Ostern 2016 Wo aus Eiern Ostereier werden

Niederkrüchten · Woher kommen die Eier, die heute fertig gefärbt im Supermarkt verkauft werden? Unter anderem von der Firma Goertz in Niederkrüchten. Ein Besuch.

 Früher war das Färben der Eier Handarbeit, heute erledigen vier Maschinen das schneller als der Osterhase: 25 Millionen Stück wurden allein seit Januar bei der Eierfärberei Heinrich Goertz GmbH & Co.KG in Niederkrüchten marmoriert.

Früher war das Färben der Eier Handarbeit, heute erledigen vier Maschinen das schneller als der Osterhase: 25 Millionen Stück wurden allein seit Januar bei der Eierfärberei Heinrich Goertz GmbH & Co.KG in Niederkrüchten marmoriert.

Foto: Goertz GmbH

Der Weg zum fertig gefärbten Osterei aus dem Unternehmen Heinrich Goertz ist weit. Maschinen kochen, färben und trocknen hier Eier am laufenden Band. Allein von Januar bis Ostern färben vier Maschinen insgesamt 25 Millionen Eier. Zwei Eier pro Sekunde werden an jeder Färbstraße fertig. Ist ein Sekundenzeiger drei Mal weitergesprungen, ist eine Sechserpackung voll. "Aber sind die Zahlen überhaupt interessant?", fragt Renate Bremges.

Sie und ihre Familie betreiben mit der Heinrich Goertz GmbH & Co.KG in Niederkrüchten eine von vielleicht einem Dutzend Eierfärbereien in Deutschland. Ihr Leben ist eng mit dem Familienunternehmen verknüpft. Schon als Kind in den 1950er Jahren kam sie immer nach der Schule in die Produktion. Sie hat miterlebt, wie sehr sich das Färben der Eier und der Umgang mit Lebensmitteln in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben.

 Von Hand werden die bunten Eier abgepackt.

Von Hand werden die bunten Eier abgepackt.

Foto: Bremges

Zahlen, findet sie, sagten wenig über ihr Geschäft. "Wenn Sie zum Beispiel wissen, dass wir 50 Mitarbeiter haben und 25 Saisonkräfte - dann wissen Sie nichts darüber, dass sie großartige Arbeit leisten", sagt sie.

Die Zahlen beantworten auch nicht die Fragen, warum es gefärbte Ostereier gibt, woher die Eier kommen, und wieso das Ei noch heute in vielen Kulturen und Religionen mehr ist als nur ein Lebensmittel. Vielerorts steht es für den Ursprung des Lebens - aus welcher anderen unbelebt wirkenden Sache kann schließlich ein Lebewesen schlüpfen? Und Zahlen sagen nichts dazu, wie viel passiert, bis Kunden gekochte und gefärbte Eier in den Händen halten. "Ich finde es schlimm, wenn einer die Eier schlecht werden lässt und wegwirft. Darin steckt so viel Arbeit", sagt Bremges.

Dieser Satz galt früher, und er gilt heute. Als Bremges ein junges Mädchen war, wurden Eier in großen Waschkesseln gekocht, mit der Eieruhr. Die Mitarbeiter nahmen sie heraus und legten sie in Tomatenkistchen, dann habe es eine Frau gegeben, die die Eier ihren Kolleginnen anreichte. Die Kolleginnen waren Frauen aus Niederkrüchten. "Jede hatte ihre Farbe. Sie kamen über viele Jahre, immer dieselben, und meistens nahm auch jede in jedem Jahr wieder die Farbe, die sie in den Jahren davor gehabt hatte", erinnert sich Bremges. Die Frauen hätten dann ihre Hände in die Farbe getaucht, die Eier darin hin- und hergerollt, so dass sie marmoriert aussahen.

Die gelb gefärbten Eier haben einen Dotterfarbton.

Die gelb gefärbten Eier haben einen Dotterfarbton.

Foto: Bremges

Marmorierte Eier stellt das Unternehmen auch heute noch her. Die Eier bezieht Goertz von Lieferanten und Höfen in Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Für die gefärbten Eier verwendet das Unternehmen nur Güteklasse A in Größe M. Die Produktion funktioniert so: Eine Form mit Halterungen an einem Greifarm nimmt die Eier auf und zieht sie für einige Minuten durch Wasserdampf, der sie auf das Kochen vorbereitet. So platzt die Schale nicht.

Anschließend bleiben die Eier für zehn Minuten in 90 Grad Celsius heißem Wasser, dann sind sie hart, haben aber noch ein leicht weiches Dotter. Weiter werden die Eier über mit Lebensmittelfarbe getränkte Rollen transportiert, so entsteht ein marmorierter Effekt. Eine Lackschicht versiegelt die Eischale, es trocknet.

Am Ende der Bänder kontrollieren Mitarbeiter jedes einzelne Ei. Sind Stellen nicht gefärbt, kommt es noch einmal in die Färbstraße. Ist die Schale geplatzt, muss es entsorgt werden. Zuletzt verpacken Mitarbeiter die Eier und prüfen die Etiketten mit einer Nummer, die auf jede Verpackung geklebt werden. Sie geben Aufschluss darüber, auf welcher Straße das Ei gefärbt wurde, von welchem Erzeuger und aus welchem Stall es stammt.

Gefärbte Eier kennt die Menschheit seit Tausenden von Jahren. Schon im alten Ägypten wurden Eier bemalt. Bekannt ist, dass es in Deutschland bereits im 13. Jahrhundert gefärbte Eier gab. Offenbar waren sie rot, als Symbol für das Blut und den Opfertod Christi. In einigen Ländern werden an Ostern bis heute nur rote Eier verschenkt, in Griechenland zum Beispiel. Goertz verkauft auch einige Eier dorthin, ihr schönes, kräftiges Rot leuchtet in der Verpackung.

Dass es heutzutage in Deutschland und vielen anderen Ländern weitere Farben gibt, könnte ebenfalls mit dem Christentum zu tun haben. Die Farben haben viele Bedeutungen. Je nach Lesart hätte man in einer klassischen Packung von Goertz mit sechs Eiern also einmal Liebe und Opfertod (Rot), Verwandlung (Violett), Hoffnung und Neubeginn (Grün), Kälte (Blau), Kraft, Ausdauer (Orange) und Licht (Gelb).

Ein Familienrezept für Eier hat Renate Bremges übrigens nicht. Sie sucht zwar immer wieder neue Kochbücher zum Kochen mit Eiern, besitzt eine umfangreiche Sammlung. Aber von allen Rezepten ist der Familie ein recht einfaches doch das Liebste. Bremges: "Wir essen die Eier gerne aufgeschnitten auf einer Scheibe frischem Weißbrot. Das schmeckt."

(RP)
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