Wermelskirchen Bergische Briten sind enttäuscht über den Brexit

Wermelskirchen · Als Cedric Platt am Freitagmorgen erfuhr, dass sein Mutterland Großbritannien aus der EU austritt, saß die Enttäuschung tief. "Ich konnte es erst gar nicht glauben, dass sich so viele Engländer haben blenden lassen", sagt Platt.

Er ist britischer Staatsbürger und war gegen den Brexit. Damit ist er nicht alleine. Die Briten im Bergischen hätten sich einen Verbleib Großbritanniens in der EU gewünscht. Sie fürchten, dass der Austritt ihrem Mutterland auf Dauer großen Schaden zufügen wird.

"Ich glaube, dass diese Entscheidung ein großer Fehler war", sagt Platt. Der gestrige schwarze Freitag sei nur der Auftakt für schwerwiegende wirtschaftliche Probleme, die auf Europa und Großbritannien zukommen. Denn schon gestern sackten die Börsenkurse weltweit ab, der britische Pfund fiel sogar auf ein 31-Jahres-Tief. "Dadurch wird es für die Briten in Zukunft teurer, ausländische Waren zu kaufen. Das kann ja nur kontraproduktiv sein", sagt Platt, der bei Tente-Rollen arbeitet und sich mit der Wirtschaft auskennt. Auch neue Zölle werden Probleme im Im- und Exportgeschäft verursachen.

Deutlich größere Sorgen als die wirtschaftlichen Folgen macht dem in Deutschland geborenen Briten aber etwas anders. "Ich fürchte einen zweiten Bruch in Großbritannien", sagt er. Gemeint ist, dass das Vereinigte Königreich nun auseinanderbrechen könnte. Schottland entschied sich bei einem Referendum vor zwei Jahren nur knapp dafür, ein Teil Großbritanniens zu bleiben. "Meine Schwester lebt auf der Insel und hat enge Kontakte nach Schottland. Die Schotten sind unheimlich pro europäisch eingestellt", berichtet Platt. Deshalb könnte eine neue Unabhängigkeitsbewegung für die Abspaltung Schottlands sorgen, weil das Land wieder EU-Mitglied werden möchte. "Das Problem ist, dass damit auch das ganze Erdöl aus der Nordsee verloren ginge. Das würde Großbritannien schwer treffen", ist sich Platt sicher.

Diese Meinung kann ein anderer Platt nicht ganz teilen. Oliver Platt, der Bruder aus Hückeswagen, denkt nicht, dass Großbritannien durch den Brexit gesprengt wird. "Die Schotten oder Nordiren werden nicht aus dem Königreich austreten", sagt der 41-Jährige. Denn auch in Nordirland werden derzeit Stimmen laut, die keine feste Grenze zu Irland haben wollen und deshalb für eine Wiedervereinigung auf der Grünen Insel plädieren. Platt vermutet allerdings, dass diese Strohfeuer schnell wieder erlöschen werden. Trotzdem hält er vom EU-Austritt Großbritanniens nichts. "Auf gut Deutsch gesagt, habe ich zuerst gedacht, dass das alles Idioten sind", ärgert sich Platt. "Mit dieser Entscheidung wird Großbritannien nicht glücklich. Das war ein Schritt in die falsche Richtung", ist er sich sicher.

Musiker Les Searle kann seinen beiden britischen Mit-Staatsbürgern nur beipflichten. "Ich bin sehr enttäuscht", sagt Searle. Auch der 79-Jährige fürchtet schwere wirtschaftliche Konsequenzen für sein Mutterland. Besonders ärgert er sich aber darüber, dass die über zwei Millionen Briten, die außerhalb des Königreichs leben, nicht mitwählen durften. "Dann hätte der Brexit verhindert werden können", sagt Searle.

(kron)
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