Die älteste Glocke in Wermelskirchen "Kathrinchen" und das junge Trio

Wermelskirchen · Am Turm der Wermelskirchener Stadtkirche hängt die älteste Glocke der Stadt. Sie könnte rund 800 Jahre alt sein und schlägt zu jeder vollen Stunde.

 Klingendes Trio - drei Glocken hängen hoch oben im Turm der evangelischen Stadtkirche: Morgen werden sie wieder läuten.

Klingendes Trio - drei Glocken hängen hoch oben im Turm der evangelischen Stadtkirche: Morgen werden sie wieder läuten.

Foto: Lubinetzki

Wer zur vollen Stunde am Fuße der Stadtkirche steht, der hört ihr hellen, fröhlichen Klang. Und wer genau hinsieht, entdeckt sie, in luftiger Höhe am Turm. "Katharina" ist die älteste der Glocke der Stadt. Manchmal wird die alte Dame liebevoll "Kathrinchen" genannt. Sie sagte den Menschen schon im Mittelalter die Zeit an. Wer ihr allerdings einen Besuch abstatten will, der gerät an seine Grenzen.

Der Aufstieg beginnt am Fuße des Kirchturms - um punkt 10 Uhr. Gerade schallen die hellen Klänge der kleinen Glocke über den Kirchhof. Die ersten Stufen im Turm sind flach und ein bisschen durchgetreten und sie enden in dem ältesten Raum der Stadt: in der Michaelskapelle. 2002 entschied sich die evangelische Kirchengemeinde, den geschichtsträchtigen Raum im Turm wieder herzurichten. Er wurde weiß gekalkt und wird seit dem für das Taizégebet und manchmal auch für Taufen genutzt. Von dort aus geht es weiter Richtung Turmspitze.

Unterwegs erlaubt sich ein Blick auf den aufgeräumtesten Dachboden der Stadt - der gleich über dem Kirchenschiff auch den Blick auf architektonische Zeugen der Vergangenheit frei gibt. "Wir gehen davon aus, dass es diese Zwischendecke nicht immer gab", sagt Pfarrer Dr. Volker Lubinetzki, der immer mal wieder Besuchergruppen durch die Kirche und auf den Turm führt. Und wer genau hinsieht, entdeckt altes Gemäuer, Spuren der Vergangenheit. Das gilt auch für die Jahrhunderte alten Balken, die den Glocken das freie Schwingen ermöglichen. "Der Glockenstuhl verhindert, dass die Vibrationen dem Mauerwerk schaden", erklärt der Pfarrer und klettert weiter die Stufen hinauf.

Nach rund 30 Metern Höhenunterschied öffnet sich dann der Blick auf drei große Glocken. Wenn am Ostermorgen mit Sonnenaufgang das Schweigen der Glocken endet, dann zeigen die Drei ihr Können. Dann läuten sie gemeinsam über den Dächern der Stadt, um von der Auferstehung zu erzählen. Es ist ein Festgeläut, das Gottesdiensten und Feiertagen vorbehalten ist. "Allerdings sind diese Glocken vergleichsweise jung", erklärt Pfarrer Lubinetzki und wirft einen Blick in eine Geschichte, die nicht an persönlichen Schicksalen und spannenden Kriminalfällen spart.

Als der Turm nämlich im 12. Jahrhundert gebaut wurde, da nahm die Stundenglocke ihren Platz ein. Rund 300 Jahre später spendierte der damals noch katholische Pfarrer seiner Gemeinde zwei schmucke Bronzeglocken, die künftig zum Gottesdienst einladen sollten. Nun waren sie also zu dritt. Wenige Jahre später allerdings begann die Reformation. Immer mehr Gemeindeglieder wurden evangelisch, die Katholiken verloren ihre stattliche Gottesdienststätte, die Glocken aber blieben hängen. Als sie 1924 außer Dienst gestellt wurden, weil sie nicht mehr harmonisch zusammen klangen, bekamen sie einen besonderen Platz als Museumsgut auf Schloß Burg.

"In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges verschwanden sie spurlos und tauchten nie wieder auf", erzählt der Pfarrer. In der Stadtkirche hingen da bereits drei neue, deutlich billigere Stahlglocken. Als die in den 1970er-Jahren Risse zeigten, investierte die Gemeinde, holte die Stahlglocken vom Turm, stellte sie in den Kirchhof und hievte drei neue Bronzeglocken in den Turm. "Dafür wurde das Mauerwerk geöffnet", erzählt Pfarrer Lubinetzki und deutet auf die Spuren an der Wand. Auf den Glocken sind die drei ersten Bitten des "Vaterunsers" verewigt. Sie wurden auf die Töne ihrer Vorgänger gestimmt.

Dann geht es ein paar Stufen weiter bis in die erste hölzerne Zwiebel des Turms - und hier ist Schluss. Weiter dürfen nur Experten. Die älteste Glocke der Stadt allerdings hängt noch rund zehn Meter höher an der Außenseite der Kirche. Der kleine Motor, der sie antreibt und das Seil, das weiter den Turm hinaufführt, sind hier aber zu finden. Und hier erzählt der Pfarrer dann auch von der alten Innschrift, die seit 800 Jahren den Glockenrand ziert: "Wenn ich angeschlagen werde, sage ich, Katharina, des Ewigen Zeit an." Das erledigt sie seitdem verlässlich.

(resa)
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