Wassenberg "Leben mit schönsten Künsten verbringen"

Erkelenz · Vera Wenkert aus Wassenberg hat an den Opernbühnen Europas und in New York als dramatische Sopranistin einen glänzenden Namen. Heute lebt sie in der Schweiz.

Mit langanhaltendem Applaus bewerteten die Besucher der Christ & St. Stephens Church im Lincoln Center in New York City im April des vorigen Jahres das US-Debüt der dramatischen Sopranistin Vera Wenkert als Isolde und des amerikanischen Heldentenors Curt Peters als Tristan in der gleichnamigen Liebesgeschichte Richard Wagners. Begleitende Besonderheit war eine Besuchsempfehlung des Deutschen Generalkonsulats zu diesem einzigartigen Konzert in der Weltmetropole.

Aus dem gut gefüllten 2015er-Terminkalender der aus Wassenberg stammenden Sängerin hallen die Einträge "Le Nuits de Chéronne/Frankreich (Brünnhildes Schlussgesang aus der Götterdämmerung), Callerdyke Parish Curch/Schottland (Konzertgesang Adriana Lecouvreur) und das Opernhaus Zürich (Turandot aus Giaccomo Puccini) noch eindringlich nach. Den Jahresausklang gestaltetete Vera Wenkert dann auf einer emotional völlig anderen Ebene, sang sie doch zum ersten Mal in ihrem Heimatkreis. Dabei hatte der Auftritt in Erkelenz, bei dem die Sopranistin mit Arien aus Greta Garbos Leben ein Bild der Liebe in der Kunst formte, in der Leonhardskapelle im Vergleich zu ansonsten weit größeren Konzerträumen einen recht überschaubaren familiären Zuhörerkreis.

Schnell näherte sich Vera Wenkert in diesem speziellen Fall ihrer Kindheit und Jugendzeit in Wassenberg: "Mit der heimeligen Atmosphäre der Kleinstadt, ihren Kirchen und Wäldern und den vertrauten Menschen." Sie ist davon überzeugt, dass ihr Engagement im Kinder- und Kirchenchor Wassenberg unter Leitung des damaligen Organisten Arnold Plümäkers, und dessen musikalische Früherziehung ihren Lebensweg vorgezeichnet haben: "Es hat mich schon als Kind verzaubert und berührt, wie viel Freude man Menschen mit Musik bereiten kann. Mir war bald klar, mein Leben mit den schönsten Künsten zu verbringen." In dieser Zeit war sie auf katholischer und evangelischer "Bühne" aktiv: Weihnachten war die Hoch-Zeit: Singen und Blockflöte spielen in den katholischen Messen der Wassenberger Ober- und Unterstadt, Blockflöte und Gitarre spielen in der evangelischen Hofkirche unter der Leitung von Gemeindeschwester Johanna.

Aufgewachsen ist Vera Wenkert bis zum Umzug in die Unterstadt ("die Brühl") in der Wassenberger Oberstadt mit fünf Geschwistern, die alle sehr individuell mitten im Leben stehen und sehr heimatverbunden sind. Nach dem Besuch der Grundschule in Orsbeck und der Realschule in Wassenberg folgte der Wechsel zum Cusanus-Gymnasium nach Erkelenz, wo sie 1984 Abitur machte. Literatur und Musik faszinierten sie - der Abschluss Magister in Literaturwissenschaften und Kunstgeschichte an der Universität Bonn folgte. Das war zugleich eine Befreiung, "denn endlich war der Weg fürs Studium des Operngesangs frei".

Und es zog Vera Wenkert in die Welt hinaus. Sie studierte zunächst bei Gloria Davy in Bloomington (Indiana/USA), die 1958 die erste schwarze Künstlerin war, die an der New Yorker Met die Titelrolle in der Aida sang. Später ließ Wenkert sich weiter bei Susanna Eken an der Royal Academy of Music in Kopenhagen und bei David Jones in New York ausbilden. Im dramatischen Sopranfach debütierte Wenkert, die inzwischen im schweizerischen Oberengstringen/Zürich lebt, am Stadttheater Trier, wo sie für ihre hervorragenden stimmlichen und darstellerischen Leistungen als "Fidelio"-Leonore und Tosca von den Theaterfreunden mit der begehrten Theatermaske ausgezeichnet wurde. Mehrere Stipendien waren Anerkennung für akribische Arbeit in der Musik, u.a. durch das österreichische Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, die Impulse Privatstiftung Österreich und die Foundation Idella Dänemark. Für die Interpretation der Hedwig in der Offenbach-Oper "Die Rheinnixen" wurde Wenkert von der Fachzeitschrift "Opernwelt" als "Beste Sängerin des Jahres" nominiert.

Vera Wenkert hat inzwischen in Bregenz auf der spektakulären Seebühne, in Genf, Kopenhagen, Luxemburg, Nizza, Paris, Schottland, New York und Zürich gesungen. Die Konzentration liegt auf Wagners Schaffen - mit den Rollen Senta (Der fliegende Holländer), Sieglinde (Die Walküre), Venus/Elisabeth (Tannhäuser) und Elsa (Lohengrin). Wenkerts italienisches Repertoire umfasst die Amelia (Un ballo in maschera), Leonora (La forza del destino) und Lady Macbeth (Macbeth) sowie die Titelrollen von Madame Butterfly und Turandot. Ihr Rollendebüt hatte sie 2010 als Ariadne auf Naxos bei den Antikenfestspielen Trier: "Dort verkörperte ich in Nabucco die Rolle der Abigaille. Ich habe Tosca, Marie in Wozzeck und Senta mit Franz Grundheber gesungen", ergänzt die Deutsch-Schweizerin, die das Besondere an der Interpretation ihrer Opernfiguren darin sieht, Kontakt mit essentiellen Fragen jener Existenzen aufzunehmen: "Dieses Durchkneten von Musik und Anliegen finde ich spannend. Das möchte ich auf die Bühne bringen. Das ist mein Anspruch und künstlerisches Anliegen."

Genau deshalb leitet sie in Zürich das inzwischen auch in Fachkreisen anerkannte Institut "Stimmkunst", in dem sie ihre Erfahrungen und Wissen "weitergeben kann an junge Menschen, die diesen wunderschönen und herausfordernden Beruf ergreifen". Auf ihrem Karriereweg will Wenkert die "Gabe der Dankbarkeit nie vergessen", und führt als "wunderbare Wegbegleiter" ihre Familie, die Schulfreundin Rosemarie, die Familien Sprenger und Wardeh sowie ihren Ehemann Edwin Metzler auf, in der Berufswelt den deutsch-dänischen Pianisten Friedrich Gürtler in Kopenhagen, Voice-Teacher David Jones in New York und Dirigent Thomas Barthel in Zürich. "Und natürlich danke ich den Wassenbergern aus meinen ganz jungen Jahren", betont sie. Womit verständlich wird, dass Vera Wenkert sich auf den 29. Mai freut. Dann singt sie bei einem Benefizkonzert in der Myhler Kirche, das Harfenistin Giedre Sieaulyte, der Quartettverein Myhl und Heinz-Peter Küppers (Orgel) mitgestalten, dessen Erlös für ein Schulprojekt in Ghana bestimmt ist. Initiiert wird dies von dem in Wassenberg tätigen Pater Dr. Gerald Tanye von der Steyler Missionaren. Wenkert: "Es erfüllt mich mit Stolz, Wassenberg etwas zurückgeben zu können."

(hg)
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