Holger Strucken "Werte der Pfadfinder sind heute wichtig"

Viersen · Holger Strucken leitet den Breyeller Pfadfinderstamm. Er spricht über Pfadfindertugenden und Logistik-Herausforderungen

 Holger Strucken ist als Pfadfinder aufgewachsen, seit 1996 leitet er den Stamm St.. Lambertus. Die Kluft trägt er nur zu speziellen Anlässen.

Holger Strucken ist als Pfadfinder aufgewachsen, seit 1996 leitet er den Stamm St.. Lambertus. Die Kluft trägt er nur zu speziellen Anlässen.

Foto: J. Knappe

Herr Stucken, ist Pfadfindersein heute noch zeitgemäß?

Holger Strucken Ich möchte die Frage damit beantworten, was es überhaupt bedeutet, ein Pfadfinder zu sein. Es ist mehr, als sich nur darum zu kümmern, dass das Zelt aufgebaut ist und das Lagerfeuer gut brennt. Es ist eine Lebenseinstellung - und diese Werte sind heute besonders wichtig. Dazu zählen unsere Internationalität und eine offene Weltanschauung, das bedeutet auch Offenheit allen anderen Menschen gegenüber. Wir haben den Anspruch, in und für die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen - kurz: ein guter Mensch zu sein. Was das heißt, hat Robert Baden-Powell, der Gründer der Pfadfinderbewegung, formuliert: ,Verlasst die Welt ein wenig besser, als ihr sie vorgefunden habt.'

Vor 70 Jahren wurde der Pfadfinderstamm in Breyell innerhalb der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg gegründet. Auch Sie selbst kommen aus einer Pfadfinderfamilie. Was hat sich verändert?

Strucken Zurzeit haben wir 60 Mitglieder, die meisten - rund 30 - gehören zur jüngsten Altersklasse, zu den Wölflingen und Jungpfadfindern. Früher gab es deutlich mehr Mitglieder in Breyell. Auch die pädagogischen Ansprüche an die Leiter sind gewachsen. Wer heute eine Gruppe leiten will, muss erstmal ein Führungszeugnis vorlegen und eine Präventionsschulung machen. Dann folgen viele Fortbildungen. Von der Idee ,Ich leite eine Pfadfindergruppe' bis zum fertigen Leiter vergehen zwei Jahre. Dazu ist auch nicht jeder bereit, der sich für die Aufgabe interessiert.

Höhepunkte für Pfadfinder waren die großen Lager....

Strucken Daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Durch die Pfadfinder habe ich viel von der Welt gesehen. Nicht nur im nahen Benelux-Bereich oder in Österreich, wo sich zahlreiche Pfadfinderzeltplätze befinden. Ich war auch in Schottland, auf Korsika, habe zwei Wochen auf einer einsamen, norwegischen Insel verbracht. Heute beginnt die Planung rund ein dreiviertel Jahr vorher. Dann denkt man über die Kosten und die Entfernung nach, informiert sich über Pfadfinderzeltplätze. Man fragt natürlich auch die Teilnehmer ,Was wollt ihr?'"

Und: Was wollen sie?

Strucken Oft wird Schwimmen gewünscht. Bei einem Ziel an einem See hat man eigentlich schon gewonnen. Immer wichtiger wird auch die Nähe zu einer großen Stadt. Dann sind logistische Fragen zu klären: Wie kommt man in die Stadt? Wie weit ist der Zeltplatz von der Haltestelle entfernt? Wie oft fährt der Bus? Für die Jugendlichen wichtig: Wie sehen die Duschen aus? Das wird dann sofort im Internet gesucht. Früher gab es Zeltplätze ohne fließendes Wasser - das wäre heute undenkbar.

Und in 70 Jahren: Gibt es dann doppelt so viele Pfadfinder?

Strucken Vielleicht, aber die Anzahl ist nicht entscheidend. Durch unser großes, eigenes Gelände mit dem selbst errichteten Haus können wir den Kindern und Jugendlichen natürlich viele Möglichkeiten bieten - wir machen auch Projekte zum Thema Ökologie. Nicht nur aus Breyell kommt Nachwuchs zu uns, sondern auch aus Bracht oder Boisheim. Mundpropaganda ist immer noch die beste Werbung. Wenn es einem Kind bei uns gefällt, erzählt es das anderen - und schon kommen wieder neue Kinder zu uns in die Schnupperstunde.

Und Ihre Tochter wird auch Pfadfinderin?

Strucken Das kann man im Alter von fünf Monaten noch nicht sagen. Aber sie kommt bald mit ins Lager. Wir suchen gerade nach einem Schlafsack, gar nicht so einfach. Meine Frau ist auch Pfadfinderin, sonst würde mein Engagement auch gar nicht funktionieren. Meine Tochter soll das aber später selbst entscheiden.

DANIELA BUSCHKAMP FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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