Wermelskirchen Wenn Satelliten die Traktoren steuern

Wermelskirchen · Bayer-Konzern forscht in der Region. Er will die Landwirtschaft durch digitale Technologien und Satellitenaufnahmen effizienter machen. "Digital Farming" nennt sich dieser Forschungsbereich. Es gibt aber auch Kritik am neuen Verfahren.

Bevor Landwirt Torsten Mühlinghaus Pflanzenschutzmittel benutzt, überlegt er sich das gut. "Schließlich kosten die Mittel ein Schweinegeld", sagt der Wermelskirchener (48). Landwirtschaft und wirtschaftliches Risiko gingen eng einher. Moderne Technik soll Landwirten auch in Leichlingen helfen, das wirtschaftliche Risiko gering zu halten. Weltweit forschen Firmen daran, durch digitale Technologien Kosten zu sparen und den Ertrag zu steigern. Die Branche nennt dieses Forschungsfeld "Digital Farming".

"Ziel ist es, die Potenziale eines landwirtschaftlichen Standorts optimal auszunutzen", sagt Agrarökonom Björn Kiepe vom Unternehmen Bayer. "Es gibt Böden, die sandig sind. An anderen Stellen liegt Ton." Das habe Folgen für die Wasserdurchlässigkeit und damit Auswirkungen auf das Wachstum von Nutzpflanzen. "Unser Ziel ist es, möglichst viele Daten zu den Bedingungen zusammenzutragen, sie auszuwerten und damit Handlungsempfehlungen für die Landwirte bereitzustellen", sagt Kiepe.

Vor zwei Jahren hat Bayer eine Entwicklungsabteilung zum Thema digitale Landwirtschaft gegründet. Getestet wird am Laacher Hof, einem Landwirtschaftsbetrieb in Monheim nahe Hitdorf, der zu Bayer gehört.

Die Daten liefern Satelliten, erklärt Thomas Schilling, IT-Experte bei Bayer. Sie fotografieren die Ackerflächen aus dem All und liefern Werte über die Bodenbeschaffenheit, zum Wetter oder der Dichte der Bepflanzung. "Es ist schon möglich, diese Daten mit einem USB-Stick vom Laptop herunterzuladen und auf den Traktor zu übertragen."

Ein automatisch fahrender Schlepper würde auf den Zentimeter genau über das Feld fahren und die Düsen der Spritzmaschine steuern. Dort, wo wenig Pflanzen stehen, sprüht das Programm wenig, dort, wo viele Pflanzen stehen viel. "Die Zukunft muss sein, dass die Daten in den Traktor kommen." Bauern sollen die Daten schon beim Frühstück per App abrufen können.

Landwirt Mühlinghaus hält digitale Hilfsmittel in der Landwirtschaft für sinnvoll, bleibt aber skeptisch. "Wenn ich morgens die Wetterberichte vergleiche, sagen sie oft alle etwas anderes. Wie soll da eine Empfehlung exakt sein?", fragt er. "Aber ich glaube, dass in zehn Jahren der Schlepper aufs Feld fährt und sich der Landwirt anderen Dingen widmen kann."

Auf dem Hof deutet Schilling auf einen weißen Kasten an einem Traktor: ein GPS-Gerät, mit dem Fahrzeuge ferngesteuert werden können. "Das, was wir im Straßenverkehr als Wunschvorstellung haben, ist auf dem Feld schon Realität", sagt der Informatiker. "Wir können die Fahrzeuge auf zwei Zentimeter genau steuern." Ein Landwirt müsse nur noch dabei sein, um bei Fehlern eingreifen zu können. "Wenn wir alle technischen Möglichkeiten ausnutzen, können wir die Erträge um bis zu 20 Prozent steigern", sagt Agrarökonom Kiepe.

Es gibt aber auch Kritik am "Digital Farming". Da zahlreiche Daten erhoben werden, sehen Experten die Gefahr von Datenklau. Bedenken äußern auch Umweltschützer. "Wenn die Technik dazu beiträgt, dass auf einer Fläche effizienter und präziser gespritzt wird, ist das positiv", sagt Christian Rehmer vom BUND. "Wenn aber eine ökologische Anbaufläche dadurch zu einer hochintensiv bewirtschafteten Fläche gemacht wird, hat das negative Auswirkungen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort