Wermelskirchen Landwirte leben mit schlechtem Image

Wermelskirchen · Ortslandwirt Torsten Mühlinghaus zieht eine positive Bilanz des Erntejahres 2017. Betroffen macht ihn vor allem die Feindseligkeit, die den Landwirten vor allem aus den großen Städten entgegenschlägt. Längst wird Biostandard erfüllt.

 Torsten Mühlinghaus bei seinen Milchkühen. Es war ein hartes Jahr für den Landwirt - jetzt sind die Milchpreise endlich wieder gestiegen.

Torsten Mühlinghaus bei seinen Milchkühen. Es war ein hartes Jahr für den Landwirt - jetzt sind die Milchpreise endlich wieder gestiegen.

Foto: Moll

Hinter Torsten Mühlinghaus liegt das schwerste Jahr seiner Laufbahn als Landwirt. 2016 fielen die Preise für Milch in den Keller. 24 Cent bekam er damals für den Liter, die Rechnungen stapelten sich. "Dann sagen Dir die Berater, du sollst mehr Kühe kaufen, mehr Milch produzieren, um mehr Geld einnehmen zu können", sagt Torsten Mühlinghaus, "das ist doch völlig paradox."

Mühlinghaus folgte dem Rat nicht. Schwere Gespräche bei den Banken, schlaflose Nächte und Existenzangst umtrieben die Milchbauern. Jetzt sitzt Torsten Mühlinghaus entspannter am Esstisch der Familie. "Endlich Zeit, um durchzuatmen", sagt er. Denn die Preise für Milch sind gestiegen. 35 Cent für den Liter könnten im September auf der Rechnung stehen. "Davon kann man leben, wenn auch keine großen Sprünge machen", sagt er. Mühlinghaus fängt an, Rücklagen zu bilden. "Wir wissen nie, wann die Zeiten wieder härter", sagt er. Aber zum Erntedankfest ist bei Torsten Mühlinghaus die Dankbarkeit zurück. "Es hat nicht immer alles geklappt", sagt der 50-Jährige aus Mittelrautenbach, "aber wir sind zufrieden mit dem, was wir haben."

Vor allem in Norddeutschland haben viele Milchbauern ihre Höfe aufgeben müssen, die Wermelskirchener sind über das Jahr gekommen. Sieben Landwirte bewirtschaften ihre Milchviehbetriebe in Wermelskirchen noch im Vollerwerb.

Vor 20 Jahren waren es dreimal so viel. "Auch hier galt: Wachsen oder weichen", sagt Mühlinghaus. Im Stall in Mittelrautenbach stehen inzwischen 100 Kühe. "Und wir sind bis obenhin voll mit Arbeit", sagt er und denkt auch an seine Frau und die Kinder.

Die ziehen mit und die nächste Generation übernimmt den Hof eines Tages. Ob er das Leben als Landwirt seinen Kindern empfehlen könne? "Es ist nach wie vor der schönste Beruf der Welt", sagt er. Die Arbeit mit den Tieren, der Frieden der Natur, zu sehen, wenn die Saat wächst. Aber er weiß auch um die großen Herausforderungen der Zeit: "Was mir in diesem Jahr psychisch wirklich zu schaffen macht, ist die Feindseligkeit, die den Landwirten entgegenschlägt", sagt er. Der Vorwurf der Tierquälerei werde vor allem bei Kritikern in den großen Städten immer lauter, der Ton gegenüber Landwirten rauer - vor allem im Internet. "Jeden Tag unseres Lebens stehen wir auf und versorgen die Tiere. Sie stehen an erster Stelle", sagt er, "der scharfe Gegenwind macht einen auf Dauer kaputt." Die Landwirte in der Region würden mit Aktionstagen antworten, ihre Höfe öffnen, die Transparenz erhöhen.

Auf ökologische Landwirtschaft hat bisher keiner der Wermelskirchener Milchbauern umgestellt. "Viele Biostandards werden trotzdem erfüllt", sagt Mühlinghaus, "vor allem bei der Frage der Tierhaltung." Dabei geht es um den Platz: 1,4 Großvieh kommen bei Mühlinghaus auf einen Hektar. "Wie auf Biohöfen", sagt er. Allerdings gibt es konventionelles Zusatzfutter und die Kontrollhürden für die Bio-Zertifizierung seien vielen Landwirten zu hoch. Harsche Vorwürfe und Verunglimpfungen rechtfertige das nicht. Biobauern und konventionelle Landwirte gegeneinander auszuspielen, sei großer Blödsinn.

Vor Familie Mühlinghaus liegen nun besonders arbeitsreiche Tage: In diesen Tagen beginnt die Maisernte - wegen des Wetters später als erwartet. Gleichzeitig steht der nächste Grasschnitt an, um die Futterbestände aufzufüllen. "Wenn das geschafft ist", sagt Torsten Mühlinghaus, "dann feiern auch wir Erntedank."

(resa)
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