Rudolf Fabry "Wegberg hat sich gut positioniert"

Erkelenz · Technischer Beigeordneter Rudolf Fabry, der Mitte nächsten Jahres in den Ruhestand geht, sieht viele erfreuliche Entwicklungen in Wegberg.

Rudolf Fabry: "Wegberg hat sich gut positioniert"
Foto: Laaser Jürgen

Herr Fabry, Sie gehen am 30. Juni 2017 in den Ruhestand. Unabhängig von Ihrer Person ist in der Politik um die Neubesetzung der Stelle eine Diskussion entbrannt. Weil die Stadt sparen muss, fordern die Freien Wähler, die Stelle des Technischen Beigeordneten nicht mehr zu besetzen. Halten Sie das für einen guten Vorschlag?

Rudolf Fabry Nein, ich würde auf die Neubesetzung der Stelle nicht verzichten. Das System mit Bürgermeister, zwei Beigeordneten und Kämmerin hat sich in Wegberg bestens bewährt. Eine funktionierende Organisation sollte man nicht ohne Grund aufgeben. Zwar wäre es rein organisatorisch möglich, in Zukunft auf einen Technischen Beigeordneten zu verzichten. Dafür müsste der Stadtrat die Hauptsatzung entsprechend anpassen. Doch sparen - und das ist ja die Intention des Antrags der Freien Wähler - lässt sich auf diese Weise nach meiner Überzeugung nicht. Denn die Aufgaben fallen weiterhin an, und deren Erfüllung muss gesichert bleiben.

Aber die Personalkosten würden ohne Technischen Beigeordneten sinken. Der jährliche Aufwand zur Besetzung der Funktion mit allen Nebenkosten beträgt laut Verwaltung insgesamt 159.700 Euro. Bis 2024 könnte die Stadt 1,2 Millionen Euro sparen.

Fabry Dann hat man aber die Aufgaben noch nicht erledigt, die ein Technischer Beigeordneter zu erfüllen hat. Man muss dieser Summe auch die Investitionen in organisatorischer und personeller Hinsicht gegenüberstellen, die notwendig sind, um die stetige Aufgabenerfüllung im technischen Bereich sicherzustellen. Verantwortungsvolle Aufgaben müssten beispielsweise auf nachgeordnete Führungsebenen verlagert werden, was zu höheren Stellenbewertungen und damit zu höheren Kosten führen würde. Außerdem wären im Unterbau der Verwaltung Neueinstellungen erforderlich, und mehr Aufgaben als bisher müssten an externe Dienstleister vergeben werden. Das verursacht weitere Kosten. Wir haben das detailliert durchgerechnet: Die Wiederbesetzung der Stelle ab dem 1. Juli 2017 stellt sich als wirtschaftlichste Lösung dar. Die Politik wird gleich nach der Sommerpause über das Thema beraten, der Stadtrat hat die Entscheidungsgewalt.

Welche Fachbereiche sind dem Technischen Dezernat in Wegberg zurzeit untergeordnet?

Fabry Das sind die Fachbereiche "Planen, Bauen, Wohnen", "Umwelt, Verkehr, Abwasser", "Gebäudewirtschaft" und "Baubetriebshof". Um die vielfältigen Aufgaben in diesen Bereichen erfüllen zu können, stehen 78,97 Stellen zur Verfügung. Dies entspricht, gemessen an der Gesamtstellenzahl in der Stadtverwaltung in Höhe von 199,59 Stellen, einem prozentualen Anteil in Höhe von rund 40 Prozent, für die der Technische Beigeordnete maßgeblich verantwortlich ist.

Welche Aufgaben werden durch den Technischen Beigeordneten verantwortet?

Fabry Eine ganze Reihe: Grundstück-, Gebäude- und Immobilienverwaltung, Bewirtschaftung der Grundstücke des allgemeinen Grundvermögens einschließlich Reinigungsdienste und Energiemanagement, Instandhaltung, Baumaßnahmen, Baubetriebshof, kommunale Bauleitplanung, städtebauliche Rahmenplanung, informelle Planung, Planungs- und Gestaltungsberatung, Betreuen von Verfahren externer Bauträger, städtebauliche Sanierung und Entwicklung, städtebauliche Verträge, Grundstücksneuordnung und grundstücksbezogene Ordnungsmaßnahmen, Genehmigungsverfahren, Bauüberwachung und -überprüfung, baubehördliche Beratung und Information, Denkmalschutz und Denkmalpflege, Versorgung, Abfallwirtschaft, Abwasserbeseitigung, Beitragswesen, Straßen, Wege, Plätze, Brücken und Tunnel, öffentliche Beleuchtung, öffentliches Grün, Wald-, Forst- und Landwirtschaft, Wasser und Wasserbau, Lokale Agenda.

