Wermelskirchen Lieber Lassowerfen statt Party oder Tanzen in der Disco

Wermelskirchen · Der 18-jährige Wermelskirchener Nicklas Meinerzhagen hat ein besonders ausgefallenes Hobby: Er gehört zu den besten Europäern im Lassowerfen, dem sogenannten Ranch Roping.

Vor drei Jahren musste er noch ein wenig zu seinem Glück geschubst werden. Heute ist der 18-jährige Wermelskirchener Nicklas Meinerzhagen zweifacher Gold- und einmaliger Silbermedaillen-Gewinner bei der Europameisterschaft im Lassowerfen (Ranch Roping). Nicklas Meinerzhagens Vaquero-Leidenschaft (Vaqueros bilden die Profiklasse) entbrannte, als ihm seine Mutter Marion zum 15. Geburtstag die Teilnahme an einem Ranch-Roping-Kursus schenkte. "Ich habe das gemacht, um den Jungen aufs Pferd zu kriegen", sagt die 50-Jährige und lacht. Seit 20 Jahren gibt Marion Meinerzhagen auf Gut Luchtenberg Reitunterricht, ihre Familie besitzt vier Pferde.

"Anfangs hatte ich wenig Enthusiasmus. Nach dem Kursus war ich voller Elan. Ich habe mich dann mit Videos über die alte Arbeitsart der Calefornios, den Vorläufern der bekannten Cowboys, informiert. So fing die Begeisterung an", erinnert sich Nicklas Meinerzhagen. Ihm ist der Unterschied zum bekannteren "Rodeo-Ropen" wichtig: "Vaqueros und dann Caleforios gehen auf die Spanier zurück. Es zählt Ruhe und Konzentration bei der Arbeit. Die Rinder sollen ruhig und schonend gefangen werden, damit sie möglichst wenig Fettverlust haben. Die Idee dabei hatte damals schon einen Sinn."

 Training in Limmringhausen: der 18-jährige Wermelskirchener, sein 20-jähriger Araberhengst Sandokhan, ein Lasso und das "Holz-Pferd" zum Üben.

Training in Limmringhausen: der 18-jährige Wermelskirchener, sein 20-jähriger Araberhengst Sandokhan, ein Lasso und das "Holz-Pferd" zum Üben.

Foto: Singer

Angesichts dieser Historie sprechen die Aktiven in der Ranch-Roping-Szene stets von Arbeit und nicht von Sport. "Wir sind europaweit ein kleiner Kreis, man kennt und schätzt sich untereinander", sagt Nicklas Meinerzhagen. Die jüngste Europameisterschaft fand in Österreich statt, für 2017 steht Ungarn als Austragungsland fest, Dänemark ist für 2018 geplant. Die Teilnehmer reisen mit dem Flugzeug oder dem Wohnmobil an. Wer will, bringt sein Pferd mit.

Nicklas Meinerzhagen nutzte bislang stets die vom Ausrichter gestellten Tiere: "Der Umstieg auf ein fremdes Pferd macht es schon schwieriger." Gerade auf das Reiten legt der Elektriker-Auszubildende besonderen Wert: "Ich trainiere täglich mit dem Pferd. Mit dem Lasso "übe ich drei- bis viermal in der Woche." Unter Europas Ranch Ropern ist der Wermelskirchener einer der jüngsten - die meisten Aktiven sind 30 Jahre und älter. Mit Disco, Party und Ausgehen hat Nicklas Meinerzhagen nichts am Vaquero-Hut: "Am liebsten bin ich in der Natur", sagt der 18-Jährige. "Cowsense", "Stockmanship" und "Horsemanship" - die sensible Kenntnis vom Verhalten der Kühe und Pferde - seien "eine Wissenschaft für sich". Kurz und knapp konstatiert Meinerzhagen: "Pferde sind mein Leben."

Er kann mit der Definition der deutschen Rechtsprechung, wonach Pferde als Sportgerät eingestuft werden, nichts anfangen: "Beim Ranch Roping sorgt die Ruhe und Konzentration auch dafür, dass die Kondition des Pferdes erhalten bleibt. Es bedarf viel Feinabstimmung und Training, bis ein Pferd das kann", erzählt der Lassowerfer. Zum Beispiel, die Kuh langsam abzubremsen oder das Lasso auf Spannung zu halten, wenn an einem Ende das Rind und das andere Ende am Sattelknauf fixiert ist. "Das Pferd ist Mitarbeiter und Kamerad!" Schließlich werde das Pferd mit nur einer Hand oder gar freihändig gesteuert. "Das Pferd muss extrem feinfühlig sein", ergänzt Marion Meinerzhagen. Ranch Roper sprechen dann von "rittig".

Mehr als 30 verschiedene Würfe mit dem Lasso, vom Boden oder vom Pferd aus, gibt es. Die Bewertung bei den Wettwerben - eine Weltmeisterschaft gibt es übrigens noch nicht - erfolgt nach Schwierigkeitsgraden. "Das geht hin bis zum Trick-Ropen mit sogenannten Fancy-Würfen, die dann weniger mit Arbeit und mehr mit Optik zu tun haben", erläutert Meinerzhagen.

Genauso wie alle Ranch-Roping-Aktiven teilt der 18-Jährige die Philosophie und das Lebensgefühl der Vaqueros: "Wir holen abends auch die Gitarre heraus und singen, sitzen um ein Lagerfeuer herum, wo der Kaffee für den nächsten Morgen in einer speziellen Kanne gekocht wird." Der flache Hut in spanischer Tradition gehört für ihn genauso dazu wie die verzierten Armitas (auch: Chaps) aus Leder, die die Beine des Reiters vor Reibung durch das Lasso schützen. Seinen edel geschmückten, maßgeschneiderten Western-Sattel wünschte er sich zum 18. Geburtstag - anstatt eines Autos.

(sng)
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