Wegberg Venezianisches Beziehungskarussell

Wegberg · In der vor 250 Jahren spielenden Komödie "Mirandolina" herrschte ein Ränkespiel vor. Im Zentrum agierte die schöne Wirtin eines Gasthofs.

 Im Mittelpunkt des Theaterstücks stand die intelligente und verführerische Wirtin Mirandolina, brillant gespielt von Mariella Ahrens.

Im Mittelpunkt des Theaterstücks stand die intelligente und verführerische Wirtin Mirandolina, brillant gespielt von Mariella Ahrens.

Foto: Münchner Tournee

Neben seiner Bedeutung als eine Art Gesellschaftsstudie aus der damaligen Zeit steht die Komödie "Mirandolina" beispielhaft für die Theaterreform, die ihr Autor Carlo Goldoni vor rund 250 Jahren auf den Weg gebracht hatte. Goldoni wandte sich von der bis dahin üblichen Umsetzung von Theaterstücken - von Improvisationen, platten Witzen und derben Zoten - ab.

Stattdessen schrieb er realistische Texte und stellte Menschen statt Typen auf die Bühne, wie im Programmheft bei der zweiten Aufführung der aktuellen Theatersaison der Stadt Wegberg im fast komplett ausverkauften Forum zu lesen war.

 Zwischenmenschliche Beziehungen standen im Vordergrund.

Zwischenmenschliche Beziehungen standen im Vordergrund.

Foto: Münchner Tournee

Im Mittelpunkt des Stücks der "Komödie im Bayerischen Hof" steht die intelligente und verführerische Wirtin Mirandolina (Mariella Ahrens), die den Betrieb alleine schmeißen muss. Um möglichst vielen Gästen das Geld aus der Tasche zu ziehen, spielt sie ihre Reize aus. Sowohl beim neureichen Graf von Albafiorita (Peter Rappenglück), beim verarmten Marchese von Forlipopoli (Gilbert von Sohlern) als auch bei ihrem Kellner Fabrizio (Ricardo Angelini) hat sie damit gute Chancen. Aus der Reserve lässt sie sich aber vom Cavaliere von Ripafratta (Michele Oliveri) locken, der sie zunächst ignoriert.

Im Folgenden entfalteten sich Personenkonstellationen und Szenen, in denen die unterschiedlichen zwischenmenschlichen Beziehungen wort- und gestenreich begleitet wurden. Mit "dekadenten Protzereien", wie der verarmte adelige Nebenbuhler die Schenkungen bezeichnete, versuchte der neureiche Albafiorita die Gunst von Mirandolina zu gewinnen. Diener Fabrizio erledigte treu alle Aufgaben und hoffte auf Hand und Hof. Und die Wirtin umwarb geschickt den grantigen Cavaliere, bis dieser sich in sie verliebte und als Lektion für gutes Benehmen gegenüber Frauen von ihr zurückgewiesen wurde. Inmitten der Handlungen um Liebe, gesellschaftliche Anerkennung und Geld sorgten die mittellosen Komödiantinnen Ortensia (Esther Kuhn) und Dejanira (Laura Rauch) unter falschen Adelstiteln für Verwirrung.

Kommentierend und musikalisch untermalend trug dabei stets Violinist Dilyan Kabranov einzelne Töne oder ganze Melodien bei. Komische und unterhaltsame Momente, mit denen er den Vortrag um eine akustische Dimension erweiterte. Die Aufführung war von flotten Abfolgen, gewitzten Dialogen und temperamentvollem Spiel geprägt. Das überspitzte Auftreten der rivalisierenden Männer und die zur Schau gestellte Koketterie der Wirtin lösten einige Lacher und regelmäßigen Applaus im Zuschauerraum aus. Die Szenen auf der aus Holzelementen erstellten Sonnenterrasse inmitten von venezianischen Ansichten spiegelten auch grundlegende Verhaltensweisen der Geschlechter, Verführungskünste und Blendung gekonnt wider. Mit einigem Tiefgang, lautete doch etwa die Botschaft Mirandolinas an den Frauenverachter Ripafratta, dem weiblichen Geschlecht zukünftig mit Achtung und Respekt zu begegnen. Ihre Wahl fiel dagegen auf den zuverlässigen Angestellten. Ein "gut gespielter" "Klamauk", wie einzelne Zuschauer anerkennend meinten.

(cole)
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