Wassenberg Glockenweihe wird ein Friedensfest

Wassenberg · Der emeritierte Kardinal Meisner weiht am 30. August die Donatusglocke der Myhler Kirche. Die heutige Glocke kam nach dem Krieg aus Schildau nach Myhl und geht nun zurück nach Polen. Neue Kontakte im Zeichen des Friedens.

 Aus dem Jahr 1638 stammt die Donatusglocke, die heute im Myhler Kirchturm hängt. Die Tage dieser Glocke in Myhl sind gezählt. Ende September geht sie zurück an die Ursprungsgemeinde in Wojanow/Polen.

Aus dem Jahr 1638 stammt die Donatusglocke, die heute im Myhler Kirchturm hängt. Die Tage dieser Glocke in Myhl sind gezählt. Ende September geht sie zurück an die Ursprungsgemeinde in Wojanow/Polen.

Foto: Jürgen Laaser

Mit der Weihe der kürzlich in Maria Laach gegossenen neuen Donatusglocke für die Myhler Kirche St. Johann Baptist (die RP berichtete) steht den Myhler Katholiken am Sonntag, 30. August, ein ganz besonderes Ereignis bevor. Kein Geringerer als der emeritierte Kölner Kardinal Joachim Meisner wird die Weihehandlung vornehmen.

Er wird im Rahmen eines Pontifikalamtes die Glocke weihen und dem Ritual entsprechend mit Chrisam salben. "Wir wollen, dass jeder daran teilhaben und die Glocke von Nahem anschauen kann", kündigt Pfarrer Thomas Wieners im Gespräch an. Die "Glocke zum Anfassen" soll deshalb fürs Weihefest bodennah im Kirchenraum aufgehängt werden und frei schweben, so dass sie auch angeschlagen werden und jeder ihren Klang hören kann. Dann werden die Gläubigen auch den Segenspruch (in Latein) lesen können, der von der bisherigen Glocke übernommen wurde.

"Eine Glocke für den Frieden" - unter diesem Motto steht die Weihe. Und das hat seine Gründe. Denn die Herstellung der neuen Glocke hat eine komplexe Vorgeschichte, die mit den Wirren des Zweiten Weltkriegs zu tun hat. Und ist eng verbunden mit der heute polnischen Stadt Wojanow (Schildau) im Riesengebirge, wie Kirchenvorsteher Norbert Sendke erläutert. Denn die derzeitige Donatusglocke im Myhler Kirchturm stammt aus dieser Gemeinde. 1943 wurde sie dort aus dem Kirchturm entfernt, aber nicht wie viele andere Glocken im Krieg für die Rüstung eingeschmolzen, sondern landete auf einem riesigen "Glockenfriedhof" in Hamburg. Von dort bekam die Myhler Pfarre 1953 per Leihvertrag die Glocke zugeteilt.

Im heutigen Wojanow hatte man die Glocke keineswegs vergessen. Der langjährige Myhler Kirchenrendant Richard Theißen hatte schon in den 1980er Jahren Kontakt zu ehemaligen Schildauern, die sogar Myhl besuchten, um "ihre" alte Glocke zu hören. 2012 stellte dann die Kirchengemeinde des polnischen Ortes einen offiziellen Rückführungsantrag über das Bundesinnenministerium für die Glocke, die aus dem Jahr 1638 stammt. Hintergrund ist wohl auch die 700-Jahr-Feier der Kirche in Wojanow im Jahr 2018.

"Nach Beratungen und Abstimmung unserer Pfarrgemeinde mit dem Bistum wurde ein Rückführungsvertrag geschlossen, der am 11. Juni 2014 vom Bundesinnenministerium genehmigt wurde", erläutert Norbert Sendke das weitere Prozedere. Zugleich wurde gemeinsam mit dem Glockensachverständigen des Bistums nach Ersatz gesucht. Doch keine Glocke aus dem Fundus eignete sich für die Installation neben der Marien- und Johannesglocke im Myhler Kirchturm, erinnert sich Sendke. Der Plan zum Guss einer neuen Glocke reifte.

Doch zurück zum Friedensmotto. "Ich fiel aus allen Wolken, als ich von der Herkunft der Donatusglocke hörte, dass sie quasi ein Kriegsbeutestück ist", sagt Pfarrer Wieners. Er möchte die Kontakte nach Polen, die durch die Rückführungsprozedur entstanden sind, gerne ausbauen. "Es waren ja schon Vertreter aus Wojanow hier", sagt er. "Ich denke darüber nach, die Rückführung der Glocke nach Polen zu begleiten." Wieners kann sich vorstellen, dass bleibende Kontakte zur dortigen Pfarre entstehen könnten.

So schließt sich auch der Kreis zu Kardinal Meisner, der aus Schlesien stammt. Meisner war beim Eucharistischen Kongress 2013 in Köln gleichsam Anreger der immer noch aktiven Eucharistischen Gebetsgruppe der Pfarre St. Marien, über die der Kontakt für die Glockenweihe zustande kam.

(RP)
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