Wermelskirchen Wer zahlt jetzt den Millionenschaden?

Wermelskirchen · Ende 2013 wurden fehlerhafte Bescheide verschickt. Vor dem Landgericht Aachen ist es zwar zu einem Vergleich gekommen - 660.000 Euro sind aber noch offen. Zahlen es die Steuerzahler oder die damals Verantwortlichen im Rathaus?

 Die Kölner Straße musste 2015 "nachgearbeitet" werden: Das Betonstein-Pflaster hielt der Belastung nicht stand und rutschte weg.

Die Kölner Straße musste 2015 "nachgearbeitet" werden: Das Betonstein-Pflaster hielt der Belastung nicht stand und rutschte weg.

Foto: Jürgen Moll

Es war 2014 der Aufreger des Jahres: Die Stadtverwaltung hatte Ende 2013 fehlerhafte Bescheide für den Innenstadtumbau an die Anlieger verschickt. Quasi auf den letzten Drücker vor Jahresfrist. Sonst hätte die Stadt Geld zurückzahlen müssen. Rund eine Million Euro hat die Stadtverwaltung nun durch die fehlerhaften Bescheide, erarbeitet von einem externen Ingenieurbüro, verloren. Das Kapitel ist bis heute nicht abgeschlossen. Nun geht's darum, wer für die restliche halbe Million Euro aufkommen soll: der Steuerzahler oder die damals Verantwortlichen im Rathaus? Der Stadtrat soll darüber wohl in seiner ersten Sitzung in 2018 entscheiden. Bis dahin prüft der hauseigene Justiziar alle Möglichkeiten.

Bereits 2012 hatte das Rechnungsprüfungsamt der Stadt auf mögliche Verjährungsprobleme bei Schlussabrechnungen von Anliegerbeiträgen hingewiesen. Das setzte die Stadtverwaltung 2013 unter Druck, denn die Abrechnungen für den Straßenausbau an Brückenweg, Kölner Straße, Eich, Telegrafenstraße und Bügeleisen standen an. Wären die Bescheide nicht fristgerecht Ende 2013 verschickt worden, hätten die Anlieger der Innenstadt ihre Vorauszahlungen zurückbekommen - etwa zwei Millionen Euro.

Seit 2015 beschäftigte sich das Landgericht Aachen nun mit der Klage der Stadt gegen das Ingenieurbüro - im März 2017 ist es zum abschließenden Vergleich mit der Versicherung des Ingenieurbüros gekommen. 300.000 Euro gibt es. Auf dem Rest bleibt die Stadt sitzen. Laut Bürgermeister Rainer Bleek sind die Gespräche mit der Eigenschadensversicherung der Stadt Wermelskirchen immer noch nicht abgeschlossen. Dabei geht es dann um 100.000 Euro, die durch diese Versicherung abgedeckt werden soll. "Wir rechnen aber mit einer abschließenden Stellungnahme bis zum Jahresende", so gestern Bleek im Gespräch mit dieser Zeitung.

Damit bliebe die Stadt immer noch auf einem Betrag von 560.000 Euro sitzen. Die können keinesfalls auf die Anlieger umgelegt werden - höchstens auf alle Steuer zahlenden Bürger dieser Stadt. Indem nämlich dieser Betrag im Haushalt als Minus gebucht wird - und damit für andere Aufgaben fehlt.

Sehr kritisch verfolgt BM-Leser Werner Roetzel den Umgang der Stadt mit dieser Angelegenheit. "Bis heute ist für diesen unglaublichen Vorgang kein Schuldiger ermittelt worden", schreibt er an den Bürgermeister. Nach seiner Ansicht seien "offenkundig leichtfertig falsche Abrechnungen verschickt und rechtskräftig" geworden sei. Bleek wehrt sich gegen diese Formulierung mit einem "Zwischenstand". So habe die Stadt nicht leichtfertig gehandelt, denn die Bescheide wurden ausschließlich von einem externen Ingenieurbüro erstellt. "Insofern reden wir hier über mögliche (graduelle) Schuldanteile, was auch das Landgericht Aachen so gesehen hat", heißt es in Bleeks Antwortschreiben.

Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Es seien versicherungstechnische Fragen zu klären, bevor die finale Schadenshöhe für die Stadt bekannt sei. "Die Angelegenheit wird dann dem Rat vorgelegt, der vor dem Hintergrund der durchgeführten juristischen Bewertung zu entscheiden hat, inwieweit Regressansprüche gegen Verantwortliche zu stellen sind." Die juristische Bewertung ist laut Bleek noch nicht abgeschlossen. Sie wird durchgeführt von dem Justiziar der Stadtverwaltung, Michael Winkelmann. Letztlich verantwortlich war damals als Bürgermeister Eric Weik.

(RP)
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