Wegberg Mit spitzem Stift gerechnet

Wegberg · Der Rat hat mit knapper Mehrheit den Haushalt 2016 beschlossen. Das Defizit beträgt 2,21 Millionen Euro.

Wegberg: Mit spitzem Stift gerechnet
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Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt: Kämmerin Sonja Kühlen kündigte an, dass der Haushalt für 2017 ebenfalls noch in diesem Jahr beschlossen werden soll. Damit wäre die Stadt Wegberg wieder im Zeitplan. Für den Haushaltsplanentwurf 2016 votierten am Dienstag SPD, Grüne, FDP und Freie Wähler (19 Stimmen), CDU und AfW (17) stimmten dagegen.

Wegberg geht in das zweite Jahr des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK). Die Stadt schiebt einen Schuldenberg von rund 58 Millionen Euro vor sich her. Ziel ist es, spätestens im Jahr 2024 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und in den Folgejahren Schulden abbauen zu können. Der Entwurf 2016 ist geprägt von den im HSK vereinbarten Sparmaßnahmen. Einigen gehen diese nicht weit genug.

CDU Die Union stimmte gegen die Haushaltssatzung und machte ihre Ankündigung war, der Verwaltung eine Reihe von drastischen Sparvorschlägen vorzulegen. 19 Anträge übergab Stadtverbandsvorsitzende Petra Otten an Bürgermeister Michael Stock, während CDU-Fraktionsvorsitzender Georg Gellissen in seiner Haushaltsrede mit Blick auf sich bereits ankündigende negative Tendenzen für 2017 einen "Zwei-klang von Maßhalten und Konsolidieren" forderte. "In Zeiten wie diesen zeigt sich in der Politik, wer gewillt ist, Verantwortung zu übernehmen und diesen unbequemen Weg zu gehen, oder wer es vorzieht, sich in die populistischen Büsche zu schlagen." Gellissen bedauerte, dass der "extrem weitgehende Antrag meiner Fraktion", auf alle noch nicht beschlossenen Investitionen zu verzichten, keine politische Mehrheit fand und sich damit die Verschuldungsspirale weiter drehe und ein ausgeglichener Haushalt in weite Ferne rücke. "Wir halten den von Bürgermeister und Verwaltung für 2016 vorgeschlagenen Kurs der Konsolidierung im Ergebnishaushalt und vor allem im investiven Bereich für die Zukunft unserer Stadt für den falschen Weg", sagte Gellissen. Und: "Wir verlassen den eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung und würden bei Zustimmung zum Haushaltsplan die mittelfristig prognostizierte positive Perspektive für die Entwicklung der Stadt gefährden."

SPD Die SPD stimmte dem Haushalt zu. Weil das Gesamtplanergebnis ein Defizit von rund 2,2 Millionen Euro ausweist, sprach Fraktionschef Ralf Wolters von "Zahlen, die nicht froh stimmen, aber erforderlich sind, um den Laden am Laufen zu halten". Den CDU-Vorschlag, auf sämtliche Investitionen zu verzichten, bezeichnete Wolters als "äußerst populistisch", die Konsequenzen seien rechtswidrig. Er bedauerte die Entscheidung der CDU, gegen den Haushalt zu stimmen. "Denn die CDU, unter deren politischer Verantwortlichkeit der ganze Schlamassel entstanden ist, sollte sich nicht verweigern, sondern konstruktiv und sachgerecht an der Haushaltsaufstellung beteiligen und nicht durch nicht durchführbare, weil rechtswidrige, Vorschläge Schlagzeilen produzieren." Es müsse weiter konsequent gespart werden und man dürfe jetzt nicht "den gleichen Fehler machen, wie dies jahrelang unter einem anderen Bürgermeister gemacht worden ist, nämlich, um den Haushalt künstlich schönzurechnen, notwendige Maßnahmen zu unterlassen".

