Wermelskirchen Flüchtling will Bankkaufmann werden

Wermelskirchen · Der 29-jährige Younes Radwan aus Syrien absolviert zurzeit in der Geschäftsstelle der Stadtsparkasse am Rathaus ein dreiwöchiges Praktikum. Es soll nicht bei einem Hineinschnuppern bleiben, sondern eine dauerhafte Bindung geben.

 Younes Radwan zeigt viel Einsatz, besucht Deutsch-Integrationskurse und den privaten Sprachunterricht der Flüchtlingsinitiative.

Younes Radwan zeigt viel Einsatz, besucht Deutsch-Integrationskurse und den privaten Sprachunterricht der Flüchtlingsinitiative.

Foto: jürgen moll

Wenn nach Deutschland geflüchtete Menschen einen Zugang zum Arbeitsmarkt finden sollen, ist das ein Prozess. Es bedarf mit- und nachdenkender Unternehmen, einer gehörigen Portion persönlichen Engagements und den Mut, einen Weg einzuschlagen, bei dem das Ziel nicht genau festgelegt ist.

Ein Beispiel für einen ersten, ernsthaften Schritt geben zurzeit die Stadtsparkasse und Younes Radwan aus Syrien. Der 29-jährige Flüchtling absolviert in der Geschäftsstelle am Rathaus ein dreiwöchiges Praktikum. Es soll nicht bei einem Hineinschnuppern bleiben, sondern eine dauerhafte Bindung geben. "Natürlich ist die Sprachbarriere die größte Hürde. Bislang klappt es aber gut. Wir haben von Anfang an den Hintergedanken, dass sich für Younes Radwan eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Bankkaufmann anschließen könnte. Das wird zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich schwierig angesichts der Sprache. Vielleicht müssen wir da etwas warten", sagt Personalchefin Angelika Martelock. "Ich finde es enorm, wie gut Younes Radwan, der seit August vergangenen Jahres in Deutschland ist, inzwischen Deutsch gelernt hat", lobt sie den Flüchtling.

Der gesteht, dass es eine Menge Arbeit bedeutet, Deutsch zu lernen, aber: "Arabisch ist von der Grammatik ähnlich schwer wie Deutsch." Radwan zeigt Einsatz, besucht die vom Arbeitsamt verpflichtenden Deutsch-Integrationskurse und freiwillig den privaten Sprachunterricht der Flüchtlingsinitiative "Willkommen in Wermelskirchen" (WkiWk). Als studierter Jurist aus Syrien verfügt Radwan über einen hohen Bildungsstand. Er weiß jedoch, dass eine Vergleichbarkeit mit Deutschland schwierig ist. "Hier funktioniert das Zivilrecht, in Syrien beeinflusst die Religion die islamisch geprägte Rechtsprechung. Für eine Anwaltslaufbahn müsste ich in Deutschland neu studieren. Ich würde gerne eine Ausbildung bei der Stadtsparkasse beginnen", sagt Radwan zuversichtlich.

Den privaten Einsatz der Engagierten bei WkiWk lobt Angelika Martelock: "Marie-Louise Lichtenberg hat sich sehr für Younes Radwan eingesetzt. Wir sind seit Mai im Gespräch. Es musste viel geklärt werden, da wir auch sparkassenintern strenge Vorgaben haben. Selbstverständlich liegt eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung vor. Wir haben das natürlich mit dem Arbeitsamt abgestimmt."

Das Praktikum von Radwan bringt dem Kreditinstitut einen Nutzen. In der Filiale am Rathaus eröffnen viele Flüchtlinge ihr erstes Konto in Deutschland - nicht alle von ihnen sprechen Englisch. Gemeinsam mit Geschäftsstellenleiterin Stefanie Block stellt Angelika Martelock eine Entlastung im Alltag fest. "Die sprachlichen Schwierigkeiten haben den geschäftlichen Alltag verzögert. Da ist Younes Radwan jetzt als Dolmetscher eine große Hilfe." Und der freut sich über "seine" Kunden, die froh sind, in der Bank einen arabischsprechenden Kontaktpartner zu treffen. "Die strahlen richtig, wenn sie bemerken, dass sie hier einer versteht."

Die Personalchefin ist offen für die künftige Entwicklung. "Wir können uns jetzt noch auf nichts festlegen. Welche Konstellation sich ergibt, wird sich zeigen. Younes Radwan muss es ja auch gefallen."

(sng)
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