Wassenberg Märchen und Wahres über Motten

Wassenberg · Michael Schulz referierte im Wassenberger Bergfried auf Einladung von VHS und Heimatverein über die geschichtlichen Hintergründe der mittelalterlichen Burganlagen aus Holz.

 Auch der Wassenberger Bergfried, Ort des Vortrags, steht auf einem künstlich aufgeschichteten Hügel, einer Motte.

Auch der Wassenberger Bergfried, Ort des Vortrags, steht auf einem künstlich aufgeschichteten Hügel, einer Motte.

Foto: Laaser (Archiv)

Es waren nicht die bösen Wikinger, auch Normannen genannt, die verantwortlich waren für die Motten an Rur, Wurm, Beeckbach, Schaagbach und Rothenbach. Motten im Zusammenhang mit Normannen sind auch keine Nachtfalter, sondern Niederungsburgen auf vorwiegend künstlichen Hügeln, die im 12./13. Jahrhundert entstanden sind, wesentlich nach den Einfällen der Wikinger im 9. Jahrhundert. Michael Schulz, Dalheimer Experte vor allem für den Aldeberg bei Arsbeck, der besterhaltenen und größten Motte Europas, referierte auf der Wassenberger Burg.

Auf Einladung des Heimatvereins Wassenberg und der Kreis-Volkshochschule belegte der Werbegrafiker und Kartograph Schulz anhand zahlreicher Fundstücke und Bilder, dass Aldeberg wie auch die anderen Mottenburgen, u.a. Wassenberg, Hoverberg, Beeck, Ophover Berg (Wegberg), 200 bis 300 Jahre später entstanden sind als die für die Zeiten um 880 belegten Überfälle der Normannen aus Dänemark.

Michael Schulz und andere Autoren führen die Fehlinformation, die es nur für den Bereich des ehemaligen Kreises Erkelenz und den des Selfkantkreises gibt, auf den Dalheimer Bahnhofsvorsteher Franz Mayer zurück, der Grabungen am Aldeberg ab den 1870er Jahren dokumentierte, aber Funde offensichtlich zeitlich falsch ordnete. Und von diesem, so Schulz wie auch Sepp Becker und Walter Bienen vom Heimatverein, hätten eine Reihe von Autoren abgeschrieben, so auch im ersten Heimatkalender des Kreises Erkelenz von 1952. Wissenschaftliche Erkenntnisse für das Rheinland von den 1950er Jahren an vor allem von Hermann Hinz zeigen die richtige zeitliche Einordnung. Insofern seien die Mottenburgen auch keine einfachen Fliehburgen, sondern größere Anlagen mit Vorburgen und Kernburgen, die auf kleinen Bergspornen errichtet wurden, die man mit Aushub aufschichtete, mit Holzpalisaden sicherte. Die ersten Gebäude waren vielfach aus Holz errichtet, später begann der Ausbau mit Natur- oder Ziegelsteinen.

Erste Fundstücke vom Aldeberg lassen sich auf etwa das Jahr 1200 datieren, eine erste urkundliche Erwähnung eines Burgbesitzers und Ritters Stephanus von Orsbeck (Arsbeck) datiert auf 1276, 1704 wird nach den Recherchen von Michael Schulz der Aldeberg als "öder Platz, wo einstmals die Burg stand", bezeichnet. Schulz hat hunderte von Fundstücken, vor allem Scherben von Alltagsgeräten, von Experten untersuchen und ihr Alter bestimmen lassen - keins ist aus der Zeit vor dem 12./13. Jahrhundert.

Der Begriff "Motte" wurde vor knapp 200 Jahren von dem französischen Archäologen Arcisse de Caumont geprägt, er meint Französisch "Klumpen" oder "Erdsode" und weist damit auf die künstliche Aufschichtung.

Mit "Mott" wird heute in der Region auch noch "Matsch" bezeichnet. Der Aldeberg hatte einen quadratischen Grundriss von etwa 60 mal 60 Meter und ist rund 12 Meter hoch und gehörte damit zu den Großmotten.

(isp)
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