Serie Zukunft Bauen Wenn Architektur Gemeinschaft ermöglicht
Wermelskirchen · Im "Wiel-Quartier" in Wermelskirchen hat der Bauverein 21 moderne und barrierefreie Wohnungen geschaffen. Deren Mieter mögen das Wort "Quartier" nicht - es drücke nicht im Geringsten aus, was die Wohnanlage möglich mache.
Die Entscheidung fiel schnell. Als sich Waltraud und Achim Demmer zum ersten Mal auf der Baustelle an der Wielstraße umsahen, zögerten sie nicht. Sie waren extra aus Leer angereist und hatten von Freunden gehört, dass am Rande der Innenstadt ein "Quartier" entstehe. "Hier haben wir dann gefunden, was wir uns eigentlich immer gewünscht hatten", sagt Achim Demmer. Eine schöne Wohnung, Barrierefreiheit, eine besondere Architektur - und vor allem Gemeinschaft.
Genau darauf hatte es der Bauverein Wermelskirchen angelegt, als er die Pläne vor mehr als fünf Jahren auf den Weg gebracht hatte. Und damit stießen sie bei Architektin Gabriele Theben offene Türen ein. "Im Bestand fanden wir eine lineare Bebauung", erinnert sie sich, "parallel, streng ausgerichtet stehenden Mehrfamilienhäuser." Der Bauverein hatte Jahrzehnte zuvor zwischen Wielstraße und Breslauer Straße auf praktischen Wohnraum gesetzt. "Die Gebäude hatten ihren Glanz verloren", räumt auch Werner Schieling, Büroleiter beim Bauerverein ein.
Also hatten bereits 2008 Sanierungsarbeiten begonnen: Balkone waren angebaut, zwei der großen Häuser gleich komplett abgerissen worden. Genau dort entstand das "Wiel-Quartier." Ausgangspunkt sei der Gedanke gewesen, dass Wohnen mehr bedeute, als ein Dach über dem Kopf zu haben, erklärt die Architektin. Austausch, die Möglichkeit, sich einzubringen und das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach: Das sollte die neue Anlage ermöglichen. "Unsere Aufgabe war es, diese Gedanken in Architektur umzusetzen", sagt Gabriele Theben.
Herz des "Quartiers" wurde der Park, für den Landschaftsarchitekt Sven Berkey mit ins Boot geholt wurde. Zwischen den beiden L-förmig ausgerichteten Flügeln des Hauses und auf dem nun nicht mehr sichtbaren Dach des Parkhauses entstand ein besonderer Treffpunkt: Helle, sandfarbige Betonpflastersteine, geschwungene Formen, großzügige Flächen, Bänke, bunte und duftende Zwiebelgewächse, Stauden, Gräser und Blütensträucher fanden hier Platz. Ebenso Balken aus besonderem Holz. "Südländisches Flair" vermittle der Platz heute, bekunden die Bewohner. Er gleiche einer Piazza. Und nachts sorgt eine ausgefeilte Beleuchtung für die besondere Atmosphäre. "Generationenpark", nennt Werner Schieling den grünen Treffpunkt - auch, weil er barrierefrei ist. Und das gilt für die komplette Wohnanlage.
Ohne Hürden kommen Bewohner und Nachbarn auch zum zweiten beliebten Treffpunkt der Anlage: dem Nachbarschaftstreff. In dem großen Café an der Wielstraße organisieren Daniela Nink-Walker und Elvira Vogel-Janetzko, die zwar Quartiers-Managerinnen heißen, so aber nicht genannt werden wollen, Frühstückstreffen für Handwerker, für Bewohner und Nachbarn. Sie kooperieren inzwischen auch mit Vereinen und Initiativen, bieten Basare an, haben eine Kinderecke eingerichtet und laden zum Köln-Treff ein. "Keiner braucht hier alleine sein", sagen die Bewohner, die sich freitagsmorgens hier zum Frühstücken und Basteln treffen. Zu ihnen gehören auch Waltraud und Achim Demmer. Inge und Hans Werner Kohl kommen aus der Nachbarschaft dazu, genauso wie Karin Gehrmann. Sie wissen das Miteinander hier zu schätzen.
Mit in der Frühstücksrunde sitzen auch Elke und Andreas Walda. Als sie sich damals für das Leben an der Breslauer Straße entschieden haben, hatten sie vor allem die Zukunft im Blick. "Wir haben uns überlegt, was eine Wohnung braucht, um unsere letzte Wohnung zu werden", sagt Andreas Walda. Auch das Thema Barrierefreiheit sei ausschlaggebend gewesen. Rollstuhl oder Kinderwagen, gebrechliche Glieder oder noch unsichere Kinderfüße: Den Bewohnern der 21 Appartements soll es im "Wiel-Quartier" leicht gemacht werden. Die Wohnungen sind zwischen 50 und 85 Quadratmetern groß. Die Duschen sind besonders großzügig und barrierefrei zu erreichen. Eine Art Turm beherbergt nicht nur den Eingangsbereich und die Aufzüge, sondern auch ein Gästezimmer und einen Konferenzraum, der gemietet werden kann. Die Wohnungen sind über Laubengänge zu erreichen.
"Es geht beim Planen nicht darum, sich selbst ein Denkmal zu setzen", sagt Architektin Gabriele Theben, "sondern darum, einen gefühlvollen Ort zu schaffen, der einem die Sicherheit vermittelt: Hier bin ich Zuhause. Hier fühle ich mich wohl." Waltraud und Achim Demmer wissen genau, wovon die Architektin spricht. Denn wenn sie abends auf ihrer Terrasse sitzen und fröhlich den Nachbarn zuwinken, die gerade nach Hause kommen, dann genießen sie dieses Heimatgefühl.