Wermelskirchen Theater zum Thema Alzheimer bildet eine Reise durch das Leben ab

Wermelskirchen · Schauspieler Achim Conrad trat im Anzug, mit Blumen in der einen und einem Leinenbeutel in der anderen Hand auf die Bühne im Filmeck in Wermelskirchen. Blumen und Leinenbeutel reichen eigentlich schon aus, um den Gang in ein Krankenhaus oder ein Pflegeheim zu symbolisieren. Die Blumen sollen den Besuchten aufheitern und der Leinenbeutel enthält ein bisschen Obst und etwas Süßes. Irgendeine Lieblingsspeise, die Erinnerungen wachruft und immer schmeckt. Joop Admiral, der Protagonist und Erzähler des Stücks "Du bist meine Mutter", bringt seiner Mutter Grießbrei und ein Kakao-Trinkpäckchen mit. Den Einstieg in das Schauspiel über Alzheimer, das Altwerden der eigenen Eltern und die damit verbundene Gefühlswelt gestaltete Achim Conrad in Interaktion mit dem Publikum. Die Veranstaltung des Kulturvereins Wermelskirchen war sehr gut besucht und erfreute Achim Conrad mit aufmerksamen Zuschauern. Erst als er in der Rolle von Joop Admiral, dem Autoren des Stücks, in dem Pflegezimmer seiner Mutter ankam, ging das Licht im Saal aus, das Publikum verschwand im Dunkeln und der Fokus lag auf der Bühnenhandlung. Achim Conrad wechselt ab diesem Punkt zwischen der Rolle des Sohnes und der kranken Mutter. Während er seine Mutter anzieht, um mit ihr wie jeden Sonntag in den Garten zu gehen, versucht er ihr wiederholt ihre Situation zu erklären, Anhaltspunkte für ihr gemeinsames Leben zu geben und alle ihre Fragen geduldig zu beantworten. Gebetsmühlenartig wiederholt sie Geschichten und Ereignisse aus ihrem Leben, die ihr in Erinnerung geblieben sind.

Achim Conrad springt fließend zwischen den Figuren hin und her, bildet eine anrührende Situation ab, die fast jeder aus der eigenen Familie kennt und genau so erlebt hat. "Du bist meine Mutter" beleuchtet dem Umgang mit an Demenz erkrankten Eltern auf eine reale und oft komische Weise. Beide Seiten, Mutter und Sohn, schwanken immer zwischen Versöhnung, gegenseitiger Offenbarung und reichlichem Klärungsbedarf. Die zwischenzeitlich trotzige Mutter, die längst nicht mehr in der Lage ist, ihren Zustand zu reflektieren, steckt in Erinnerungen fest und hat zusätzlich auch jegliches Zeitgefühl verloren.

"Alzheimer ist ein Thema, das uns Angst macht. Das Stück von Joop Admiral fragt nach und spart nichts aus", sagte Conrad am Donnerstag. Seine Inszenierung des mehrfach ausgezeichneten Stücks begeisterte nicht nur durch schauspielerische Höchstleistungen, sondern ebenso durch viel Empathie und Feingefühl für diese emotional belastende Thematik. Eine Reise durch das Leben eines Menschen, die dort endet, wo sie angefangen hat: Bei der vorsichtigen Entdeckung der Umgebung und dem Versuch, Alltägliches zu verstehen.

Nach dem Stück lud Achim Conrad das Publikum zu einem Austausch über eventuell eigenegemachte Erfahrungen mit der Krankheit und "Du bist meine Mutter" ein.

(trei)
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