Die Geschichte der Nicole Jäger "Ich bin die große, fette, blonde Frau"

Wermelskirchen · Nicole Jäger hat über 170 Kilogramm abgenommen. In der Kulturfabrik Katt blickt sie auf die Zeit des Abnehmens zurück – ehrlich und mit reichlich Humor.

 Nicole Jäger hat früher mehr als 300 Kilogramm gewogen. Ihr Wunschgewicht sind 99 Kilogramm. In der Katt wirft sie einen schonungslosen wie auch komischen Blick auf die Zeit ihrer Gewichtsabnahme.

Nicole Jäger hat früher mehr als 300 Kilogramm gewogen. Ihr Wunschgewicht sind 99 Kilogramm. In der Katt wirft sie einen schonungslosen wie auch komischen Blick auf die Zeit ihrer Gewichtsabnahme.

Foto: Jäger

Nicole Jäger hat über 170 Kilogramm abgenommen. In der Kulturfabrik Katt blickt sie auf die Zeit des Abnehmens zurück — ehrlich und mit reichlich Humor.

Frau Jäger, Sie treten am 7. Dezember in der Kattwinkelschen Fabrik mit Ihrem Programm "Ich darf das, ich bin selber dick" auf. Was dürfen Sie denn?

Jäger Zunächst einmal über das Übergewichtigsein sprechen. Und über die Wahrnehmung von Diäten und den ganzen Quatsch, den Wahnsinn und über die gesellschaftlichen Aspekte, die damit verbunden sind.

Nach Ihrer Pressemitteilung wiegen Sie derzeit 170 Kilo?

Jäger Nein, ich bin schon deutlich weiter drunter. Und ich nehme weiter ab.

Angesichts Ihres Themas gestatten Sie mir ein Zitat aus der Bibel: Wuchern Sie mit Ihren Pfunden? Legen Sie sie also gewinnbringend an?

Jäger (lacht) Wenn Sie so wollen: Ja!

Wie bezeichnen Sie sich selbst? Als Komikerin, Komödiantin, Kabarettistin?

Jäger Als Kabarettistin. Ich bin über das Dicksein dazu gekommen.

Wie genau geschah das?

Jäger Es war eine Schnapsidee. Ich hatte das Buch "Die Fettlöserin" geschrieben. Ich bin Ernährungsberaterin, wir saßen bei mir in der Praxis und haben uns über Lesungen daraus unterhalten und dabei festgestellt: Das Buch gibt mehr her - wie kann man seinen Inhalt noch anders verpacken? Man spricht eigentlich immer über Übergewichtige, aber das, was dahintersteckt, nimmt man nicht wahr. Ich will auch darüber reden. Und da ich eigentlich eine Rampensau bin, kam die Idee mit dem Kabarettprogramm.

Steckt in Ihnen die Kabarettistin bereits von Kindesbeinen an?

Jäger Die Hoffnung stirbt zuletzt und davor kommt der Humor. Jede dramatische Situation hat sehr, sehr viele komische Anteile. Die will ich bringen. Die Sache ist auch witzig. Sie hat unglaublich komische Aspekte. Natürlich gibt's auch traurige und sogar tragische Seiten. Ich finde, man kann Komisches und Trauriges aufzeigen - das mache ich total gerne. Ich benutze meinen Humor als Schwerpunkt. Humor ist für mich die schönste Art, die Wahrheit zu sagen. Und ich sage die Wahrheit, auch wenn sie manchmal unschön ist. Ich öffne mich total und ich bin dann auch angreifbar. Aber das ist die Absicht. Und ich sage selber: Ich bin die große, fette, blonde Frau.

Wen sehen Sie denn in Ihrem Programm am liebsten? Dicke, Dünne, Normalgewichtige?

Jäger Jeden, der einen Körper hat. Es geht nicht um Über- und Untergewichtige. Es geht um Körperlichkeit. Es kommen viele Frauen, aber es sind auch reichlich Männer vorhanden. Es geht darum, ganz offen über eine Thematik zu sprechen, die für viele tabu ist. Jeder, der denkt: "Ich möchte gerne anders sein", fühlt sich bei mir angesprochen.

Gibt es derzeit immer mehr Übergewichtige als vor 20 oder 30 Jahren oder täuscht dieser Eindruck?

Jäger Das belegen die Zahlen. Es gibt definitiv mehr Übergewichtige.

Und woran liegt das?

Jäger An ganz vielen unterschiedlichen Faktoren. Zum einen gibt es einfach nicht von vornherein den Parademenschen. Zum anderen existieren viele Missstände im Bereich der Aufklärung über Ernährung: Es fehlt zum Beispiel an Wissen über richtige Stresskompensation. Wir trinken oder essen es weg. Wir kümmern uns zu wenig um uns. Und darüber werden Menschen magersüchtig oder übergewichtig.

Sie sprechen also nicht nur über Übergewichtige, sondern auch über Magersüchtige?

Jäger Ja, das gehört zur Körperlichkeit und Ernährung natürlich dazu.

Geben Sie auch praktische Tipps?

Jäger Nicht auf der Bühne - es ist kein Ratgeber-Abend.

Reden Sie auch über eventuelle Vorteile des Dickseins?

Jäger Nein, genau davon will ich ja weg. Die Frage "Was ist besser - schlank oder übergewichtig?" ist Blödsinn. Die Frage ist: Wie geht es Ihnen? Jemand ist erst dann problematisch über- oder untergewichtig, wenn es für ihn ein Problem ist. Das können 100 Kilo oder auch ein Kilo zu viel sein. Bei Untergewichtigen ist es genau das Gleiche. Die Frage ist: Wie fühlt man sich? Sobald man unglücklich mit seinem Gewicht ist, hat man ein Problem. Dieser Einstellung trete ich entgegen.

Wie viele Pfunde wollen Sie noch loswerden?

Jäger Ich würde gerne auf 125 Kilo runter. Und wenn ich dann noch Lust habe, dann am liebsten auf 99 Kilo. Ich kenne meinen Ehrgeiz.

Haben Sie keine Angst, dass Ihnen dann Ihre Zielgruppe flöten geht?

Jäger Nein, bei diesem Gewicht bestimmt nicht.

Werden die Besucher, die über ihr Gewicht unglücklich sind, nach Ihrem Auftritt mit einem besseren Gefühl nach Hause gehen?

Jäger Klar, auf jeden Fall. Sie werden sich nach zwei, drei Wochen nicht mehr daran erinnern, was ich gesagt oder getan habe. Aber das Gefühl, das sie hatten, daran werden sie sich erinnern. Und ich hoffe, dass sie sehr viel Spaß haben und herzlich lachen werden. Und sie haben die Gewissheit, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine sind.

BERND GEISLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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