Wermelskirchen Lebensmittelretter suchen Mitstreiter

Wermelskirchen · Initiative Foodsharing will sich auch in Wermelskirchen etablieren. Konkurrenz zur Tafel sehen die Organisatoren nicht.

 Jede Menge Lebensmittel in der Garage - (unten v. l.): Elisabeth Erbe, Nicole Waier-Berger und Melanie Kirschsieper; oben von links: Mirjam Starke, Inga Kuhnert, Nadine Rehbold und Christine Derr.

Jede Menge Lebensmittel in der Garage - (unten v. l.): Elisabeth Erbe, Nicole Waier-Berger und Melanie Kirschsieper; oben von links: Mirjam Starke, Inga Kuhnert, Nadine Rehbold und Christine Derr.

Foto: wolfgang weitzdörfer

Lebensmittel müssen in den Geschäften immer wie aus dem Ei gepellt aussehen. Flecken, Druckstellen oder ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum bedeuten die Aussortierung. Auf diese Weise landen jährlich unzählige Tonnen intakter Lebensmittel auf den Mülldeponien. Dem ein Ende zu machen, hat sich die Initiative Foodsharing auf die Fahnen geschrieben. "Fünf Jahre gibt es Foodsharing in Deutschland, wir haben im Oktober 2016 in Remscheid einen Ableger gegründet", berichtet die Food-Botschafterin Elisabeth Erbe, die das ehrenamtliche Projekt für Remscheid und für das bergische Umland koordiniert. In Hückeswagen gibt es seit Februar eine Gruppe Freiwilliger, die helfen möchte, Lebensmittel zu retten. Auch in Wermelskirchen will sich eine Gruppe etablieren. Melanie Kirschsieper, Nicole Waier-Berger und Inga Kuhnert sind in Hückeswagen aktiv. "Insgesamt gibt es sieben Helfer, derzeit holen wir die Lebensmittel aber noch in Remscheid ab", sagt Kirschsieper. In den Garagen stehen in unregelmäßigen Abständen die Tube Ketchup über Konservendosen, deren Banderolen abgegangen sind bis hin zu Obst und Gemüse mit leichten, oft kaum sichtbaren Schönheitsfehlern für jedermann zur kostenfreien Abholung bereit. Mit 15 Betrieben sind die Hückeswagener Lebensmittelretter in Kontakt getreten, zwei Zusagen hat es gegeben. "Es stehen noch einige Antworten aus, so lange werden wir uns die Lebensmittel aus Remscheid holen", sagt Kuhnert. 66 Tonnen seien 2016 in der Nachbarstadt gerettet und weiterverteilt worden, sagt die Remscheider Aktivistin Mirjam Starke. Dabei spiele es keine Rolle, wer die Lebensmittel bekomme. "Wir stehen nicht in Konkurrenz zur Tafel, wir würden uns nicht anmaßen, über bedürftig oder nicht bedürftig zu entscheiden", sagt Erbe.

Vom Arbeitslosen bis zum Akademiker reiche die Klientel, die in die Garage kommt. "Es geht uns nur ums Retten", sagt Erbe. Dass das Prinzip ankommt, wird deutlich, als am Donnerstag um 14.30 Uhr Kirschsiepers Garage geöffnet wird und zehn Hückeswagener mit Taschen und Körben bewaffnet bereitstehen, um sich durch das Angebot zu stöbern und sich einzudecken. Es sind aber nicht nur Bürger, die etwas gegen Verschwendung tun und ihren Geldbeutel schonen können. Auch die Unternehmen haben etwas davon. "Die Betriebe sparen Kosten - jede Tonne, die zur Deponie geht, kostet Geld. Aber auch der Ruf der Unternehmen werde besser: "Wer weiß, dass ein Betrieb keine Lebensmittel verschwendet, kann darauf bauen, dass sich umwelt- und ressourcenbewusste Kunden eher dafür entscheiden als für den Konkurrenten", sagt Erbe. Daher können Betriebe mit einem Food-Sharing-Sticker am Eingang auf ihr Engagement aufmerksam machen. Die Gruppe in Remscheid ist mit etwa 60 aktiven Abholern sehr gut besetzt, in Hückeswagen wünscht sich Kirschsieper noch weitere Unterstützung: "Wir haben keine Probleme damit, die Lebensmittel unter die Leute zu bekommen. Aber zum Abholen könnten wir noch Helfer brauchen." Zu festen Terminen fahren sie zu Betrieben und holen Lebensmittel ab. Dann wird in einer WhatsApp-Gruppe gepostet, dass die Garage zu einer bestimmten Uhrzeit geöffnet und gefüllt ist. "Dann ist teilweise innerhalb von einer halben Stunde alles weg", sagt die Hückeswagenerin erfreut.

Sie ist auch davon überzeugt, dass sich so ein ganz neues Bewusstsein für Lebensmittel entwickelt: "Man kauft bewusster ein, das merke ich ganz am eigenen Kaufverhalten", sagt sie. Das Interesse der Wermelskirchenerin Christine Derr ist ebenfalls über das Remscheider Beispiel geweckt worden: "Wir haben schon eine Hand voll Gleichgesinnter gefunden. Jetzt geht es darum, das Projekt ans Laufen zu bekommen", sagt sie. Unterstützung aus Remscheid ist ihr dabei gewiss.

(RP)
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