Wermelskirchen Eine Frau mit zwei großen Aufgaben

Wermelskirchen · Cornelia Seng ist seit 18 Jahren Schulpfarrerin. Zudem engagiert sie sich in der Wermelskirchener Flüchtlingsinitiative.

Cornelia Seng wirkt in sich ruhend und gelassen. Die 61-Jährige ist seit 18 Jahren als Schulpfarrerin am Wermelskirchener Gymnasium tätig - und ehrenamtlich bei der Flüchtlingsinitiative "Willkommen in Wermelskirchen" aktiv. Zwei Aufgaben, die Kraft kosten, aber auch Befriedigung verschaffen. "Der Religionsunterricht ist natürlich immer eine Herausforderung. Ich möchte mit meinem Unterricht die jungen Menschen ermuntern, ihr Leben selbst zu gestalten und in die Hand zu nehmen. Immer vor dem Hintergrund der christlich-hebräischen Traditionen", sagt Seng. Es gehe darum, Jugendlichen Lebenstüchtigkeit für das Jetzt und die Zukunft mitzugeben: "Sie sind schließlich die Generation, die die Zukunft gestaltet", wie Seng betont.

Ihren Beruf übt Seng, die damals dafür aus ihrer Heimat in Nordhessen nach Wermelskirchen gezogen ist, nach wie vor gerne aus - vor allem auch wegen ihrer Schüler: "Ich habe immer die Erfahrung gemacht, dass die Jugendlichen gerne im Reli-Unterricht und durchaus bereit sind, sich mit dem Leben und der eigenen Lebensführung auseinanderzusetzen." Dabei gehe es im Unterricht nur selten um "klassische" Kirchenthemen, wie Seng schmunzelnd sagt: "Ich versuche, immer etwas Neues zu machen. Gerade etwa haben wir bei der Aktion 'Lesekarawane' mitgemacht und das Buch 'Im Meer schwimmen Krokodile' von Fabio Geda gelesen."

Im Jugendbuch geht es um einen jungen Afghanen, der aus seiner Heimat flieht. Ein aktuelles Thema, das perfekt in den Religionsunterricht passe: "Wir wollen andere Kulturen kennenlernen, wollen die Gründe kennenlernen, warum Menschen fliehen." Dieses Kennenlernen funktioniere auch am Gymnasium ganz praktisch: "Wir haben zwei Flüchtlingskinder an der Schule, beide aus Albanien. Sie waren zuerst in der internationalen Klasse, die aus Platzgründen am Gymnasium untergebracht war. Bei beiden war das Deutschniveau dann aber so hoch, dass sie direkt weiter bei uns unterrichtet werden konnten", erklärt Seng.

Eine direkte Überschneidung mit der zweiten großen Aufgabe im Leben von Cornelia Seng: Der christlichen Initiative "Willkommen in Wermelskirchen". Gegründet wurde sie noch vor dem Aufkommen der Pegida-Bewegung. Darin sieht Seng auch einen Grund, dass sie in Wermelskirchen kaum Anfeindungen erfahren muss, dafür aber im Gegenteil viel Zuspruch erfährt: "Mir hat etwa die Ehefrau vom kürzlich verstorbenen CDU-Urgestein Gerhard Braun neulich gesagt: 'Sie sind eine tapfere Frau, wenn ich noch könnte, würde ich Sie unterstützen!' So eine Aussage tut natürlich sehr gut", sagt Seng.

Das Anliegen der Initiative bringt die 61-Jährige kurz und knapp auf den Punkt: "Wir wollen die Menschen, die Wermelskirchen zugewiesen werden, begrüßen, ihnen freundlich begegnen und bei der Integration helfen." Alle Ratsfraktionen, das betont Seng ausdrücklich, haben sich positiv zur Initiative geäußert, und das sei ein großer Unterschied zur Berliner Politik: "Regional funktioniert eben, was in Berlin zum Streit führt. Dennoch sind auch bei uns bürokratische Hürden einfach noch zu hoch."

Bei diesen vielen Aufgaben, wie schafft es Cornelia Seng, abzuschalten? "Als Christ ist es meine Aufgabe, meinen Beitrag zum Reich Gottes auf Erden zu leisten - im Bezug auf Nächstenliebe, Freundlichkeit und Wertschätzung", betont die 61-Jährige zunächst, fährt dann aber fort: "Zum Auftanken lasse ich am Sonntag mein Handy aus, mache keine Termine, besuche den Gottesdienst und entspanne beim Lesen oder Spazierengehen. Der Sonntag gehört ganz mir."

(RP)
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