gespielt oder es geht mit dem Bollerwagen in den Wald.

Metzner ist wie seine Frau froh, sich für den Beruf des Tagesvaters entschieden zu haben. "Die Arbeit ist wunderschön, eigentlich ist es gar keine Arbeit", sagt er. "Ich kann den Kindern so viel mitgeben und die Kinder geben mir so viel zurück." Er appelliert an die Männerwelt: "Männer sollten sich überlegen, Tagesvater zu werden. Man ist komplett aus der Hektik raus. Das ist Luxus pur für mich." Er wisse aber auch, dass für viele das Gehalt eine große Rolle spiele und dieses sei nicht so hoch. Dafür erleben Rüdiger und Sabine Metzner, die auch schon zwei Enkelkinder haben, die Entwicklung ihrer kleinen Tagespflegekinder hautnah mit: "Die meisten lernen bei uns das Laufen, aber auch das Essen, Schlafen und Sprechen", sagt Metzner. "Wenn ein Kind hier seine ersten Schritte macht, verschweigen wir den Eltern das aber, damit sie das zuhause selbst erleben können."

(eler)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort