Wegberg Macht Flachs bald Karriere im Beton?

Wegberg · Blüht der Flachs in Beeck bald in neuen Dimensionen? Und ist dafür ein Mann namens Leonard Belke (51) verantwortlich? Könnte sein, denn Flachs zeigt sich in ersten Forschungen und Versuchsreihen als probates Verbundmittel im Beton.

Flachs in Verbindung mit Beeck ist eigentlich nicht verwunderlich, schließlich widmet sich dem Textilgrundstoff dort schon lange eines der wenigen Fach-Museen in der Republik, wird ein Flachstag als Nachfolger des früheren Flachsmarkts begangen, und der Heimatverein Beeck hat dort sein Domizil. Und dessen Vorsitzender Georg Wimmers ist der Schwiegervater des Beton-Experten Mathias Belke, der wiederum Prokurist und Werkleiter des großen Zementherstellers Wittekind im westfälischen Erwitte ist, also aus der Praxis berichten konnte.

Beton, ohne "g" am Ende gesprochen, ist seit der Antike bekannt, wurde bei den Römern bereits mit Kalk als Bindemittel verbaut, so die Kuppel des berühmten Pantheon in Rom, geriet aber für mehr als 1000 Jahre, bis zur Renaissance, in Vergessenheit, betonte der Referent.

Ab etwa 1980 setzte eine Modernisierungswelle des Baustoffs ein, der seit mehr als 200 Jahren mit Sand, Kies, Wasser und Zement als Bindemittel produziert wird. Und dabei geriet der Flachs, auch das Sisal, in den Fokus der Betonforschung als Verbundmittel, das vor allem als Stahlersatz zu gewaltigen Einsparpotenzialen führen kann. Stahl muss mindestens eine Umdeckung von 3,5 Zentimetern Beton haben, um vor Rost durch eindringendes Wasser geschützt zu sein.

Flachs, so Mathias Belke, benötigt da wesentlich weniger, Mauern etc. benötigen folgerichtig wesentlich weniger Beton und Stahl. Weltweit werden jährlich acht Milliarden Kubikmeter Beton mit 160 Millionen Tonnen Stahl verbraucht - das sind die Grundlagen für Einsparungen mit Flachs als "Textilbeton".

Flachsstränge im Beton bietet dem Wasser regelrechte Abflussmöglichkeiten in Form von Kapillaren, ohne Wasser hält der Beton länger. Brand-Tests zeigten darüber hinaus, dass Flachs-Beton deshalb nicht so schnell platzt.

Und ein ganz erheblicher Vorteil des in Stoffform als Leinen bekannten Gewächses mit der blauen Blüte: Als nachwachsender Rohstoff ist er CO2-neutral, im Gegensatz dazu sind Beton und Stahl erhebliche CO2-Schleudern.

Die RWTH Aachen ist führende Forschungsuniversität für Textilbeton. Der "Alterungsprozess" von Beton kann laut Mathias Belke simuliert werden - allein die Forschung muss noch intensiviert werden. Allerdings benötigen neue Baustoffe bisher bereits rund 25 Jahre für eine deutsche DIN-Norm, um sie einsetzen zu dürfen. Mathias Belke rechnet für die EU mit einer Verdoppelung dieser Zeit.

Als kleinen Trost überreichte ihm Schwiegervater Georg Wimmers abschließend einen (Flachs-)Leinenbeutel mit Rotwein und selbstgefertigter Marmelade.

(isp)
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