Viersen Wofür Viersen 2017 Geld ausgibt

Viersen · Mehr Stellen in der Verwaltung, höhere Investitionen und eine geringere Neuverschuldung — CDU, SPD und Grüne sagten "Ja" zum Etat

 Hielt gestern Abend seine erste Rede als neuer SPD-Fraktionsvorsitzender: Manuel Garcia Limia.

Hielt gestern Abend seine erste Rede als neuer SPD-Fraktionsvorsitzender: Manuel Garcia Limia.

Foto: Röse

Gegen die Stimmen von FDP und Die Linke hat gestern Abend eine breite Mehrheit im Stadtrat den Viersener Haushalt 2017 verabschiedet. Steuererhöhungen soll es nicht geben, die Neuverschuldung liegt bei rund 5,3 Millionen Euro. Schön für die Stadt: 1,7 Millionen Euro davon entfallen aufs Förderprojekt "Gute Schule 2020" und werden vom Land NRW getilgt. Der Haushalt sieht deutlich höhere Investitionen als im Vorjahr vor: In dem mehr als zehn Millionen Euro schweren Paket ist unter anderem die Sanierung der Anne-Frank-Gesamtschule (1,8 Millionen Euro) enthalten, der Stadtpark Melcherstiege in Süchteln (eine Million Euro) und die Johannes-Kepler-Realschule in Süchteln (knapp 400.000 Euro). Das Personal der Verwaltung wird aufgestockt, unter anderem im kommunalen Ordnungsdienst. Und: Ein Jahr eher als bislang geplant, nämlich im Jahr 2021, soll die Stadt Viersen eine schwarze Null schreiben.

 Stefan Sillekens, CDU-Fraktionsvorsitzender, freute sich, dass die Steuern 2017 nicht erhöht werden müssen.

Stefan Sillekens, CDU-Fraktionsvorsitzender, freute sich, dass die Steuern 2017 nicht erhöht werden müssen.

Foto: Martin Röse

Unsere Redaktion dokumentiert Auszüge aus den Haushaltsreden der Fraktionen:

 Christoph Saßen von der Fraktion Die Linke.

Christoph Saßen von der Fraktion Die Linke.

Foto: Röse Martin

"Die meisten Themen, die im Zentrum der Beratungen zum Haushalt 2016 auf der Agenda standen und Politik und Verwaltung in Viersen beschäftigt haben, finden sich wie ein roter Faden auch im Haushaltentwurf für das Jahr 2017 wieder. Und daher wird es Sie auch nicht überraschen, dass die SPD-Fraktion dem vorgelegten Haushalt wie schon im Februar dieses Jahres zustimmen wird. Trotz aller Schwierigkeiten bestehen auf kommunaler Ebene immer noch Gestaltungsspielräume. Es gibt zwar die, die fordern, dass man in Zeiten knapper Kassen auf geförderte Maßnahmen verzichten solle. Aber das ist der falsche Ansatz. Viele der positiven Veränderungen wären dann nicht möglich. Viersen muss auch weiterhin eine Stadt für alle sein. Eine lebenswerte Stadt, in der man wohnt, arbeitet und seine Freizeit verbringt. Wir leisten viel für die Bürgerinnen und Bürger. Darauf können Politik und Verwaltung mit Recht stolz sein. Das wollen wir auch weiterhin erhalten und pflegen. Und dies vor dem Hintergrund, dass der Anteil der freiwilligen Leistungen - also den Leistungen, auf die wir Einfluss haben - lediglich rund 3,2 Prozent des gesamten Haushaltes ausmacht.

 Stefan Feiter, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Stefan Feiter, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Foto: FDP

Gerade die freiwilligen Leistungen sind es jedoch, die den Charakter einer Stadt ausmachen und uns von anderen Städten unterscheidbar machen. Hier müssen wir als Kommunalpolitiker sensibel sein, wenn es darum geht zu sparen. Viersen ist aber nicht nur ein Platz zum Wohnen und Leben, sondern war und sollte auch in Zukunft eine Stadt sein, in der man arbeitet kann. Die Möglichkeiten einer Kommune, Arbeitsplätze zu schaffen, sind natürlich ... begrenzt. Aber Instrumente wie das Gewächshaus, die Aktivierung der Innenstädte oder die Ansiedlung eines großen Unternehmens wie Reuter sind Mosaiksteinchen, die im Ganzen die Attraktivität unserer Stadt erhöhen können. Dazu gehört auch die weitere Entwicklung von Gewerbegebieten.

