Rabea Karthoff Fünf Milliliter Blut können morgen Menschenleben retten

Wermelskirchen · Zehn Fragen an Rabea Karthoff, die bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) zuständig ist für die Spenderneugewinnung.

Wer kommt als Spender in Frage, wer nicht?

Rabea Karthoff Grundsätzlich kommt jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren, der mindestens 50 Kilogramm wiegt, als Spender in Frage. Ausschlussgründe sind beispielsweise schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Erkrankungen wie beispielsweise Rheuma, fast alle Krebserkrankungen, Hepatitis B, C oder D.

Wie läuft die Registrierung am Aktionstag ab?

Karthoff Nach dem Ausfüllen einer Einverständniserklärung werden dem Spender fünf Milliliter Blut aus der Armvene entnommen. Damit ist der erste Schritt getan, um einem Menschen das Leben retten zu können.

Wonach wird die Blutprobe untersucht?

Karthoff Im Labor werden die Gewebemerkmale des Blutes bestimmt. Die Blutgruppe spielt hier keine wesentliche Rolle. Die Befunde werden anonymisiert an das Zentrale Knochenmarkspender Register (ZKRD) in Ulm weitergeleitet, wo sie für Patientenanfragen aus dem In- und Ausland zur Verfügung stehen.

Die Aufnahme in die DKMS kostet 50 Euro. Wofür wird das Geld benötigt?

Karthoff Die Bestimmung der Gewebemerkmale ist eine sehr aufwendige und damit teure Laboruntersuchung, so dass der DKMS für jede Neuaufnahme inklusive Typisierung, Material, Logistik und Personal Kosten in Höhe von 50 Euro entstehen. Die Krankenkassen übernehmen diese Kosten nicht. Jeder Euro, der an die DKMS gespendet wird, trägt dazu bei, die Überlebenschancen für Patienten zu verbessern.

Wann kommt man als Stammzellenspender in Frage?

Karthoff Die Gewebemerkmale von Patient und Spender müssen nahezu hundertprozentig übereinstimmen, damit eine Transplantation erfolgreich durchgeführt werden kann. Anders als bei den verschiedenen Blutgruppen, ist die Übereinstimmung der Gewebemerkmale zweier Menschen allerdings äußerst selten. Deshalb ist es sehr wichtig, dass so viele Menschen wie möglich als potenzielle Stammzellspender registriert sind, denn nur so können "genetische Zwillinge" auch tatsächlich gefunden werden.

Wie groß ist die Chance, einen passenden Spender zu finden?

Karthoff Bei häufigen Merkmalskombinationen kann ein Spender unter 20 000 gefunden werden.

Was geschieht mit den Blutproben, die abgegeben werden?

Karthoff Alle Blutproben werden sofort nach der Aktion ins Labor gebracht und analysiert. Entscheidend für eine erfolgreiche Übertragung der Stammzellen ist die Übereinstimmung von mindestens acht Gewebemerkmalen zwischen Patient und Spender. In unserem Labor werden bei allen neu aufgenommenen Spendern zwölf Gewebemerkmale bestimmt. Durch die hochauflösende Typisierung wird der Spendersuchlauf verkürzt.

Gesetzt den Fall, die HLA-Merkmale eines Spenders stimmen mit denen eines Patienten überein. Was geschieht danach?

Karthoff Kommt man als Spender für einen Patienten in Frage, kommt es zu einer Bestätigungstypisierung. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich der potenzielle Spender endgültig entscheiden muss, ob er für den Patienten zur Verfügung stehen will. Wenn er zustimmt, wird bei ihm ein gründlicher Gesundheits- Check-up durchgeführt. Die bloße Registrierung bei der DKMS beinhaltet zunächst nicht die bindende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Stammzellspende. Denn oft kommt es erst nach Jahren zu einer Anfrage für eine Stammzellspende und in dieser Zeit können im Leben eines Spenders Umstände (z.B. Krankheiten) eingetreten sein, die eine Stammzellspende unmöglich machen.

Was passiert bei einer Knochenmark- oder Stammzellentnahme?

Karthoff Es gibt zwei verschiedene Entnahmeverfahren: Die wesentlich häufigere Methode (80 Prozent) ist die periphere Stammzellentnahme: Dem Spender wird über mehrere Tage ein Medikament verabreicht, das die Produktion der Stammzellen im Knochenmark anregt und diese in die Blutbahn ausschwemmt. Nach dieser Vorbehandlung werden die Stammzellen über ein spezielles Verfahren aus dem Blut gesammelt. Seltener ist die Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm. Es bildet sich nach zwei Wochen vollständig nach.

Welche Risiken gibt es bei der Stammzellentnahme?

Karthoff Bei der Knochenmarkentnahme besteht für ein paar Tage ein lokaler Wundschmerz. Das Risiko beschränkt sich auf das übliche Narkoserisiko. Bei der peripheren Stammzellspende können während der Vorbereitungsphase grippeähnliche Symptome auftreten. Langzeitnebenwirkungen sind nach heutigem Forschungsstand nicht bekannt.

(RP)
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