Wermelskirchen Leben im ältesten Wohnhaus der Stadt

Wermelskirchen · Nicole Helder und ihr Partner Manfred Kaderk leben in einem Fachwerkhaus aus dem Jahre 1645. Es bietet eine hohe Lebensqualität, denn es wurde von den Vorbesitzern nicht kaputt saniert.

 Nicole Helder und Manfred Kaderk vor ihrem Zuhause - dem ältesten Gebäude in Wermelskirchen.

Nicole Helder und Manfred Kaderk vor ihrem Zuhause - dem ältesten Gebäude in Wermelskirchen.

Foto: Michael Schütz

In Ostringhausen steht das älteste Wohnhaus von Wermelskirchen. Etwas zurück versetzt auf der linken Seite der Landstraße 157 in Richtung Autobahn und Hünger. "Das ist das älteste Wohnhaus, das uns bekannt ist", sagt Volker Ernst vom Bergischen Geschichtsverein, "das Datum steht ja auch über dem Eingang - Anno 1645".

371 Jahre - gibt es denn da eine Heizung, ein Bad oder Dusche? Ist die Toilette vielleicht noch in einem Häuschen auf dem Hof? "Doch, es ist alles da. Durch verschiedene Vorbesitzer wurde natürlich immer wieder umgebaut und saniert", sagt Manfred Kaderk, der zusammen mit seiner Partnerin Nicole Helder das Haus 2012 gekauft hat. Zum Glück wurde es nicht kaputt saniert. Die Außenfassaden wurden eben nicht mit Styroporplatten zugeklebt und mit Plastikholz verkleidet. Fachwerk, Lehmfüllungen und Eichenbalken sorgen für eine Atmosphäre, die nur so ein altes Haus haben kann.

Allein die Holzkonstruktion ist etwas ganz Besonderes. Diese besteht nur aus senkrechten und waagerechten Balken. Ein Beleg für die Bauweise in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Nirgendwo sind Schrägstreben zu erkennen, wie sie bei späteren Fachwerkhäusern üblich sind. Die Eckbalken aus massiver Eiche sind 40 x 25 Zentimeter stark und haben die Jahrhunderte problemlos überstanden. Eine weitere Besonderheit ist sicher der Keller. Ein Tonnengewölbe mit ein Meter starken Bruchsteinmauern und vier Meter hoch. "Man hat mit erzählt, dass dort gut 30 Personen in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs Schutz gefunden haben", sagt Kaderk.

Das ehemalige Strohdach wurde vor über 100 Jahren durch ein Pfannendach ersetzt, und in den 80er Jahren wurde der Dachstuhl ausgebaut. Dort ist der aus Ziegeln gemauerte Schornstein zu sehen. Leicht schief oder mit einem Bogen gebaut. "Man hat wohl unten angefangen und dann gemerkt, dass man nicht an der gewünschten Stelle des Daches hinaus kommt. Deshalb hat man diesen leichten Bogen gebaut - dann passte es", erklärt Kaberk die schräge Bauweise. Von der Bausubstanz ist der Schornstein tadellos.

"Eigentlich haben wir etwas ganz anderes gesucht", erzählt Kaderk. Er erzählt von der "Bauchgefühl-Entscheidung", als sie zum ersten Mal auf den Hof vor dem alten Fachwerkhaus gefahren sind. Die Bausubstanz erwies sich als gut. Nur wenige Balken waren leicht feucht und konnten ausgebessert werden. Als Bühnen- und Kostümbildner ist Kaderk dem "Schönen" verpflichtet. Hinzu kommen die guten Kontakte nach Frankreich. Immer wieder wird auf Flohmärkten in kleinen Dörfern nach schönen Dingen gesucht - und wird fündig. Das ganze Haus ist eine Bühne. Nicht überladen und prunkvoll, sondern mit vielen kleinen Dingen liebevoll gestaltet. "Natürlich ist es für uns zu groß", sagt Kaderk, "aber die vielen Räume bieten Rückzugs- und Entfaltungsmöglichkeiten, und Freunde können problemlos übernachten." Zwar nicht historisch und alt, aber wunderbar passend ist der handgemalte Fußboden im Zimmer der achtjährigen Tochter: Spielen und wandern über eine blühende Blumenwiese.

"In den Anfängen diente dieses Haus als Gerichtsgebäude. Dann folgten Familien, die Landwirtschaft betrieben und hier im Haus wurde geschlachtet", berichtet Kaderk und zeigt auf die alten, stabilen Eisenhaken im Flur, an denen die Rinder- und Schweinehälften aufgehängt wurden. Die massiven Eisenbeschläge und Scharniere der Haustür erinnern an Schloss Burg - für die Ewigkeit gebaut. Nebengebäude dienen als Garagen und auf dem Vorplatz steht ein Zugbrunnen. Das alte Haus strahlt Sicherheit und Ruhe aus und bietet den Besitzern Lebensqualität in einer ganz anderen Zeit.

(wsb)
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