Wermelskirchen "Die Welt steht für uns im Moment still"

Wermelskirchen · Die Vorbereitungen zur DKMS-Registrierungsaktion für Christoph Schreiner am morgigen Samstag, 4. Juli, laufen auf Hochtouren. Seine Ehefrau Bonnie fühlt sich von der enormen Hilfsbereitschaft bestärkt und will selber vor Ort sein.

Wermelskirchen: "Die Welt steht für uns im Moment still"
Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Manchmal muss sie tief durchatmen, sucht nach passenden Worten, die es nicht zu geben scheint - verständlich, dass Bonnie Schreiner im Gespräch mit der BM nicht gut gelaunt daherplaudert. Einen Monat ist es jetzt her, dass Bonnie Schreiners Ehemann Christoph die erschütternde Diagnose "Blutkrebs" erhielt. Nur eine Stammzellen-Transplantation kann sein Leben retten. Deshalb geht gerade ein kräftiger Ruck durch Wermelskirchen: Morgen, Samstag, findet im Gemeindezentrum an der Stadtkirche am Markt eine Registrierung möglicher Stammzellen-Spender statt.

Die Wermelskirchener Diakoniestation hat zu der Aktion aufgerufen, die gemeinnützige Gesellschaft "Deutsche Knochenmarkspenderdatei" (DKMS) führt sie durch. "Wenn es meinem Mann nicht plötzlich deutlich schlechter geht, werde ich am Samstag im Gemeindezentrum da sein, um meine Dankbarkeit zu zeigen", sagt Bonnie Schreiner voller Mut. Die 41-jährige Diplom-Pflegewirtin, die die Pflege-Fachbereichsleitung bei der Diakoniestation inne hat, fühlt sich durch die Anteilnahme und den unbedingten Willen zur Hilfe ihrer Familie, Freunde und Kollegen gestärkt: "Das ist toll, das ist der Hammer und total rührend. Meine persönliche Familie stärkt mir den Rücken und sorgt für mich." Und mit dem Anflug eines Lächelns: "Kollegen bringen sogar Obst zur Arbeit mit, um sicher zu gehen, dass ich etwas esse."

Bonnie Schreiner weiß: "Einen passenden Stammzellen-Spender zu finden wäre wie ein Lotto-Gewinn." Die Chancen stehen 1 zu 20 000. Um darüber nicht ständig nachdenken zu müssen, ist die 41-Jährige tagtäglich im Büro: "Die Arbeit macht Freude, da kann ich mich wenigstens mal auf etwas anderes konzentrieren. Wir haben ein Haus und Tiere - ich sorge dafür, dass es weitergeht. Jammern und Verkriechen nützt ja nichts, ich muss und will funktionieren." Und nachdenklich fügt sie hinzu: "Die Belastung lässt sich nicht kompensieren. Wir Menschen funktionieren einfach."

Nach der Arbeit setzt sich Bonnie Schreiner ins Auto und fährt ins Knappschafts-Krankenhaus nach Bochum, wo ihr Mann Christoph zurzeit mit Bestrahlung und Chemo-Therapie behandelt wird. "In einer ersten Phase von 53 Tagen wird jetzt versucht, meinen Mann krebsfrei zu bekommen. Außerdem werden per Rückenmark-Punktion seine eigenen Stammzellen kultiviert für den Fall, dass sich kein Spender findet - quasi als ,Reserve'."

Blutkrebs (Leukämie) ist bei Nicht-Behandeln absolut tödlich und bösartig - die Krankheit kann ohne passende Stammzellen-Spende immer wiederkehren.

Bonnie und Christoph Schreiner (43 Jahre) sind seit 18 Jahren ein Paar, seit 15 Jahren verheiratet. Beide stehen voll im Berufsleben, er als Prokurist in der väterlichen Firma "Schreiner Didaktik". "Ich weiß, dass mein Mann ein starker Mensch ist, in meinen Augen ist er im Moment erstaunlich stark. Ich glaube fast, dass er mit der Situation besser umgehen kann als ich. Er klagt und jammert nicht, er will gesund werden", berichtet Bonnie Schreiner - eben wie es die Flugblätter für die morgige Registrierungs-Aktion zur Typisierung von Spendern in großen Lettern verkünden: "Christoph will leben!"

Nach einer Geschäftsreise kehrte Christoph Schreiner mit Schmerzen in den Waden nach Hause zurück. Dazu gesellte sich ein Zecken-Biss, den der 43-Jährige nach einer Lauf-Runde feststellte. Der Hausarzt nahm Blut ab und verwies Schreiner mit alarmierenden Blutwerten ins Krankenhaus Wermelskirchen. Hier bestätigte sich der Befund, mit dem Rettungswagen wurde Christoph Schreiner zu den Spezialisten nach Bochum verlegt. "Alle haben - gottseidank - schnell gehandelt, was sehr wichtig ist", erinnert sich Bonnie Schreiner. "Durch diese Diagnose ist von jetzt auf gleich unser Leben zusammengebrochen. Ich habe die Fassung verloren, die ersten Tage habe ich mich völlig hilflos gefühlt. Während um uns herum der Alltag weiter geht, steht für meinen Mann und mich im Moment die Welt still!"

Da Mediziner vor Ort sein müssen, helfen am morgigen Samstag im Gemeindezentrum niedergelassene und auch Ärzte aus dem Wermelskirchener Krankenhaus ehrenamtlich aus. Genauso sind Diakonie-Mitarbeiter und Arzthelferinnen mit von der Partie. Wermelskirchener Einzelhändler spendieren Mineralwasser und auch Speisen.

"Jeder sollte sich bei der DKMS registrieren lassen. Bei der Aktion geht es nicht nur um meinen Mann. Auch andere Leukämie-Patienten brauchen diese Hilfe", unterstreicht Bonnie Schreiner.

In der kommenden Woche wird die Fachbereichsleiterin übrigens 42, von Geburtstag "feiern" kann keine Rede sein: "Ich habe nur einen Wunsch: Dass mein Mann gesund wird.

(sng)
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