Wermelskirchen Eine kleine Kita im eigenen Haus

Wermelskirchen · Nadine Westenberger betreut an vier Tagen in der Woche mehrere Kleinkinder in ihren eigenen vier Wänden. "Mutter zu sein, ist der schönste Beruf der Welt. Tagesmutter zu sein, kommt dem sehr nahe", sagt die 37-jährige. Ein Besuch.

 Nadine Westenberger betreut an vier Tagen in der Woche Mia, Lena und Phileas (v.l.) in ihren eigenen vier Wänden in Dhünn. "Ich schaffe hier eine ruhige Atmosphäre", sagt die 37-jährige Tagesmutter.

Nadine Westenberger betreut an vier Tagen in der Woche Mia, Lena und Phileas (v.l.) in ihren eigenen vier Wänden in Dhünn. "Ich schaffe hier eine ruhige Atmosphäre", sagt die 37-jährige Tagesmutter.

Foto: Nico Hertgen

Der eineinhalb Jahre alte Phileas schafft es irgendwie, den Fernseher einzuschalten. "Wie hast du das denn jetzt gemacht? Bist du an den Knopf gekommen?", fragt Nadine Westenberger (37) und lacht. Eigentlich ist der Fernseher für ihre Familie nur Dekoration, in der Tagespflege allemal. Schnell wird er wieder ausgeschaltet. Für Phileas, Lena und Mia, die den Donnerstag bei ihrer Tagesmutter verbringen, ist das in Ordnung. Die Autostraße finden sie sowieso besser.

Nadine Westenberger passt seit einem Jahr auf "Dhünnsche Pänz" auf und wird für sie tagsüber zu einer zweiten Mama. Solange es noch keine Plätze in der Kindertagesstätte für sie gibt, kommen Mia, Lena und Phileas an vier Tagen in der Woche zu ihr in die Tagespflege. Dort gibt's das volle Programm: essen, spielen, basteln, schlafen. Die Tendenz bei den Eltern sei, die Kinder einfach bei der Tagesmutter größer werden zu lassen und gar nicht mehr in den Kindergarten zu schicken, hat Nadine Westenberger festgestellt. Sie wünscht sich, dass Tagesmutter zu sein auch mal als Beruf anerkannt wird.

In Wermelskirchen ist sie eine von zurzeit 21 "Zweit-Mamis". Zusammen betreuen sie 80 Kinder, jede von ihnen maximal fünf. Westenberger war 17 Jahre lang Erzieherin in einem Kindergarten, entschloss sich aber, in der Tagespflege weiterzuarbeiten, weil sie die Individualität der Kinder dort besser fördern kann. "Ich schaffe hier eine ruhige Atmosphäre. Unser Alltag ist familienähnlich, aber doch irgendwie anders." Um von ihren leiblichen Eltern loszukommen und tatsächlich einen ganzen Tag in der Tagespflege verbringen zu können, brauchen die Kinder, die meist zwischen einem und drei Jahre alt sind, unterschiedlich lange. "Manche brauchen drei Tage, manche acht Wochen", sagt Westenberger. Die Kinder dürfen wichtige Gegenstände, zum Beispiel geliebte Kuscheltiere, von daheim mitbringen. Zur Not hält Westenberger ein paar Fotos von Mama und Papa bereit, die gemeinsam angesehen werden.

Als Tagesmutter kommt die 37-Jährige einem Bildungsauftrag nach. Rituale seien auch bei den Kleinsten schon wichtig: Vor dem Essen werden die Hände gewaschen, anschließend essen alle gemeinsam. "Solche Grundstrukturen sind ausschlaggebend. Und man muss trotzdem auf jedes Kind individuell eingehen", sagt sie.

Tagesmutter oder -vater zu sein, liegt im Trend, teilt Silvia Dmitrijev vom städtischen Jugendamt mit. Eine Betreuung durch Großeltern oder Nachbarn gehöre fast der Vergangenheit an. "Früher hat man sich als Tagesmutter Geld dazuverdient und die Kinderbetreuung nebenbei erledigt. Der Anspruch an Tagesmütter, aber auch die Qualität ist gestiegen", sagt Nadine Westenberger.

Mit Mia, Lena und Phileas gestaltet sie den Alltag möglichst abwechslungsreich. Alle zwei bis drei Monate werden alle Spielsachen ausgetauscht, allzu viel Spielkram gibt es sowieso nicht. Damit möchte sie einer Reizüberflutung entgegenwirken. Oft suchen sich Eltern Tagesmütter aus, die in ähnlichen Strukturen wie sie selbst leben.

(RP)
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