Welches Budget hatten Sie zuletzt zu verantworten?

Fabry Im Bereich der Investitionen betrug das Haushaltsvolumen, das durch den Technischen Beigeordneten zu verantworten ist, im Jahr 2015 insgesamt 2,32 Millionen Euro. Diese Summe schwankt jährlich relativ stark, denn sie hängt von den jeweils anstehenden Projekten ab. Im konsumtiven Bereich summierten sich die geplanten Aufwendungen für das Jahr 2015 auf rund 6,2 Millionen Euro. Hinzuzählen muss man noch Bewirtschaftungs- und Instandhaltungsaufwendungen in den Schulen und Kindergärten.

Welche Themen werden Sie noch bis zum Ende ihrer Amtszeit im Juni 2017 begleiten?

Fabry Eine echte Chance für die Stadt Wegberg ist die geplante Entwicklung des 22 Hektar großen Baugebiets zwischen Gerichhausen und dem Grenzlandring. Diese Chance sollte die Stadt auf jeden Fall nutzen. Bis die ersten Häuser dort gebaut werden, wird es sicherlich noch ein paar Jahre dauern. Doch dieses Projekt zum Wohle der Stadt Wegberg auf den Weg zu bringen, macht mir sehr viel Freude. Damit verbunden ist ja auch die Stärkung der Infrastruktur - beispielsweise von Schulen und Kindergärten - im Bereich des Innenrings sowie die Aufwertung der Innenstadt. Auf einem guten Weg sind wir auch bei der Legalisierung des Betonwerks Wolters an der Hospitalstraße. Ich hoffe, dass ich bis zum Ende meiner Amtszeit den weißen Fleck im Flächennutzungsplan an dieser Stelle noch mit Farbe füllen kann und damit der Bestand des Betonwerks gesichert, eine anderweitige Nutzung mit Rücksicht auf die umliegende Landschaft zugleich ausgeschlossen wird.

Viele Wegberger beklagen sich, dass in der Fußgängerzone nichts mehr los ist.

Fabry Gemeckert wird immer, übrigens nicht nur in Wegberg. Ich glaube, dass die Wegberger in Wahrheit gar nicht so unzufrieden sind. Für eine Stadt geht es darum, die eigenen Stärken zu erkennen und diese zu fördern. Die Stärken unserer Stadt mit über 30 Prozent Waldfläche und reizvoller Landschaft liegen eindeutig im Bereich touristische Naherholung sowie Tages- und Wochenendtourismus. In diesem Bereich hat sich Wegberg als Mühlenstadt in den vergangenen Jahren gut positioniert. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Was aus Wegberger Sicht auf keinen Fall kommen darf, ist der Eiserne Rhein. Da müssen wir wachsam bleiben. Sollten täglich Güterzüge durch Wegberg rollen, würde dies unsere Positionierung als lebens- und liebenswerte Mühlenstadt im Grünen ad absurdum führen.

Aufgrund des fehlenden Autobahnanschlusses tut sich Wegberg bei der Vermarktung seiner Gewerbegebiete schwer.

Fabry Darum begrüße ich es ausdrücklich, dass autobahnnah und direkt an der Bundesstraße 57 in Rath-Anhoven weitere Gewerbeflächen entwickelt werden sollen, wie es der Flächennutzungsplan vorsieht. Erfreulich ist die Entwicklung auch in Uevekoven, wo der niederländische Investor Geert Bloem für die Fläche der ehemaligen Ziegelei jetzt einen Fachplaner beauftragt hat. Ich hoffe, dass wir in spätestens 18 bis 20 Monaten das Gelände so weit erschlossen haben, dass die Fläche vermarktet werden kann. Erfreulich für Wegberg sind auch die Pläne zum Wohnen am See von Investor Josef Jansen. Auf den Kiesabgrabungsflächen seiner Firma am Grenzlandring in Richtung Klinkum soll eine neue Ferienhaussiedlung entstehen. Dieses Vorhaben passt bestens in das Leitbild der Stadt Wegberg.

Gibt es etwas, das aus Ihrer Sicht besser laufen könnte?

Fabry Ich würde mir wünschen, dass die Stadt Wegberg aus Fehlern der Vergangenheit lernt. Dadurch lassen sich klassische Fehlentwicklungen vermeiden, deren Ursache hauptsächlich in den Jahren 2009 bis 2014 zu suchen ist. Dass es zurzeit keine freien städtischen Grundstücke im Bereich des Wegberger Innenrings mehr gibt, halte ich für eine solche Fehlentwicklung. Die Bereiche Stadtplanung und Stadtentwicklung sollten in Wegberg wieder näher zusammenrücken.

MICHAEL HECKERS FÜHRTE DAS GESPRÄCH. RP-FOTO: JÜRGEN LAASER

(RP)
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