Wermelskirchen "Das wahre Leben" bleibt fragwürdig

Wermelskirchen · Eine Geschichte zu erzählen und sie zu spielen sind zwei unterschiedliche Schuhe. Die Schauspielerin Cornelia Gutermann-Bauer hat sie beide angezogen. Im Stück "Das wahre Leben ist doch anders!" spielt sie eine trauernde Witwe eines Reitstallbesitzers. Die gelangweilte Witwe erzählt und erlebt die aufrüttelnde Begegnung mit einem plötzlich auftauchenden Gutsbesitzer.

Rund 100 Besucher verfolgten im Film-Eck am Donnerstag eine One-Woman-Show. Als "süffisant witzige Komödie voller Drive und Energie" angekündigt, verfehlte das Stück allerdings sein Ziel. Die Energie blieb der Schauspielerin in ihrer nahezu pausenlosen, gespielten Atemlosigkeit im Halse stecken und kam kaum über den Bühnenrand hinaus. Das stets ausbruchartige Verschlucken bei jedem Zug aus der Schnapsflasche verfehlte als Lacher seine Wirkung. Und Bemerkungen wie "Heutzutage werden sogar Raucher 100 Jahre alt" erzeugten lediglich murmelndes Geschmunzel.

Die Witwe jammerte über die Inhaltslosigkeit ihres Daseins und wünschte sich "irgendwo eine Tür ins Leben". Die Tore sollten allezeit offen stehen, aber wo? Die Gelegenheit, jetzt das Stück "frei nach Anton Tschechow" (Der Bär) in die Moderne zu schieben, verfehlte die Dramaturgie. Es hing zeitlos im Raum. Daran konnte auch die Hintergrundmusik des Gitarreros Gary Moore ("The Loner") nichts ändern.

Die Wandlung zwischen Witwe und Gutsbesitzer schaffte Gutermann-Bauer buchstäblich im Sprung: Ertönte die Stimme des Gutsbesitzers, wechselte sie hastig die Bühnenseite. Spielte sie die Witwe, hastete sie zurück. Die Witwe sprach unter heftigem Luftholen abgehackt und durchgedreht. Der Gutsbesitzer flüssig und bestimmt. Er will von der Trauernden 22.000 (Taler, Dukaten, Euro, Dollar?) haben, die ihm der Verstorbene noch schuldet. Die Witwe will zahlen, hat aber so viel Geld nicht im Haus. Der Mann bleibt stur, setzt sich und glänzt durch zynische Bemerkungen über Frauen ("Frauenlogik ist ein Widerspruch in sich."). Sie reagiert entsprechend, weist ihm die Tür, doch er bleibt sitzen. Es kommt zum Streit. Doch irgendwann, aber unvermutet, wandelt sich der Macho, der erst noch damit prahlte, dass neun Frauen ihn und er zwölf Frauen verlassen hatten. Die Witwe erscheint ihm in ihrer Beharrlichkeit und Widerspenstigkeit immer attraktiver.

Und dann passiert's (fast) wie im richtigen Leben: Er umfasst sie und küsst sie. Und sie - sinkt ihm in die Arme. Der Heiratsantrag folgt postwendend. "Ist das die Botschaft, für das neue Leben bereit zu sein?", fragt sie und folgert: "Das wahre Leben ist doch anders!" So, so. Der Mann wird zum Sinngeber einer einsamen Frau. Bei dieser Botschaft dürfte so manche(r) aufschreien.

(bege)
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