Wermelskirchen Legasthenie mehr in den Fokus rücken

Wermelskirchen · Zum bundesweiten Tag der Legasthenie gibt am Samstag einen Informationstag mit Vorträgen und Gesprächen.

Der deutsche Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie hat den heutigen 30. September erstmals zum Tag der Legasthenie und Dyskalkulie ausgerufen. Gleichzeitig ruft der Interessenverband dazu auf, mit Aktionen vor Ort die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Lese- und Rechtschreibschwäche/-störung sowie Rechenschwäche/-störung zu lenken. Grund genug für die beiden Wermelskirchener Lerntherapeutinnen Christel Kremer (61) und Martina Hegmann (47), einen Info-Nachmittag mit Vorträgen und Gesprächsrunde für morgen, Samstag, 14.30 Uhr, in der Buchhandlung van Wahden am Markt zu organisieren.

Es sind nicht nur Statistiken, die belegen, dass Lese- und Rechtschreibstörungen (LRS) oder Rechenstörungen (RS) keinesfalls selten sind. "Die Zahlen untermauern, dass drei bis sieben Prozent aller Jungen und Mädchen betroffen sind", betont Christel Kremer. Und Martina Hegmann fügt hinzu: "Damit gibt es statistisch in fast jeder Klasse mindestens ein betroffenes Kind." Kremer und Hegmann arbeiten in ihren eigenen, voneinander unabhängigen Praxen in Wermelskirchen und betreuen zwischen zehn und 20 Fälle. "Es ist schwierig, die Problematik frühzeitig zu erkennen. Für die Therapie ist aber klar: Je früher begonnen wird, desto besser ist es", betont Christel Kremer.

Die Folgen von LRS oder RS sind in den meisten Fällen erst einmal niederschmetternd, berichtet Martina Hegmann: "Kinder gehen vielleicht anfangs gerne zur Schule - bis die Probleme auftauchen. Dann stürzt die Familie in eine Krise." Hausaufgaben werden unter Tränen gemacht, Kinder verweigern sich, können sich nicht konzentrieren. Die ursprünglichen Probleme paaren sich dann mit Aggression oder mangelndem Selbstbewusstsein.

Grundsätzlich stehe aber fest, dass die Eltern mit den Problemen der Kinder "gar nichts zu tun" haben, dafür könne niemand etwas: "Diese Schwächen tauchen in allen Nationalitäten und in jeder gesellschaftlichen Schicht auf." Allerdings hätten Eltern sehr wohl mit dem erfolgreichen Verlauf einer Therapie zu tun, in der sie unterstützend mitarbeiten müssten. "Der Therapieverlauf ist unterschiedlich. Unter der Dauer von einem Jahr geht in der Regel nichts", sagt Kremer. Es gehe um den Erwerb von Basisfähigkeiten, ohne die niemand etwas kapieren könne, obwohl ausreichende Intelligenz vorhanden sei.

Für Schulen sei die notwendige individuelle Förderung der betroffenen Kinder nicht leistbar: "An den Schulen wird gut unterstützt. Die Kinder sind heutzutage nicht mehr stigmatisiert, weil die Lehrer offensiv damit umgehen." Problematisch seien eher die modernen Lehrmethoden. "Die Kinder schreiben anfangs so, wie sie ein Wort hören. Dadurch fällt ein mangelndes Sprachverständnis zunächst nicht auf. Ähnlich ist es beim Rechnen: Ein Kind, das nur rechnet, indem es an Fingern abzählt, bekommt erst Schwierigkeiten bei größeren Zahlen."

Auch Erwachsene nutzen die Hilfe der Therapeutinnen. "Es gibt Erwachsene, die sich mit diesen Schwächen recht erfolgreich und ohne Auffälligkeiten durch das Leben geschlängelt haben."

(sng)
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