Serie Mein Lieber Nachbar Der kleine Dorfpark wurde selbst gepflegt

Wermelskirchen · Gelebte Nachbarschaft in Oberwinkelhausen ist für Friedel Preyer sehr wichtig. Es ist aber still geworden in der Hofschaft.

 Im "Dorf-Rondell" von Oberwinkelhausen zeigt Friedel Preyer den kleinen Park, der für jedermann zugänglich, aber in Privatbesitz ist. Bis zur Vollendung seines 80. Lebensjahres engagierte sich Preyer ehrenamtlich als Fahrer des Bürgerbusses, der nach wie vor werktags im Zwei-Stunden-Takt die Hofschaft Oberwinkelhausen mit der Innenstadt verbindet.

Im "Dorf-Rondell" von Oberwinkelhausen zeigt Friedel Preyer den kleinen Park, der für jedermann zugänglich, aber in Privatbesitz ist. Bis zur Vollendung seines 80. Lebensjahres engagierte sich Preyer ehrenamtlich als Fahrer des Bürgerbusses, der nach wie vor werktags im Zwei-Stunden-Takt die Hofschaft Oberwinkelhausen mit der Innenstadt verbindet.

Foto: JÜMO

WERMELSKIRCHEN Als heute 90-Jähriger gehört Friedel Preyer jener Generation an, die die deutsche Geschichte hautnah erlebt hat, die die Bundesrepublik zu dem machte, was sie heute ist. Genauso verhält es sich mit der ans Solinger Stadtgebiet grenzenden Wermelskirchener Hofschaft Oberwinkelhausen - der ist Friedel Preyer Zeit seines Lebens treu geblieben. Hier kennt er jeden noch so verwinkelten Weg und jeden sprichwörtlichen Stein auf dem anderen.

Oberwinkelhausen mit seinen zur Zeit etwa 240 Einwohnern hat sich vergleichsweise langsam entwickelt. "Anfang der 60er Jahre entstanden erste neue Bauvorhaben. Nachdem in 2007 und 2008 die Kanalisation fertiggestellt war, kamen drei neue Häuser hinzu. Im Moment gibt es hier wohl drei Grundstücke, die noch voll erschließbar sind. Eine Erweiterung der Ortschaft ist also sehr eingeschränkt - was mir aber auch sehr recht ist", berichtet Friedel Preyer. Den Grund für diese zaghafte Neubebauung kennt der 90-Jährige natürlich auch genau: Oberwinkelhausen liegt in der Solinger Talsperren-Schutzzone, die direkt an seinen Garten grenzt. Preyer kann sich noch lebhaft an die Zeiten erinnern, als das Oberwinkelhausener Abwasser per Sickergruben, festen Gruben und Abfuhr entsorgt wurde.

"Im Alter tut sich natürlich eine gewisse Einsamkeit auf, da muss man sich schon um Kontakte kümmern, was ich aber sehr gerne mache. Ich treffe ständig Bekannte in der Nachbarschaft und wir erinnern uns an alte Zeiten oder diskutieren über aktuelle Politik", sagt Friedel Preyer, der sich als rüstiger Rentner mit täglichen Spaziergängen durch die Hofschaft und die umliegende Natur fit hält. Gerne steht er auch jüngeren Anwohnern Rede und Antwort, um mit ihnen über die Entwicklungen in Oberwinkelhausen zu plaudern.

Heute vermisst Friedel Preyer das dörfliche Alltags-Treiben in der Hofschaft. Dafür, dass es "still geworden" ist, macht der Oberwinkelhausener die Ursachen aus: "Bis in die 70er Jahre hinein gab es hier drei kleine Lebensmittel-Läden. Dazu hatten wir als Mittel- und Treffpunkt eine Gaststätte, die zuletzt von Wirt Paul Pier betrieben wurde." Genau wie die ehemaligen Bauernhöfe sind die Lebensmittel-Läden von den Discountern verdrängt und auch die Kneipe in Wohnraum umgewandelt worden.

Landwirtschaft wird in Oberwinkelhausen lediglich noch als Hobby, bestenfalls nebenberuflich betrieben. "Wir haben früher einmal den Winterdienst als Dorfgemeinschaft organisiert, damit die Lebensmittel-Läden überhaupt beliefert werden konnten", erinnert sich Friedel Preyer. Genauso pflegte die Gemeinschaft den kleinen Park in der Dorf-Mitte, der sich bis heute in Privatbesitz befindet aber für jedermann zugänglich ist, inzwischen aber von einer Fachfirma gepflegt wird.

Ein ehemaliges Futter-Silo - inzwischen ebenfalls Wohnraum - überragt in Oberwinkelhausen alle Dächer. "Dort feierten wir früher unser Dorffest, im Januar 1996 sogar das zehnjährige Bestehen des Festes. Das war eine schöne Gemeinschaft. Leider hat sich das alles aufgelöst. Natürlich treffen sich die Nachbarn in Oberwinkelhausen nach wie vor - aber mehr in den einzelnen Straßenzügen und -ecken in Gruppen und Cliquen. Es passiert nichts mehr im großen Stil", weiss Friedel Preyer, der lachend zusammenfasst: "Ich habe die Entwicklung vom Plumpsklo bis zum goldenen Wasserhahn erlebt!"

Friedel Preyer ist gelernter Werkzeugmacher, machte sich 1950 mit einer Metallschleiferei selbstständig. Bis 1965 produzierte er unter anderem die damals beliebten Chromteile für Autos, bevor er in eine Fest-Anstellung bei der Firma wechselte, die zuvor sein Hauptkunde war. Heute lebt Friedel Preyer mit seiner Gattin Eva in Haus Nummer 35 direkt neben seinem Geburtshaus 34 - vor 90 Jahren waren Hausgeburten im ländlichen Raum noch die Regel.

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(sng)
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