Grüne Die Grünen stimmten dem Haushaltsentwurf zu. Bei aller politischer Unterschiedlichkeit und demokratischem Miteinander sollten die Ziele nicht aus den Augen geraten, meinte Fraktionschefin Christiane Merz-Valsamidis. "Der rege Austausch und die Suche nach Lösungsvorschlägen zwischen Rat und Verwaltung war niemals so intensiv wie in den letzten zwei Jahren. Letztendlich werden wir uns an den Ergebnissen messen lassen müssen", sagte sie. Kritik übte sie am Verhalten der Union. "Wenn die CDU als die Fraktion, welche die Entscheidungen und Geschicke unserer Stadt in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich gesteuert hat, den Haushalt ablehnt, dann ist das in unseren Augen eine politische Bankrotterklärung." Den kritischen Blick, mit dem die CDU heute die Maßstäbe für den Haushalt 2016 setze, hätten die Bürger in der Vergangenheit von der CDU erwartet, sagte Merz-Valsamidis. Doch damals seien die Haushalte im Blindflug abgesegnet worden.

AfW Die Wählergemeinschaft Aktiv für Wegberg lehnte den Haushalt ab. "Solange die Maßnahme der zwei Grundschulschließungen in dem Haushaltssicherungskonzept nicht ersetzt wird, können und werden wir diesem und auch jedem folgenden Haushalt nicht zustimmen", sagte sie. Fraktionschefin Nicole von den Driesch verwies das Wahlversprechen des Bürgermeisters, er wolle für Entscheidungen den größtmöglichen Konsens herstellen, ins Reich der Märchen. Passend dazu hatte sich von den Driesch bei den Gebrüdern Grimm umgesehen. Fündig wurde sie bei "Tischlein, deck dich", "Goldesel streck dich" und "Knüppel aus dem Sack" - "denn teilweise fühlen wir uns wie in diesem", sagte von den Driesch.

FDP Die Liberalen stimmten dem Haushalt zu. "Wegberger Haushaltspolitik ist im Moment ungefähr so herausfordernd, als ob man ein Auto während der Fahrt betankt und gleichzeitig die Reifen wechselt", sagte FDP-Fraktionsvorsitzender Christoph Böhm. Er dankte Kämmerin Sonja Kühlen für den Hinweis im Vorbericht des Haushalts, dass die finanziellen Spielräume für zusätzliche Aufgaben und Projekte ausgeschöpft sind. "Frau Kühlen, ich danke Ihnen im Namen meiner Fraktion ausdrücklich für diese deutlichen Worte und verspreche Ihnen, dass wir an dieser Stelle hinter Ihnen stehen", sagte Böhm. Er gab zu Bedenken, dass man es bisher bei keiner der beschlossenen Maßnahmen des Haushaltssicherungskonzepts geschafft habe, das prognostizierte Einsparvolumen auch wirklich zu realisieren. Böhm wies den Vorschlag der Freien Wähler zurück, die Stelle des Technischen Beigeordneten ersatzlos zu streichen, weil das nicht realistisch sei. Der CDU warf er vor, mit der Idee, "einfach alles wegzusparen", die Menschen zu verunsichern. Der eingeschlagene Weg der Haushaltskonsolidierung sei ein Marathonlauf, sagte Böhm. "Sorgen wir gemeinsam dafür, dass der Stadt Wegberg nicht die Puste ausgeht."

FWW Die Freien Wähler Wegberg stimmten dem Haushalt zu, obwohl sie sich nach eigenen Angaben "seit Jahren wie in einem schlechten Film" vorkommen. Die Parkgebühren seien ein weiterer Sargnagel für die Händler in der Fußgängerzone, die geplanten Grundschulschließungen müssten unbedingt verhindert werden. "Es müssen neue Sparpotenziale im Haushalt gefunden werden, aber nicht auf dem Rücken unserer Kinder", sagte Fraktionschef Thomas Nelsbach. Er forderte von Bürgermeister Stock ein Personaleinsparkonzept, das diesen Namen auch verdient. Durch fehlende Weichenstellungen bei der Erschließung von Gewerbegrund würden keine Impulse gesetzt, die die Einnahmeseite entscheidend verbessern. "Um einen weiteren Stillstand durch eine vorläufige Haushaltsführung zu verhindern, wird die Fraktion Freie Wähler trotz dieser groben Mängel, die hausgemacht sind, den Haushaltplan 2016 mittragen", erklärte Nelsbach und kündigte an: "Herr Bürgermeister, Sie sind in der Pflicht, zu liefern. Werden für 2017 keine Korrekturen vorgenommen, werden wir diesen Haushalt dann nicht mitbeschließen."

(RP)
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