Wermelskirchen Heinz Becker hält Kleinbürgern den Spiegel vor

Wermelskirchen · Heinz Becker, alias Gerd Dudenhöffer, überzeugt sein Publikum in der Katt mit den eher leisen Tönen. Dabei ist er aber kein Stück weniger bissig.

In einer Zeit, in der das Pöbeln allerorten en vogue ist und in der auch Kabarettisten und Comedians gleichermaßen eher durch Lautstärke denn durch Inhalte zu punkten versuchen, da tut einer wie Heinz Becker, die Kunstfigur des Kabarettisten Gerd Dudenhöffer, richtig gut. Ruhig sitzt er da auf der Bühne im kleinen Saal der Kattwinkelschen Fabrik. Er hat den vollen Saal vor sich, ist in ein kariertes Hemd gewandet, trägt Hosenträger, hat eine Schiebermütze, die sogenannte "Batschkapp", auf dem Kopf. Neben seinem Stuhl steht eine selten benutzte, Bierflasche. Mehr Dekoration, Bühnenaction und Accessoires braucht Becker nicht. Gut, sein saarländischer Dialekt geht in hiesigen Breitengraden natürlich auch als Gimmick durch, unterstreicht aber die Lakonie eines Heinz Becker nur noch mehr.

"Vita. Chronik eines Stillstandes" - so heißt Dudenhöffers aktuelles Programm, mit dem er einmal mehr sehr viel und gleichzeitig gar nichts ankündigt. Aber das ist ja ein Markenzeichen, das Dudenhöffer mit seiner Kunstfigur schon seit über 35 Jahren konsequent durchzieht und kultiviert hat.

Und so geht es auch durch das Programm. Heinz Becker schwadroniert drauf los, erzählt in typisch kleinbürgerlich-kleingeistigem Habitus über Dinge, von denen er mal gehört hat und die er natürlich völlig indiskutabel - oder, im Gegenzug, völlig richtig - findet.

Damit hält er dem kleingeistigen Kleinbürger den Spiegel vor, lässt aber alle andern auch kräftig schlucken. Denn von Sätzen eines Kalibers wie "Halt dich aus allem raus, dann kann dich auch keiner in was reinziehen" können sich wohl nur die wenigsten Menschen freisprechen.

Und wenn er einen platten Stammtisch-Witz zitiert, dann lacht man mit, pikiert zwar, aber immerhin: "Was ist eine Scheidung? - Vernünftig!". Deutlich, woher so etwas kommt, wird auch schnell. Wieder geht es um Scheidungen. Diesmal die seines Onkels Bernhard und seiner Tante Maria: "Als die Tante einige Jahre später an Krebs gestorben ist, hat es geheißen: Ja, da hat sich der liebe Gott bestimmt was dabei gedacht." Auf der anderen Seite nickt man auch als vermeintlich aufgeklärter und weltoffener Mitmensch kräftig, wenn Beckers Heinz, der, wenn es nach Mutter Becker gegangen wäre, eigentlich ja Willi hätte heißen sollen ("Und wer weiß, wie es mir dann ergangen wäre!"), Bonmots raushaut wie: "Mir ist ein scheinheiliger Frieden allemal lieber als ein heiliger Krieg."

Uneingeschränkte Unterstützung bekommt er, als er sagt: "Mit der AfD ist es wie mit einer Unterhose. Wenn man die nicht von Anfang an gründlich reinigt, bekommt man das Braune nicht mehr raus." Und da wird er einem richtig sympathisch, der lakonische Schwadroneur, der anscheinend wohl doch nicht ganz nach des eigenen Vaters Regel lebt: "Die Realität ist in der Wirklichkeit oft eine Illusion." Am Ende verlässt man die Katt leicht schaudernd - so ganz lässt es sich aber nicht zuordnen, ob wohlig oder doch eher angewidert. Ach, wie einfach wäre es da doch, wäre Heinz Becker auch nur ein weiterer Pöbler.

(RP)
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