Wermelskirchen Hirnforscher in altem Klassenzimmer

Wermelskirchen · Bevor Prof. Dr. Ingo Bojak als Physiker Karriere machte und sich schließlich der Wissenschaft in Großbritannien widmete, drückte er am Gymnasium in Wermelskirchen die Schulbank. Gestern kehrte er zurück.

 Prof. Dr. Ingo Bojak hat vor 28 Jahren sein Abitur in Wermelskirchen gemacht. Gestern kehrte er im Rahmen der Jubiläumsvortragsreihe an seine ehemalige Schülerwirkungsstätte zurück.

Prof. Dr. Ingo Bojak hat vor 28 Jahren sein Abitur in Wermelskirchen gemacht. Gestern kehrte er im Rahmen der Jubiläumsvortragsreihe an seine ehemalige Schülerwirkungsstätte zurück.

Foto: Theresa Demski

"Dort habe ich gesessen. In genau diesem Raum." Prof. Dr. Ingo Bojak lässt seinen Blick durch die Schülerreihen wandern und zeigt auf einen Platz in der ersten Reihe. Vor 28 Jahren büffelte er als Schüler am Wermelskirchener Gymnasium für das Abitur. Physik, Mathe, Chemie. Die Fächer fielen ihm leicht. Das geht dem ein oder anderen Schüler der aktuellen Oberstufe genauso. Und deswegen haben sie sich auf die Begegnung mit dem Wissenschaftler gefreut. 28 Jahre nach seinen Abschlussprüfungen kehrt Bojak im Jubiläumsjahr des Gymnasiums zurück an seine alte Schule - für spannende Begegnungen und einen Vortrag.

Im Gepäck hat er nicht nur zwei akademische Titel, sondern auch unzählige Berichte aus seinem Leben als Wissenschaftler. Und er nimmt sich Zeit - für einen Biokursus, dann für die Oberstufenschüler des Physikkurses. Er erzählt von seiner Entscheidung, an der Technischen Universität Dortmund Physik zu studieren. Sein Talent für die Mathematik mischte sich mit dem Wunsch, die Naturwissenschaft unter die Lupe zu nehmen: Die Kombination von beidem brachte ihn zur Physik.

Die TU Dortmund hatte 1990 gerade das erste Spiegel-Ranking gewonnen. Mit 300 statt 90 Kommilitonen kämpfte er um Seminar- und Praktikaplätze. "Und jeder wollte ein Einstein werden", sagt Ingo Bojak und lacht. Tatsächliche landete der Wermelskirchener bei der Teilchentheorie. Worüber er seine Doktorarbeit geschrieben habe, fragt eine Schülerin gestern im Gymnasium. Und Bojak beginnt Neuronen und Quarks an die Tafel zu zeichnen, berichtet von Explosionen und wichtigen Ergebnissen. Die Schüler bekommen eine Ahnung. Davon, wie der wissenschaftliche Betrieb aussieht und auch wie schwer es ist, eine feste Anstellung als Physiker zu bekommen.

Ingo Bojak schlug schließlich einen ungewöhnlichen Weg ein - Richtung Hirnforschung. Er arbeitete an der Uni in Melbourne und kam schließlich nach Großbritannien, wo er heute forscht und lehrt. "Wisst ihr, was ein Neuron ist?", fragt er in die Runde der interessierten Schüler. Und tatsächlich meldet sich eine junge Frau in der ersten Reihe, berichtet über Nervenzellen, Synapsen und Vorgänge im Gehirn. Bojak staunt und erzählt von seinen aktuellen Forschungen: Was löst ein Schnipsgeräusch im menschlichen Gehirn aus? Warum? Und was bedeutet das für andere Vorgänge?

Ein halbes Jahr widme er sich ungefähr einer solchen Fragestellung, bevor er sich an das nächste Thema mache. "In der Schule bekommt ihr die Fragen gestellt und sucht nach Antworten", erklärt er den Schülern, "später ist es dann die größte Herausforderung, die richtige Frage zu stellen." Darin ist Bojak inzwischen ein Meister. Es sei ihm entgegengekommen, dass die Neurowissenschaften aktuell boomen, berichtet er den Schülern und macht ihnen Mut für die Wissenschaft.

Am Abend hält er im Gymnasium schließlich einen Vortrag unter dem Titel "Die Gedanken sind ... berechenbar". Eigentlich will er soweit gar nicht gehen. Vielmehr erkennt er die Grenzen an, wenn es um die Erforschung des Gehirns geht. "Wahrscheinlich wundern sich die Experten vor 100 Jahren über unsere Erklärungen", sagt er, "aber die Beobachtungen, die wir gemacht haben, die bleiben."

Einige der Schüler sind am Abend auch bei dem Vortrag im Pädagogischen Zentrum dabei. Sie sind auf den Geschmack gekommen und wollen genauer wissen, was im Gehirn passiert? Warum es 25 Prozent der menschlichen Energie frisst. Was es mit der Alphaaktivität auf sich hat. Und wie bei einem gründlichen Blick auf das Gehirn Demenz, Drogenkonsum oder Diabetes sichtbar werden.

(resa)
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