Wermelskirchen Neben dem "Katt-Taler" gibt's echtes Geld in der Kinderstadt

Wermelskirchen · In den Sommerferien gründen rund 200 Kinder auf dem Gelände der Katt zum zehnten Mal ihre eigene Stadt. In diesem Jahr gibt's zum ersten Mal ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle kleinen Bürger und sogar echte Euros.

Einmal im Jahr entsteht mitten in Wermelskirchen eine kleine unabhängige Stadt - die Kinderstadt auf dem Katt-Gelände. Auch 2016 kommen in den ersten beiden Wochen der Sommerferien rund 200 Kinder zusammen, um gemeinsam zu leben, zu forschen und zu spielen. Bei der zehnten Auflage gibt es einige Neuerungen. "Wir werden ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger der Kinderstadt einführen. Außerdem bekommt der Stadtrat ein Budget mit echtem Geld, um Anschaffungen machen zu können. So soll den Kindern spielerisch der Umgang mit Geld beigebracht werden", erklärt Organisator Kolja Pfeiffer.

Zum ersten Mal erlebt Rainer Bleek in seinem Amt als Bürgermeister die Kinderstadt. Als gestern das Programm für den Zeitraum vom 11. bis 23. Juli bekannt gegeben wurde, zeigte er sich begeistert. "Ich finde es toll, dass die Kinder die Möglichkeit haben, alltägliche Prozesse kennenzulernen, die sonst in der Schule zu kurz kommen. Hier werden sie spielerisch aufs wirkliche Leben vorbereitet. Die Kinderstadt ist wirklich ein Vorzeigeprojekt für Wermelskirchen", stellte Bleek klar. Natürlich wird es auch in der Kinderstadt einen gewählten Stadtrat samt Bürgermeister geben. Bleek freut sich schon darauf, seine neuen Kollegen kennenzulernen. "Wir werden zusammen Pizza essen", kündigte er an.

Für die demokratischen Entscheidungsträger aus den Reihen der Kinder gibt es in diesem Jahr mehr zu entscheiden. "Wir wollen Bürgermeister und Stadtrat mehr Macht geben", sagte Pfeiffer schmunzelnd. Es soll beispielsweise abgestimmt werden, welchen Pudding es zum Mittagessen gibt oder, ob der Bürgermeister ab sofort eine rote Nase tragen muss. "Das werden keine staatstragenden Entscheidungen sein. Aber die Kinder sollen diese politischen Prozesse wirklich erleben", sagte Pfeiffer.

Dazu gehört auch, dass es 2016 erstmals ein Budget an echtem Geld gibt. "Das müssen die Kinder dann sinnvoll verwalten", erklärt Pfeiffer, der als Kämmerer ein Auge auf die Ausgaben haben wird. Wenn die Bürger mit der Finanz-Verwaltung unzufrieden sind, könne alles passieren. "Auch eine Revolution mit Neuwahlen ist möglich", sagte Pfeiffer.

Natürlich wird es die Spiel-Währung "Katt-Taler" weiterhin geben. Diese erhalten die Kinder für ihre Arbeit in den einzelnen Werkstätten. Nach Abführung der Steuern können die Kinder das Spiel-Geld für Freizeitangebote in der Kinderstadt selbst oder für Ausflüge ausgeben. Eine weitere Möglichkeit ist, das Geld zur Bank zu bringen. Dort können die Kinder Konten anlegen. Hilfe bekommen sie dabei unter anderem von Christina Rohloff. Sie ist Auszubildende bei der Remscheider Steuerberatungsgesellschaft Dr. Hübenthal und Partner. Sie unterstützt die Sparkassen-Filiale der Kinderstadt. "Ich bin zum ersten Mal dabei und freue mich jetzt schon total auf die Kinder", sagte die 22-Jährige. Sie sorgt dafür, dass die Kinder ihr bedingungsloses Grundeinkommen gut anlegen. Denn das erhalten die Kinderstadt-Bürger in diesem Jahr zum ersten Mal unabhängig von ihrer Arbeit. "So sollen die Kinder ein Geld-System kennenlernen, das sich an der echten Welt orientiert", erklärte Pfeiffer. Die Wermelskirchener Kinderstadt ist bundesweit das erste Projekt dieser Art, das mit einem bedingungslosen Grundeinkommen arbeitet.

Ebenfalls neu ist in diesem Jahr die Kinderstadt-Schule, die sich die Kinder selbst gewünscht haben. Lehrer gibt es in dieser Schule aber nicht. Um den Teilnehmern diese zwei Wochen so erlebnis- und lehrreich wie möglich zu gestalten, sind rund 60 Helfer im Einsatz. "Danke an alle Sponsoren und Mitarbeiter, die dieses tolle Projekt möglich machen", freute sich Bleek.

(kron)
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