Wassenberg Bekenntnis zu einer bunten Schule

Wassenberg · Die Jungen und Mädchen der Betty-Reis-Gesamtschule Wassenberg sorgten für eine farbenfrohe Feier zum 25-jährigen Bestehen der Schule. NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann lobte das Engagement für eine individuelle Förderung.

 NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (4.v.r. hinten) mit Jungen und Mädchen der Betty-Reis-Gesamtschule, dem Schulleitungsteam um Dr. Karin Hilgers (3.v.r.) und Bürgermeister Manfred Winkens (r.).

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (4.v.r. hinten) mit Jungen und Mädchen der Betty-Reis-Gesamtschule, dem Schulleitungsteam um Dr. Karin Hilgers (3.v.r.) und Bürgermeister Manfred Winkens (r.).

Foto: Uwe Heldens

Zu einem wahrhaft farbenfrohen Fest - das vielfältige Gedankenverbindungen zur Schulphilosophie der individuellen Förderung anregte - wurde die Feier zum 25-jährigen Bestehen der Betty-Reis-Gesamtschule. So stand der eigens zum Schuljubiläum komponierte Song "Wir sind bunt" , dargeboten vom Schul-Projektchor mit gelb, rot, blau und grün bemalten Händen, wie ein Motto über den munter-kreativen Darbietungen der Jungen und Mädchen und etlichen Reden am sonnigen Samstag.

Und eine besondere Gratulantin hatte sich eingefunden: NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann. Die lobte prompt den "fulminanten Auftakt" zur Feier einer Schule, deren Profil als Europaschule Verständnis, Toleranz und Verantwortung für eine globalisierte und demokratische Welt umfasse. Den Schulnamen Betty Reis, der im KZ Bergen-Belsen jung umgekommenen Wassenberger Jüdin, sah Löhrmann als "besonders bewegende Form der Geschichtsvermittlung. Ich gratuliere zu diesem Ansatz der pädagogischen Arbeit", der eine ganz konkrete Identifikation der Schüler(innen) mit einem Mädchen aus ihrer Stadt möglich mache. Ein aktueller Akzent. "Denn Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung sind in vielen Ländern Alltag." Auch hierzulande sei das Thema längst nicht abgehakt.

Trotz des etwas niedrigeren Notendurchschnitts beim Zentralabitur, vermittle die Gesamtschule mehr Bildungsgerechtigkeit: Zwei Drittel der Abiturienten an Gesamtschulen erreichten die Hochschulreife - ohne eine Empfehlung fürs Gymnasium gehabt zu haben. Löhrmann: "Die Entfaltung individueller Potenziale gelingt, und das macht eine gute Schule aus."

Auf den hohen Anspruch, "eine Schule für alle Schülerinnen und Schüler zu sein", was sich mit dem Inklusionsprozess in den vergangenen drei Jahren - als erste Gesamtschule im Kreis - noch erweitert habe, gingen auch der stellvertretende Schulleiter Helmut Frohn und Dr. Ludger Hermann, Didaktische Leiter, in ihrer Begrüßung der vielen Ehrengäste, Ehemaligen, Gründer und Unterstützer der Schule ein. Und Schulleiterin Dr. Karin Hilgers vertiefte den Gedanken. Sie bezeichnete die Einbindung von Kindern mit Behinderung als gesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung, die gleichwohl viel Kraft koste. Auch besondere Begabungen wüchsen an der Gesamtschule. "Wir halten den Begriff Leistung nicht für ein Schimpfwort", sagte Hilgers pointiert. "Wer hätte bei der Gründung gedacht, dass neben sehr soliden Berufsbildern im Dienstleistungs- und Handwerksbereich auch Ärzte, Juristen, Psychologen, Musikerinnen oder promovierte Meeresbiologen zu unseren Ehemaligen gehören." Eine dieser Vorzeige-Ehemaligen trat den Beweis auf der Bühne an: Die Konzert-Klarinettisten Eva Bolarinwa-Sevenich beeindruckte die Festgäste mit virtuosen Klezmer-Stücken.

Angesichts der "Erfolgsgeschichte" der Gesamtschule, wie es Bürgermeister Manfred Winkens ausdrückte, kann man sich die auch ideologisch geführten Grabenkämpfe um die Schulform vor knapp drei Jahrzehnten kaum mehr vorstellen. Winkens erinnerte an diese unruhige Zeit und auch an die Pionierleistung des ersten Leitungsteams mit Heinrich Spiegel als Schulleiter, der leider nicht anwesend war, Ehrenbürger Sepp Becker (Stellvertreter) und Barbara Kaiser (Didaktische Leiterin) - für beide gab es Sonderbeifall. Zuvor hatten Frohn und Hermann auch Oberkirchenrat Klaus Eberl gewürdigt, der seinerzeit als Wassenberger Pfarrer gemeinsam mit dem verstorbenen Ehrenbürger Heribert Heinrichs die Namengebung der Schule angeregt hatte. Mit Ex-Stadtdirektor Walter Windeln und dem früheren Bürgermeister Jochen Schumann wurden zwei weitere "Zeitzeugen" der Schulgründung begrüßt.

Auch Landrat Stephan Pusch erinnerte an die Vorbehalte gegen die Gesamtschule vor 25 Jahren und verwies zum Kontrast auf den aktuellen Schulentwicklungsplan des Kreises, der sogar zu Neugründungen von Gesamtschulen in jüngster Zeit geführt habe. In launiger Rede berichtete Pusch dann augenzwinkernd als leidgeprüfter Vater eines Betty-Reis-Gesamtschülers von den positiven Erfahrungen mit der individuellen Förderung an dieser Schule. Und er rief der Schulleitung zu: "Machen Sie weiter so!"

(RP)
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