Wegberg "Wunderkind" begeistert die Zuhörer

Wegberg · Auf Einladung des Kulturförderkreises Opus 512 gastierte Pianistin Hsi Yun Wu im Beecker Vincentiushaus. Die 15 Jahre alte Taiwanesin gilt in ihrer Heimat als Wunderkind. Am Ende der Vorstellung freute sie sich über frenetischen Applaus.

 Auch Ludwig van Beethoven wurde die junge taiwanesische Pianistin Hsi Yun Wu in bewundernswerter Weise gerecht.

Auch Ludwig van Beethoven wurde die junge taiwanesische Pianistin Hsi Yun Wu in bewundernswerter Weise gerecht.

Foto: Jürgen Laaser

Wenn eine 22-jährige Pianistin ein hoch anspruchsvolles Programm von Bach bis Strawinsky auf bewundernswerte Weise zu interpretieren imstande ist, so ist dies aller Ehren wert. Doch die hübsche junge Dame, die ein stattliches Auditorium im Musiksaal des Vincentiushauses in Wegberg-Beeck bewundern durfte, ist erst 15 Jahre jung. Durch einen unerklärlichen Übertragungsfehler waren ihr in der Vorankündigung sieben Lebensjahre mehr angedichtet worden.

Hsi Yun Wu ist der Name der Taiwanesin, die in ihrer Heimat als Wunderkind galt und bereits zwei umfangreiche Tourneen durch China und Japan absolvieren durfte. Seit einem Jahr studiert sie abwechselnd in New York und in Aachen bei der chinesischen Pianistin Xin Wang, deren seit dem Jahre 2012 stattfindenden jährlichen Meisterkurs die junge Künstlerin in diesem Jahr gewann. Es ist zur guten Tradition geworden, dass die kulturbeflissene Wegberg-Beecker Organisation OPUS 512 den jeweiligen Gewinnern dieses Aachener Meisterkurses die Gelegenheit zum Konzertieren auf dem Konzertflügel in ihrem Vortragssaal gibt.

Hsi Yun Wu, die zwar konzentriert, aber dennoch fast gelöst lächelnd den Konzertraum betrat, begann ihre umfangreiche Vortragsfolge, die alle wichtigen musikalischen Epochen beinhaltete, mit Präludium und Fuge Nr.2 c-Moll BWV 847 aus Johann Sebastian Bachs großartigem "Wohltemperierten Klavier". Einem kraftvoll begonnenen Präludium, das sich durch reiche Differenzierung auszeichnete, folgte die anmutige Fuge mit dem für Bach erstaunlich liedhaften Thema, die eine ganz und gar durchsichtige Ausarbeitung erfuhr.

Ein wenig verunsichert waren die Zuhörer ob des beinahe martialischen Zugriffs, mit dem die Künstlerin die Etüden 2 und 4 aus op.10 von Frédéric Chopin bedachte. Waren auch ihre physischen Kräfte mehr als bewundernswert, so tat sie hier doch des Guten ein wenig zu viel. Ganz anders die Fantasie f-Moll op.49, das umfangreichste einsätzige Werk des polnischen Komponisten. Vom feierlichen Chorgesang im "lento sostenuto" über dramatische Akzente bis zu vollgriffigen Akkordpassagen zeigte die Taiwanesin hier überzeugend und mit stupender Technik ihre staunenswerte Kunst.

Doch auch Ludwig van Beethoven wurde die junge Pianistin in bewundernswerter Weise gerecht. Die Klavier-Sonate op.27, Nr.1 Es-Dur, deren Untertitel "Quasi una fantasia" das Überwinden der strengen Sonatenform dokumentiert, gab ihr Gelegenheit, mit ausgeprägtem Klangsinn und reich gestaffelter Anschlagskultur zu musizieren. Das galt auch für "Jeux d'eau = Wasserspiele", ein zauberhaftes, Debussys Impressionismus vorwegnehmendes Meisterwerk Maurice Ravels.

Nach diesem Mammutprogramm, wozu auch die frühe Klaviersonate op.14 Nr.2 von Sergej Prokofiev gehörte, hatte Hsi Yun Wu noch die Kondition für drei Sätze aus "Petruschka" von Igor Strawinsky, die zum Kompliziertesten und Schwersten der Klavierliteratur zählen. Fast konnte man ob der alle Kräfte mobilisierenden, glasklaren und werkgerechten Interpretation Angst um die Solistin haben. Doch sie lächelte bis zum Schluss tapfer, freute sich über den frenetischen Applaus und - spielte noch eine virtuose Zugabe.

(RP)
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