Wassenberg Die Führung durchs Judenbruch wird nachgeholt

Wassenberg · Wegen des Sturms am Weltgästeführertag hielt Therese Wasch einen Vortrag über den geschichtsträchtigen Park.

 Gästeführerin Therese Wasch, Gabi Jansen für die Stadt und Heimatvereinsvorsitzender Sepp Becker (v.r.) begrüßten die Gäste zum Vortrag.

Gästeführerin Therese Wasch, Gabi Jansen für die Stadt und Heimatvereinsvorsitzender Sepp Becker (v.r.) begrüßten die Gäste zum Vortrag.

Foto: Jürgen Laaser

Steht man heute an einem der Weiher im Wassenberger Judenbruch, fällt es fast etwas schwer, sich vorzustellen, wie Oscar von Forckenbeck vor etwa 130 Jahren vielleicht von genau dieser Stelle aus den von ihm selbst angelegten Landschaftspark begutachtete. So vieles hat sich seit dieser Zeit geändert. Dieser Ort aber ist (trotz einiger Veränderungen) geblieben - und rückte am Sonntag in den Mittelpunkt des Weltgästeführertages, der bundesweit unter dem Titel "GRÜNderzeit" stand.

"Dieses Wortspiel beinhaltet sogar zwei Themen", freute sich Gästeführerin Therese Wasch vom Verein Westblicke. "Zum einen geht es um das Grün der Zeit, also die Natur, und zum anderen um die Gründerzeit von 1870 bis Anfang des 20. Jahrhunderts." Den ersten Aspekt übernahm Wasch selbst mit einem Vortrag über das Judenbruch. Den zweiten Teil gestaltete der Vorsitzende des Heimatvereins, Sepp Becker, mit Ausführungen zur Industriegeschichte in dieser Zeit.

Ursprünglich hatte Wasch eine geführte Wanderung durch das Judenbruch vorgesehen. Aufgrund möglicher Sturmschäden habe sie dann aber gemeinsam mit der Stadt und dem Heimatverein entschieden, die Wanderung durch einen Bildervortrag in der Begegnungsstätte zu ersetzen.

Mit Fotos, Karten und vielen unterhaltsamen Geschichten gelang es ihr dennoch, die Geschichte anschaulich und greifbar zu machen. So zeigte sie etwa, wie groß der "Urwald" vor der Umgestaltung war und welchen Aufwand Forckenbeck betreiben musste, um Wege und Bachläufe anzulegen und Brücken zu bauen - und dass die Idee eines großzügigen öffentlich zugänglichen Parks zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit war.

Im Zentrum ihrer Erläuterungen stand aber die Familie selbst. Wenn Wasch von den liebevollen Briefen Forckenbecks an seine Frau erzählte oder die große Kaffeetafel beschrieb, die er jährlich zur Kommunion in Wassenberg ausrichtete, war es fast, als hätte sie ihn selbst gekannt.

Folglich gab es gerade in diesem Bereich interessierte Nachfragen: Warum kam Forckenbeck nach Wassenberg? Und durfte seine Frau ihn bei seinen zahlreichen Reisen begleiten?

Der zweite Teil des Programms fand im Bergfried statt. Sepp Becker führte durch die dortige Ausstellung über die Großweberei Krahnen & Gobbers. Anhand von Fotos zeigt die Ausstellung, wie die Fabriken und die Wohnungen für Arbeiter das Stadtbild in dieser Zeit prägten. Aber auch kleine Anekdoten durften nicht fehlen und brachten die Zuhörer zum Schmunzeln. So habe man etwa die Fabriken damals "wie kleine Burgen" gebaut. "Damit wollten die Industriellen zeigen, dass nicht nur der Adel wichtig war", schilderte Becker lächelnd.

Vor allem der regionale Bezug weckte die Neugier der Teilnehmer. Immer wieder wollten sie wissen, wo genau diese Orte sind, die historisch so interessant sind, die man aber selbst, obwohl man vielleicht regelmäßig dort ist, noch nie wirklich wahrgenommen hat.

Geschichte, das machten die Gästeführer klar, ist viel mehr als Chroniken und Bücher. Therese Wasch plant bereits, die Wanderung bei passenderem Wetter nachzuholen und forderte ihre Zuhörer auf: "Gehen Sie mit offenen Augen durchs Judenbruch und erzählen Sie von Forckenbeck - es hätte ihm gefallen."

(lado)
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