 Martina Maaßen von Bündnis90/Grüne.

Martina Maaßen von Bündnis90/Grüne.

Foto: Röse Martin

Manuel Garcia Limia

 Markus Fander von der Fraktion FürVIE.

Markus Fander von der Fraktion FürVIE.

Foto: FürVie

"Dieser Haushalt ist seit langer Zeit wieder ein Haushalt, in dem wir auch seitens der Kommunalpolitik deutlich unsere Handschrift hinterlassen konnten. Dies gilt zum Beispiel im Stellenplan. So ist es uns Christdemokraten gelungen, Mehrheiten zu finden ... für die Aufstockung der Arbeit des Streetworks in unserer Stadt ... Für uns war und ist die Verstärkung der Präsenz des Kommunalen Ordnungsdienstes... ein wichtiges Mittel, einerseits als direkter Ansprechpartner unserer Bürgerinnen und Bürger zu dienen, andererseits um den Willen der öffentlichen Hand zu demonstrieren, Recht auch Geltung zu verschaffen... Wer sich in unserer Region umsieht, wird lange suchen müssen, um eine Gemeinde zu finden, die ähnliche lange wie Viersen die Finger von der Steuerschraube gelassen hat. Und die Position der Stadt mit den höchsten Realsteuern im Kreis Viersen haben wir auch gerne an eine andere Kommune abgegeben. Nebenbei bemerkt, auch unser Schuldenstand sinkt, laut Plan im kommenden Jahr um zwei Millionen Euro, und im Konsolidierungszeitraum sogar um weitere 20 Millionen Euro. Dies war und ist möglich obwohl wir mit diesem Haushalt so viel investieren, wie lange nicht mehr. Auch dank der Kofinanzierung von Bund und Land profitieren zahlreiche Bereiche unserer Stadt, etwa die Schulen, von dieser Entwicklung ...

Dieser Haushalt profitiert dabei wesentlich von der Fortführung und Umsetzung von Ideen, die vor etlichen Jahren diskutiert wurden. Neue Perspektiven setzt er kaum ... Bereits im vergangenen Jahr habe ich angemahnt, dass wir eine Aufgabenkritik für die Kernverwaltung brauchen. Bisher regt sich diesbezüglich nichts ... Stichwort Stadtentwicklung: Bisher diskutieren wir dies vorrangig unter dem Stichwort Bauplanung. Ich frage mich jedoch, wo sehen wir die Schwerpunkte unserer Stadt im Ganzen. Sind wir in Zukunft der Schrebergarten Düsseldorfs oder wollen wir etwas Eigenes erreichen? Ich finde, es wird Zeit die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Veranstaltungen besuchen und in der Öffentlichkeit glänzen, das ist das eine, jetzt ist Zeit für das andere, Ärmel hochkrempeln und an der Zukunft arbeiten. Es ist nicht der Haushalt, der das Trauerspiel ist."

Stefan Sillekens

"Wir (stimmen) dem vorgelegten Haushalt zu. Die anvisierten Einnahmen sehen wir zwar als zu hoch an. Die geplanten Ausgaben sind jedoch richtig und notwendig. In den nächsten Jahren müssen wir weiter nach Einspar-Möglichkeiten und Einnahme-Verbesserungen suchen. Auch wenn es ungern gehört wird: Steuer-Erhöhungen bei der Gewerbe- und der Grundsteuer können wir auf Dauer nicht ausschließen.

Frau Bürgermeisterin, dies ist nun der zweite Haushalt ihrer Amtszeit. Und leider müssen wir Grüne feststellen, dass wir nicht erkennen können, wo es mit Viersen hingehen soll. Sie arbeiten Verwaltungshandeln ab und setzen Ratsbeschlüsse um. Wir Grüne und auch sicher die Bürgerinnen und Bürger Viersens würden sich wünschen, einmal Ihre eigenen Positionen, Ihre Visionen und Ihre Handschrift deutlicher zu erkennen ... Wie wollen Sie Viersen zukunftsweisend ausrichten, was sind Ihre Ideen, Ihre Leitbilder, was sind Ihre Themen, derer Sie sich annehmen wollen. Schade, dass die Bürgerinnen und Bürger hierauf bereits seit 15 Monaten warten müssen." Martina Maaßen

