Wermelskirchen Schüler lernen selbstständiges Lernen

Wermelskirchen · In der Sekundarschule arbeiten die Kinder täglich in einem Lernbüro. Dabei bestimmen sie selbst, welche Aufgaben sie in welcher Reihenfolge lösen. Am Ende jeder Stunde reflektieren und dokumentieren sie, was gut oder weniger gut geklappt hat. Lehrer helfen bei Fragen.

 Selbstgesteuertes Lernen in der Sekundarschule (v.l.): Lars (12), Thorben (12), Alisya (10) und Berk (12) aus der Klasse 5c lernen täglich eine Stunde im Lernbüro. Dabei entscheiden sie selbst, welche Fächer und Aufgaben sie in welcher Reihenfolge lösen. Bei Fragen helfen ihnen die Lehrer weiter.

Selbstgesteuertes Lernen in der Sekundarschule (v.l.): Lars (12), Thorben (12), Alisya (10) und Berk (12) aus der Klasse 5c lernen täglich eine Stunde im Lernbüro. Dabei entscheiden sie selbst, welche Fächer und Aufgaben sie in welcher Reihenfolge lösen. Bei Fragen helfen ihnen die Lehrer weiter.

Foto: Moll Jürgen

Nach einer kurzen Begrüßung durch die Lehrer Thomas Rauh und Regine Ratsch wissen die Schüler sofort, was zu tun ist. Es ist mucksmäuschenstill im Raum. Die Jungen und Mädchen der Klasse 5c der Sekundarschule schnappen sich ihre Lernbegleiter und tragen dort ein, für welches Fach (Deutsch, Mathe oder Englisch) sie welche Inhalte in der heutigen Stunde vertiefen möchten. Leonie (11) hat sich für eine Deutsch-Aufgabe entschieden. Schnell hat sie die benötigten Lernunterlagen beisammen und macht sich an die Arbeit.

Die beiden Lehrer stehen in einer Ecke des Klassenraums und schauen zu. Eingreifen wollen und dürfen sie (noch) nicht. Das ist eine der Regeln. Erst nach 15 Minuten Stille - in dieser Zeit sollen die Schüler Aufgaben angehen, die sie ohne Hilfe lösen können - dürfen die Lehrkräfte von den Kindern um Rat gefragt werden. Nach einer Stunde ist der Unterricht im Lernbüro vorbei.

Es ist ein Angebot, das im Konzept der Sekundarschule fest verankert ist. Im Lernbüro steht das selbstständige Lernen im Fokus. Die Schüler erhalten jeweils einen Plan mit verschiedenen Inhalten (Pflicht- und Zusatzaufgaben) für die anstehende Woche. Sechs Stunden haben sie bis zum Ende der Woche Zeit, um mindestens die Pflichtaufgaben zu lösen. Dabei können sie in jeder Stunde selbst ein Fach auswählen, für das sie lernen möchten. Am Ende jeder Stunde im Lernbüro reflektieren und dokumentieren die Jungen und Mädchen, was beim Lernen gut oder weniger gut geklappt hat. Haben sie ihr Tagesziel erreicht? Falls nicht: Woran hat es gelegen?

Die Lehrer stehen während des Unterrichts im Lernbüro beratend zur Seite. Sie erklären den Schülern nicht, wie eine Aufgabe inhaltlich zu lösen ist. Sie geben Tipps und helfen, Strategien zu entwickeln, wie es die Kinder schaffen können. "Wir zeigen Wege auf - letztlich sollen die Kinder die Aufgaben selbstständig lösen", sagt Thomas Rauh.

Die Ruhe und Disziplin der Jungen und Mädchen ist erstaunlich. Ist dies in jeder Stunde der Fall? "Manchmal sind wir auch etwas chaotisch, das ist aber selten", sagt Erik M. (11). Und Mitschüler Erik S. (11) gibt mit einem verschmitzten Lächeln zu: "Es gab mal eine Stunde, da war kein Lehrer da - da haben wir nicht ganz so viel gelernt."

Die Lehrer sind zufrieden mit den Lernfortschritten. "Die Motivation der Schüler ist hoch", sagt Schulleiter Dietmar Paulig: "Der Lernprozess ist strukturiert. Die Kinder dürfen aber auswählen, was sie wann lernen - wir geben ihnen Hilfestellungen." Der Weg zum selbstständigen Lernen sei natürlich ein langer Prozess. Nach einem halben Jahr sind die Fortschritte bei den Fünftklässlern aber bereits enorm. Das Lernbüro soll in der Regel die Hausaufgaben zu Hause am Nachmittag ersetzen. In der Regel schaffen die Kinder auch die gestellten Pflichtaufgaben, so dass sie am Wochenende nicht mehr nacharbeiten müssen, berichtet Rauh.

Nicht nur die Lehrer, auch die Schüler selbst sind angetan von der Methode des selbstständigen Lernens. "Das Lernen hier macht Spaß. Man kann alles in Ruhe machen, und wenn man Fragen hat, helfen uns die Lehrer", sagt etwa der elfjährige Lars.

Was den Lehrern wichtig ist: Die Eltern werden in den Prozess eingebunden. Sie müssen die dokumentierten Lernfortschritte zur Kenntnis nehmen, können Fragen stellen oder Anmerkungen machen. In Workshops können sie zudem praktisch erfahren, wie das Lernbüro funktioniert. Im Gegenzug werden sie auch über Lob oder Kritik durch die Lehrer informiert. Paulig: "Die Vernetzung zwischen Schule und Eltern ist uns enorm wichtig." Das Team der Sekundarschule setze sich auch kritisch mit dem selbstgesteuerten Lernen auseinander, hinterfrage sich und die Arbeit fortlaufend. Trotz aller Selbstständigkeit beim Lernen betont der Schulleiter: "Wir lassen die Kinder nicht allein."

(ser)
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