Wermelskirchen "Nette Toilette" - Fehlanzeige in der Stadt

Wermelskirchen · Immer mehr Städte schließen sich der Kampagne "Nette Toilette" an: Händler stellen ihre WC-Anlagen der Öffentlichkeit zur Verfügung und werden im Gegenzug dafür von der Stadt entschädigt. Die Stadt Wermelskirchen sieht keinen akuten Bedarf für zusätzliche öffentliche Toiletten. Der Handel hält sich zurück.

 In Ratingen startete der Service "Nette Toilette" im Sommer. Auch das Buchcafé Peter und Paula (Foto) beteiligt sich an der Gratis-Nutzung der WC-Anlagen.

In Ratingen startete der Service "Nette Toilette" im Sommer. Auch das Buchcafé Peter und Paula (Foto) beteiligt sich an der Gratis-Nutzung der WC-Anlagen.

Foto: Achim Blazy

Wer Touristen und Ausflügler in die Stadt locken will, muss viele Image-Faktoren bedienen. Ein Puzzle-Steinchen, das ein positives Erscheinungsbild vervollständigt, ist die Verfügbarkeit von "stillen Örtchen". Die Initiative "Nette Toilette" aus Aalen hat sich zum Ziel gesetzt, trotz leerer städtischer Kassen für Abhilfe zu sorgen. Ihrer Ansicht nach gibt es einerseits zu wenige öffentliche Toiletten bei andererseits steigendem Bedarf. Die Initiative spricht dabei nicht nur Stadtverwaltungen, sondern vor allem auch den Einzelhandel und die Gastronomie an. Neue WC-Anlagen bedeuteten hohe Investitionen, Pflege und Wartung seien enorm teuer.

Frank Kieseler, Leiter des städtischen Gebäudemanagements, das sich um die öffentlichen Toiletten in Wermelskirchen kümmert, kann aus dem aktuellen "Kundenaufkommen" keinen Handlungsbedarf ableiten. Die Stadt Wermelskirchen bietet öffentliche Toiletten an. Wegen anhaltender Schäden durch Vandalismus hatte die Stadtverwaltung die Toilettenanlage in der Hüpp-Anlage bereits vor Jahren geschlossen. Die behindertengerechte Toilette am neuen Busbahnhof lässt sich nach Münzeinwurf nutzen. "Die Toilette am Busbahnhof, die in den Zeiten zugänglich ist, in der Busse fahren, wird allem Anschein nach rege genutzt. Zurzeit wird sie zweimal wöchentlich gereinigt. Wir überlegen aber, das auf dreimal wöchentlich aufzustocken", erläutert Kieseler. Dort sei das Problem, dass sich manche Menschen offensichtlich auf die Toilettenbrille stellen und dann häufiger ein "Geschäft" daneben gehe.

Auch die Toilette im Bürgerzentrum sei durch die zentrale Lage stark frequentiert. Weitere öffentliche Toiletten stünden in Wermelskirchen aber nicht zur Debatte: "Bei uns in der Verwaltung ist dafür kein Bedarf bekannt. Die Leute wissen sich zu helfen. Letztlich kann doch jeder auch in eine Gaststätte gehen und fragen, ob er mal die Toilette nutzen darf und 50 Cent dafür bezahlen - da sagt doch dann niemand ,Nein'. Das mache ich doch in einer anderen Stadt auch so", sagt Kieseler. Er erinnert an einen Versuch von Ex-Bürgermeister Eric Weik, die Einzelhändler dazu zu bewegen, ihr WC als öffentliche Toiletten auszuweisen: "Das hat damals nicht so geklappt, wie er sich das vorgestellt hatte."

"Nette Toiletten" finden sich bereits in mehr als 220 Städten und Gemeinden in Deutschland. Das Prinzip ist denkbar einfach: Händler und Gastronomen stellen während ihrer Öffnungszeiten ihre bereits vorhandenen Toiletten für die Öffentlichkeit zur Verfügung und erhalten dafür eine Aufwandsentschädigung aus dem Stadtsäckel. Vor Kurzem ist Düsseldorf auf diesen Zug aufgesprungen - die Landeshauptstadt veranschlagt dafür 75.000 Euro im städtischen Haushalt. Tourismus-Magneten wie Husum aber auch kleinere Gemeinden wie Emmerich am Niederrhein, Ratingen oder Meßkirch ließen sich von dem Konzept "Nette Toilette" überzeugen.

Dort informieren Flyer, Markierungen auf Stadtkarten, Info-Aushänge und Aufkleber über die frei zugänglichen WC-Anlagen.

"Das wäre unmöglich, wenn ich Leute, die mal ,müssen', abweisen würde. Für mich steht fest: Ist der Betrieb geöffnet, darf hier jeder auf die Toilette. Wer kommt denn schon hinein und fragt, ob er mal darf, wenn er nicht wirklich muss?", stellt Dirk Goetz, Wirt der Gaststätte "Centrale" an der Eich, klar. Er und seine Mitarbeiter hätten stets Verständnis für die menschliche Notdurft. Der Einzelhandel ist da reservierter. Schon der Seniorenbeiratsvorsitzende Klaus Förster bekam in seiner aktiven Zeit eine Abfuhr; Sabine Salamon, Seniorenbeauftragte bei der Stadt, bestätigte, dass dieses kundenfreundliche Projekt abgelehnt werde. Viele hätten keine öffentliche Toilette, die Kunden müssten an den Spinden der Mitarbeiter in den privaten Bereich. Im Einzelhandel seien da auch unschöne Dinge passiert, wurde ihr berichtet.

Die Vorsitzende des Wermelskirchener Beirats für Menschen mit Behinderung, Brigitte Hallenberg, schätzt die Freundlichkeit der Wermelskirchener Gastronomen, sieht jedoch ein Problem in der baulichen Beschaffenheit der zumeist historischen Gebäude: "Die Toiletten in Gaststätten und Restaurants sind häufig nicht für Behinderte geeignet." Und Werner Allendorf vom Seniorenbeirat beklagte, dass die Ausschilderung mangelhaft sei. Auf seinen Hinweis sei ihm in der Verwaltung nur erklärt worden, man müsse das "bereden".

(sng)
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