"Die Linke ist nicht als Freund der schwarzen Null bekannt ... Wie bereits in den letzten Jahren erklären wir auch heute, dass wir pauschale Kürzungen bei den Personalaufwendungen sowie Erhöhungen der Elternbeiträge für Kinderbetreuung nicht mittragen werden. Beides haben wir in der Vergangenheit immer abgelehnt und werden dem auch heute und in Zukunft über den Haushalt nicht zustimmen... In Summe hat die Fraktion Die Linke beschlossen, sowohl den vorliegenden Haushalt 2017 als auch ... die Fortschreibung für das Haushaltsicherungskonzept 2012-2022 für das Haushaltsjahr 2017 abzulehnen. Für den Haushalt 2018 erhoffen wir uns eine Steigerung der Ausbildungsplätze für die Stadt Viersen. Nach wie vor erleben wir in der Stadt Viersen eine Dauerbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und immer wieder erleben wir, dass aufgrund von Personalmangel viele Dinge liegen bleiben." Christoph Saßen

"Im Stellenplan wurden für 2016 insgesamt 919 Stellen ausgewiesen und für 2017 bereits 939,5. Immer mehr Mitarbeiter sind erforderlich, um die ständig steigenden Aufgaben der Stadtverwaltung zu bewältigen. Von einer tatsächlichen Reduzierung der Personalkosten sind wir weit entfernt und werden diese auch auf absehbare Zeit nicht erreichen... Wir sind der Meinung, dass alle neuen Stellen berechtigt sind und wir auf keine verzichten können. Wenn wir uns verschiedene Abteilungen in der Stadtverwaltung anschauen, ist vermutlich ein noch größerer Bedarf an neuen Stellen erforderlich. Das bedeutet ... aber auch, dass Organisationsabläufe weiterhin kritisch hinterfragt werden müssen um sie effektiver und schlanker zu gestalten oder vielleicht sogar auf den ein oder anderen verzichten zu können.

Ein weiterer dicker Posten bei unseren Aufwendungen stellt die Kreisumlage dar. Es ging ja bereits durch die Presse, dass die Bürgermeisterin und alle Bürgermeister der Kreiskommunen endlich mal an einem Strang ziehen wollen und dem Kreis die Stirn bieten. Das wurde auch höchste Zeit ...

FürVie stimmt dem Haushalt 2017 zu und unterstützt weiterhin das Haushaltssicherungskonzept 2012-2022. Und wir glauben, dass der Kämmerer auch ohne weitere Steuererhöhungen genug Spielraum für den Haushaltsausgleich 2022 hat. Sinnvolles Sparen ist weiterhin angesagt und dann klappt's auch mit dem Haushalt!"

Markus Fander

"Regelmäßig ... trifft sich der Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung. Hier sollten eigentlich die Themen angesprochen, diskutiert und entschieden werden, die die städtischen Finanzen auf Dauer konsolidieren, sprich die Höhe der Ausgaben der Höhe der Einnahmen anpassen, sollen. Jetzt kommen schon wieder die Argumente, es wurde doch schon so viel gespart, der Haushalt ist ausgequetscht, das Personal ist überlastet und der ... Einzelne kann nicht mehr leisten. Diesen Gegenargumenten kann man viel abgewinnen, aber Ausgaben reduzieren heißt auch, dass man Ausgaben, sprich Aufgaben der Verwaltung auf ihr dringend notwendiges Maß reduziert. Wir (können) nicht (mehr) erkennen..., dass ein stringenter Sparwillen bei den anderen Fraktionen und in der Verwaltung vorhanden ist. Wir (als FDP) haben in den letzten Jahren immer mit unserer sachbezogenen Finanzpolitik und somit mit einer den jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheit begründeten Zustimmung zu den Haushaltsplanentwürfen die Arbeit der Verwaltung gewürdigt und unterstützen wollen. Dies ist aber dieses Jahr anders! Wir werden dem Haushaltsentwurf für 2017 nicht zustimmen. Wir hoffen, dies führt zu einer Erkenntnis in der Verwaltung und damit zu einem stringenteren Wollen in den Anstrengungen zur Konsolidierung des Haushalts der Stadt Viersen, um gemeinsam mit der Politik einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen." Stefan Feiter

(mrö)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort