Wermelskirchen "Der digitale Tsunami schwappt über"

Wermelskirchen · Er kenne zwar gemeinschaftliche Internetpräsenzen von Einzelhändlern einer Stadt, jedoch keine erfolgreichen. Mit dieser Aussage erteilte Prof. Michael Bernecker, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing in Köln, zumindest indirekt eine Absage an die Idee, einen örtlichen Online-Shop zu eröffnen, an dem sich diverse, lokale Geschäftsleute mit ihren Waren und Dienstleistungen beteiligen. Über einen solchen Ansatz wird in Wermelskirchener Einzelhandelskreisen schon länger nachgedacht. Der Marketingverein "Wir in Wermelskirchen" (WiW) begrüßte nun bei einem Vortrag unter der Überschrift "Digitalisierung verstehen und nutzen" von Bernecker rund 60 Gäste im Haus Eifgen.

Der Marketingexperte gab den Anwesenden eine anderen Vorschlag zur Vorgehensweise an Hand: "Auf dem Weg in die Online-Welt höhlt steter Tropfen den Stein. Es muss stetig daran gearbeitet und weitergemacht werden." Jeder Gewerbetreibende müsse dabei seinen persönlichen Weg finden. Dabei sei es wichtig, sich vor Ort zu vernetzen, zu besprechen und voneinander zu lernen: "Dann werden aus dem Prozess viele einzelne Steine - das wird dann was." Obendrein könnten professionelle Könner einzelne Etappen beratend begleiten.

Eingangs seines gut einstündigen Referats verdeutliche Michael Bernecker Fakten: Internet und Online-Handel sind nicht mehr wegzudenken, jüngere Generationen nutzen E-Commerce verstärkt - erledigen Einkäufe mit dem Smartphone quasi aus der Westentasche. Der Geschäftsführer des Marketing-Instituts fand markige Kernsätze: "Der digitale Tsunami schwappt über die Wirtschaft" oder "Daten sind das Rohöl der Zukunft". Einen Abgesang auf den örtlichen Einzelhandel stimmte Bernecker keinesfalls an, seinem Eindruck nach stehe Wermelskirchen mit einer vergleichsweise gesunden Struktur da: "Der stationäre Handel kann durch Service punkten. Der Einkauf ist nicht nur Beschaffungsprozess, sondern Händler müssen ihn zum Erlebnis werden lassen."

Bernecker sieht den Einzelhandel sehr wohl unter Druck: "Das Ausufern der Vielfalt durch E-Commerce kriegen wir nicht mehr in den Griff." Zusätzlich habe es in den vergangenen 20 Jahren ein massives Wachstum von Einzelhandelsverkaufsflächen gegeben, was den Kuchen für alle stationären Händler kleiner mache und den schon immer bestehenden Verdrängungswettbewerb verschärfe. Das "Local Business" müsse sich vernetzen ("auch digital") und miteinander statt gegeneinander arbeiten. Projekt wie "Smart City" könnten für Fördergelder angezapft werden.

Der WiW-Vorsitzende Dankmar Stolz freute sich, dass neben Bürgermeister Rainer Bleek zahlreiche Vertreter aus den Ratsfraktionen anwesend waren: "Es ist ein gutes Zeichen, dass sich Politik und Verwaltung mit dem Thema beschäftigen."

(sng)
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