Wermelskirchen Helfen, bevor es zu spät ist

Wermelskirchen · Die Schuldnerberatung in Wermelskirchen berät Menschen schon vor einer drohenden Überschuldung. Der Kreis will eigentlich nur Schuldner beraten.

Soll Menschen erst geholfen werden, wenn sie verschuldet sind und nicht mehr ein noch aus wissen? Oder sollte eine Beratung erfolgen, wenn eine Überschuldung, ja sogar Insolvenz droht? Im Rathaus herrschte bislang die Prämisse, Menschen an der Schwelle zu beraten. "Prävention war uns immer wichtig und wird es auch sein", sagte der inzwischen aus dem Dienst ausgeschiedene Sozialdezernent Jürgen Graef. So lehnt man im Rathaus den vom Kreis gewünschten Wettbewerb der Schuldnerberatungen ab. Denn der Kreis will nur Schuldner beraten - also nicht präventiv arbeiten.

Dennoch ist das sogenannte Interessenbekundungsverfahren eingeleitet worden, an dem für die Stadt die AWo Rhein-Oberberg, die in Wermelskirchen die Schuldnerberatung durchführt, auftritt. Hier soll der Wert der Fachleistungsstunde ermittelt werden; der Rheinisch-Bergische Kreis will hier den Wettbewerb, damit die Kosten sinken. Über Inhalte wird da nicht gesprochen.

Die Wermelskirchener, so wurde in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses deutlich, wollen da so nicht mitmachen. Sie werden gegen das Verfahren nicht vorgehen, wollen aber auch künftig gemeinsam mit der AWo-Schuldnerberatung den bisher eingeschlagenen Weg fortsetzen. Graef: "Unsere Form der Beratung hilft Schwachen in schwierigen Situationen. Die Leute bekommen dank der beiden Schuldner- und Insolvenzberaterinnen Jutta Paulig und Konstanze Hempel eine Perspektive geboten, rutschen nicht ab. Das war und bleibt unser Anliegen", sagte Graef vor den Ausschussmitgliedern. Denn: Durch dieses Handeln werden Kosten zu Lasten der Allgemeinheit nicht nur kurzfristig gesenkt, sondern langfristig vermieden.

Seit über 20 Jahren, berichtete Graef, arbeite man erfolgreich mit der AWo Rhein-Oberberg zusammen. Davor mit der AWo-Remscheid. Bisher sei es nie ein Thema gewesen, hier einen Wettbewerb einzuführen. Bis sich Ende 2015 die Stadt Leichlingen aus der Schuldnerberatung zurückgezogen und die Aufgabe an den Kreis zurückgegeben habe. Die stellte dann das komplette Beratungsangebot auf den Prüfstand, suchte nach Möglichkeiten, im Rahmen des Wettbewerbes neue Träger zu finden, dies es preiswerter anbieten. Ob besser, war da nie die Frage.

Im Herbst, so die Einschätzung Graefs, werde es zur Diskussion mit dem Kreis kommen. Die Stadtverwaltung sei bestrebt, die bisherige Zusammenarbeit im gleichen Umfang fortzusetzen. Das soll schnellstens schriftlich festgehalten werden. Der Ausschuss gab der Verwaltung mit Mehrheit (bei Enthaltung AfD) den Auftrag, ein Konzept zu erstellen, das heutige Angebot der Schuldnerberatung über den 1. Januar 2018 sicherzustellen.

Heute stellt die AWo der Stadt sämtliche Kosten in Rechnung; im Rathaus wird dann quasi der Zuschuss des Kreises gegengerechnet. Im Schnitt berät das Defizit 30.000 Euro für 50 Fälle im Jahr. Die Tendenz der Fälle ist dabei eher steigend, hieß es in der Sitzung. Bezahlt wird das Defizit entweder aus dem Haushalt oder aus einer Stiftung der Stadtsparkasse. Zukünftig muss sich wohl die Schuldnerberatung selbst um Einnahmen kümmern - deshalb soll auch ein Vertrag mit der Stadt geschlossen werden. Auch um die Stiftungszuschüsse müsste sich die AWo dann selbst kümmern.

(RP)
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