Wegberg Weichen neu gestellt - Wegberg will Schulen nicht schließen

Wegberg · Der Protest der Bürger zeigt Wirkung: Die Politik stimmt gegen den Vorschlag, die Grundschule in Merbeck zu schließen.

Dass Schulschließungen äußerst unpopulär sind, zeigt sich zurzeit in Wegberg. Weil die Mühlenstadt sparen muss, haben Politik und Verwaltung 2015 im Haushaltssicherungskonzept (HSK) eine "Schulstandortoptimierung" vereinbart. Die Gemeindeprüfungsanstalt hatte zuvor vorgeschlagen, zwei Grundschulen im Stadtgebiet zu schließen, um so 291.000 Euro pro Jahr zu sparen. Gestern Abend, als im Bildungsausschuss Nägel mit Köpfen gemacht und das Ende der Grundschule Merbeck eingeleitet werden sollte, nahm die Politik jedoch Abstand von den Schließungsplänen. Stattdessen soll die Stadtverwaltung nun eine Potenzialanalyse erstellen, die zum Ziel hat, alle Grundschulstandorte im Stadtgebiet zu erhalten. So lautet jedenfalls die einstimmige Beschlussempfehlung an den Stadtrat.

Beifall brandete im Pädagogischen Zentrum (PZ) des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums auf, als der Ausschuss sein Votum abgegeben hatte. Die 250 Besucher - viele davon aus Merbeck - waren zufrieden. Ins PZ hatte die Stadtverwaltung die Sitzung verlegt, weil sie mit dem großen öffentlichen Interesse bereits gerechnet hatte.

Die Diskussion über das mögliche Aus der Grundschule im Ort hatte zuletzt nicht nur die Menschen in Merbeck, sondern auch in Beeck und Rath-Anhoven verunsichert. Schüler, Eltern und Lehrer organisierten Protestveranstaltungen, legten Unterschriftenlisten aus, schrieben einen offenen Brief an Bürgermeister Michael Stock. Ihr gemeinsames Ziel: Die Schulen im Ort zu erhalten, weil sie nicht nur wichtige Bildungseinrichtungen seien, sondern auch ein Stück Zukunft für die Orte darstellten und eine identitätsstiftende Funktion innehätten.

Diese Argumente brachte gestern Michaela Esser (Freie Wähler), die mit ihrer Familie in Merbeck wohnt, auf den Punkt: "Unser Dorf hat zuletzt fast seine komplette Infrastruktur verloren. Wenn jetzt auch noch die Schule als Dorfmittelpunkt schließen muss, dann ist der Ort zum Sterben verurteilt", sagte sie. CDU-Fraktionsvorsitzender Georg Gellissen kritisierte die von der Verwaltung vorgelegten Zahlen: Es sei längst klar, dass eine Einsparung in Höhe von 291.000 Euro nicht zu realisieren sei. "Das erinnert mich an den armen Esel, dem man eine Möhre vor die Nase hält, die er aber nie erreichen wird."

Ebenso wie die CDU und die Freien Wähler stellten auch SPD und AfW klar, dass sie nicht bereit sind, die Weichen - wie von der Verwaltung vorgeschlagen - auf Schulschließung zu stellen. Es müssten alternative Sparmöglichkeiten gefunden werden. Tobias Arndt (Grüne) plädierte für Ehrlichkeit: "Wir befinden uns im Haushaltssicherungskonzept, weil in den vergangenen Jahren viele Fehler gemacht wurden. Niemand will Schulen schließen. Aber dann müssen wir den Menschen auch heute ins Gesicht sagen, dass die nächste Erhöhung der Grundsteuer ganz sicher kommt. Und wenn wir das wollen, müssen wir das im Stadtrat auch beschließen", sagte Arndt. Diesen Worten schloss sich FDP-Fraktionschef Christoph Böhm an.

Nach der gestrigen Ausschusssitzung dürfte sich die Aufregung über mögliche Schulschließungen nun legen. Doch dafür ist eine neue Diskussion voll entbrannt. Und zwar über die Frage, wie die Stadt Wegberg ihre ehrgeizigen Sparziele bis 2024 noch erreichen will. "Bisher wurden lediglich die Grundsteuern und die Hundesteuer erhöht. Von den 23 im HSK vereinbarten Sparmaßnahmen wurde bislang noch keine einzige umgesetzt", sagte Georg Gellissen.

(RP)
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