Wermelskirchen Katt: Werner Brix startet "Mit Vollgas zum Burnout"

Wermelskirchen · Es dauert mehr als 20 Minuten, bis Kabarettist Werner Brix den ersten Applaus erhält. Zunächst muss sich das Publikum in der kleinen Halle der Katt auf den wienerischen Dialekt einlassen. Nach einer Eingewöhnung klingt es für bergische Ohren ann aber ungemein sympathisch. Das gewählte Thema "Burn-out" trägt nicht zum Schenkelklopfen oder Totlachen bei. Alle, die jemals einen echten Burnout erlebt haben, würden Brix wahrscheinlich gerne etwas auf sein kabarettistisches Maul geben. Doch solange Burnout als modische Krankheit der vermeintlich besonders Fleißigen oder Erfolgreichen gilt, geht der Programmtitel "Mit Vollgas zum Burnout" in Ordnung.

Niemand würde sein Programm "Mit Vollgas zum Krebs" benennen, weil man damit eben keine Späße macht. Doch heute ist es chic, neben dem Tennistermin auch einen Termin beim Therapeuten zu haben. "Schön, dass Sie Zeit für Therapie haben", sagt Brix und präsentiert sich als Person, die eigentlich schon voll im Burnout steckt. Getrieben, gestresst, genervt, immer auf der Suche nach Zeit und ständig gestört durch Anrufe eines blöden Mitarbeiters, der den Umgang mit dem Computer nicht versteht.

Die ausgerechneten 1,24 Pinkelpausen pro Tag reichen nicht aus. "Ich disponiere schlecht, deshalb schiff' ich mich an", lautet das Ergebnis. Brix gesteht, dass er durch die Bauchatmung massiv zugenommen hat. Und auch weitere Therapieansätze, wie fünf Minuten nicht reden, bringen ihn zum Wahnsinn. Urkomische Szenen und bitterböse Erkenntnisse wechseln sich ab. "Mein Leben soll ein riesiger Werbeblock sein, und dann will ich umfallen." Und dann? "Dann gibt es nicht." Glaube gibt es für ihn nicht. "Ich glaube an die Tabs in der Spülmaschine. Das überzeugt mich", so sein Fazit. Und nach einem nervösen Kratzen und Zucken heißt es: "Rotz abwischen und Vollgas."

Ein Abend mit Werner Brix ist keine leichte Kost, aber Spitzen-Kabarett. Mit dem Österreicher hat Achim Stollberg von der Katt etwas ganz Feines ausgegraben. "Er war mir völlig unbekannt, und er ist toll", sagt Besucher Frank Hermes. "Ich habe gelesen, dass er von Jochen Malmsheimer empfohlen wurde. Das war ein guter Tipp." Möglicherweise ist das "Kabarett-Kunst" oder "Kabarett-Theater", und vielleicht ist Brix zu gut für einen ganz großen Erfolg. Aber genau das unterscheidet ihn so angenehm von den sogenannten Großen. Auszeichnungen und Preise sind ja nicht immer ein Garant für einen guten Kabarett-Abend, aber dieses Solostück mit den gebotenen schauspielerischen Qualitäten muss die Empfehlung erhalten: "Unbedingt hingehen!"

(RP)
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