Wermelskirchen Integration durch gemeinsame Radtouren

Wermelskirchen · Verschiedene ehrenamtliche Helfer engagieren sich als Radfahrpaten für Flüchtlinge in Wermelskirchen. Gemeinsam fahren sie mit ihnen durch die Stadt und erläutern ihnen die Verkehrsregeln.

 Stefan Picard (vorne) engagiert sich als Radfahrpate für Flüchtlinge in Wermelskirchen, fährt mit ihnen durch die Stadt und erläutert ihnen die Verkehrsregeln.

Stefan Picard (vorne) engagiert sich als Radfahrpate für Flüchtlinge in Wermelskirchen, fährt mit ihnen durch die Stadt und erläutert ihnen die Verkehrsregeln.

Foto: Michael Schütz

Kein nach Deutschland geflüchteter Mensch muss auf dem Fahrrad das Lied "Jo, mir san mit'm Radl do" singen können. Unsere hiesigen Verkehrsregeln und unseren Verkehr sollten sie aber sehr wohl zur Sicherheit aller beherrschen. Dafür setzt sich in Wermelskirchen ein Netzwerk von Aktiven aus der Flüchtlingsinitiative "Willkommen in Wermelskirchen" (WkiWk), dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), der "Tafel" sowie weiteren Freiwilligen ein. Nach dem Motto "Wer A sagt, muss auch B sagen" schenken sie den interessierten Flüchtlingen nicht nur für den Verkehr fitgemachte, gespendete Drahtesel, sondern sie geben Verkehrsunterricht (BM berichtete) und üben praktisch im Wermelskirchener Straßenverkehr.

Das Knüpfen von Kontakten untereinander sowie das gegenseitige Kennenlernen und Erfahren verschiedener Mentalitäten ist dabei ein gewünschter, positiver Nebeneffekt - so wird das Radfahrtraining zu einem Teil der in Wermelskirchen gelebten Integration. Das bestätigen Stefan Picard (43) und Günter Bansen (53) vom Wermelskirchener ADFC im Gespräch mit unserer Redaktion. "Ausgangspunkt ist natürlich, dass wir den geflüchteten Menschen etwas individuelle Mobilität verschaffen wollen." Mit seinen Schulungen und seinem Unterricht an den internationalen Klassen an Sekundarschule und Berufskolleg sei Frank Schopphoff vor Ort der Hauptinitiator der Aktivitäten, erzählt Picard, der sowohl im ADFC aktiver Fahrradfan ist, als auch freiwilliger Helfer in der Flüchtlingsinitiative bei den Transporten von gespendeten Möbeln für Flüchtlinge ist: "So schließen sich Kreise und es greift eins ins andere, um den Integrationsprozess zu fördern", sagt er.

Gemeinsam mit den aus Syrien Geflüchteten Khalik Muhammad (33) und Mahmoud Ibrahim (53) sowie Khalaf Ibrahim (23, aus dem Irak) machten sich Picard und Bansen jüngst zu einer kleinen Radtour auf: Es ging durch die Innenstadt sowie über die Schleife der Burger Straße. Bewusst wählen die Radfahrpaten dabei Routen mit nützlichen Punkten, etwa die Volkshochschule oder das Jobcenter, aus - Einrichtungen, die Flüchtlinge regelmäßig erreichen müssen.

"Die Drei sind schon sehr gut unterwegs", kommentiert Günter Bansen mit Blick auf die drei Schützlinge. Erkenntnisse der ersten gemeinsamen Radtouren: Das Radfahren als solches beherrschen die geflüchteten Menschen durchaus, ebenso die gängigsten Verkehrsregeln. Bansen: "Wer aus der Großstadt Aleppo stammt, für den ist Wermelskirchen mit dem hiesigen Verkehr ein Dorf." Es gehe aber um die Feinheiten - um Schulterblick und Handzeichen, darum, dass ein Helm sinnvoll ist und dass man auf der Dellmannstraße (B51) nicht mit dem Fahrrad unterwegs sein darf, aber dort, wo ein Radweg ausgewiesen ist, darauf auch radeln muss. "Es gibt viel Verkehr, jedoch wenig Radwege in Wermelskirchen", betont Stefan Picard. Und Michael Lichtenberg, der ebenfalls von Zeit zu Zeit als Helfer und Pate mit dem Fahrrad unterwegs ist, stellt fest: "Die Autofahrer nehmen heute mehr Rücksicht auf Fahrradfahrer als vor zehn Jahren. Aber vom Fahrrad ist die Perspektive auf das Geschehen und auf Schilder eben eine andere, wofür ein Gespür entwickelt werden muss."

Die Verständigung funktioniert übrigens mit Gesten und in einem Mix aus gebrochenem Deutsch und Englisch. Obendrein hat der ADFC mehrsprachige Broschüren und Infoblätter aufgelegt. Khalik Muhammad sieht zum Verkehr in Syrien keine großen Unterschiede: "Es ist nahezu das Gleiche", findet er. Über das Engagement ihrer Paten in Wermelskirchen freuen sich Khalik, Mahmoud und Khalaf in jedem Fall, sie fühlen sich auf dem Fahrrad sicher: "Wir fahren mittlerweile schon alleine, wir haben keine Angst!"

(sng)
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