Viersen Wenn Künstler auf Reisen gehen...
Viersen · Die Galerie im Park setzt in ihrer neuen Schau auf den Reiz der Gegensätze — Reisebilder des 20. Jahrhunderts treffen auf Pommes-Pieker
Arkadien liegt in Viersen, genauer gesagt: im linken vorderen Raum der Städtischen Galerie. Mit grüner Plastikwiese, arkadischen Hirtensprüchen und ganz vielen Dreizacken. Letztere in Gestalt von Pommesgabeln. Rote, weiße, blaue, gelbe kleine Pommesgabeln, als Bodeninstallation und als ungemaltes Bild. "Eine Simulation von Malerei" sei das, die Pommesgabel ähnele einem Pinselstrich, erläutert der Bochumer Künstler Matthias Schramp, 1964 in Krefeld geboren. Und überhaupt: "Die Pommesgabel ist die Blume des Ruhrgebiets."
Trotzdem würde sich wohl niemand nach ihr bücken, da sie ein wertloser Gegenstand ist. Dem schafft Schramp auf humorvolle Weise Abhilfe mit seinen Gabel-Bildern. Und auch sonst ist seine Kunst mit Witz gewürzt - so wie die Pommes, die während der Ausstellungseröffnung der Ausstellung "Künstler auf Reisen" vor der Städtischen Galerie ausgeteilt wurden. Die Pommesbude "Mythosgrill", die der Künstler als temporäres Unternehmen betreibt, sei eine alltagsarchäologische Spielstätte. Wo findet Klassizismus noch statt, fragt Schamp. Am ehesten doch in den internationalen Imbissbuden mit all ihren Versatzstücken antiker Kultur. Kunst, die zum Lachen reizt, ohne oberflächlich zu sein, die wird den Gästen der Städtischen Galerie in der Ausstellung "Künstler auf Reisen" im Rahmen des Themenjahres "Unterwegs" des Kulturraums Niederrhein reichlich geboten.
In einer bemerkenswerten Kombination von Reisebildern des frühen 20. Jahrhunderts mit Beispielen zeitgenössischer Kunst entdeckt der Besucher Landschaftsbilder und Porträts des Süchtelner Malers Emil Flecken (1890-1981) und des Dülkeners Heinrich Mostertz (1884-1975), die sie von ihren Reisen nach Ostafrika, Algerien und Angola mitbrachten.
Die zeitgenössische Kunst ist nicht nur durch Matthias Schamp vertreten, sondern auch durch Monika Lassak, 1962 in Freiburg im Breisgau geboren.
Ihre Kindheit wurde von Reisen und zahlreichen Ortswechseln bestimmt. Als Erwachsene lebte sie in verschiedenen Städten Marokkos, seit 15 Jahren wohnt sie in Wien. Diese Orte prägen ihre Malerei. Lassak malt ihr Bild zerlegt in einzelne Motive auf kleine quadratische Felder und setzt diese zu einem großen Format zusammen. Dadurch entstehen deutliche Schnittstellen, perspektivische Irritationen, Brüche, die den Blick des Betrachters zu intensivem Studium zwingen. Seit mehr als 20 Jahren setzt Lassak diese Technik ein, "um entgegen der klassischen Bildaufteilung Möglichkeiten der Komposition zu finden". Wenn dann das Gemälde auf die Spitze gestellt wird, ist die Irritation noch einmal größer. Den zeitgenössischen Werken stehen die Bilder aus dem vergangenen Jahrhundert entgegen: ein reizvoller Kontrast, von dem beide Seiten profitieren.
Der Maler Emil Flecken verbrachte 1929/1930 ein Jahr in Westafrika. Dort saugte er förmlich das Licht, die Landschaft und die Menschen des exotischen Landes auf und übersetzte seine Eindrücke in Form und Farbe. Ausgewogenheit und Harmonie standen dabei immer an erster Stelle. Ein Gemälde von 1964 zeigt Fleckens Entwicklung von einem Maler, der bei aller Betonung von Form und Farbe auch die Genauigkeit des gemalten Motivs betonte, zu einem Maler, der zur Vereinfachung gefunden hat: das Gemälde "Am Lago Maggiore" fasst die Landschaft geometrisch auf, Kuben dominieren, die Harmonie der Farben aber bleibt die gewohnte.
Heinrich Mostertz verbrachte, unterbrochen von den Weltkriegen, viele Jahre im heutigen Tansania. Seine Gemälde zeugen von einer großen Liebe zu dem Land: Sie geben die Weite wieder, die Berge am Horizont, die Pflanzen, machen auch vor in Stellung gebrachten Soldaten nicht Halt. Genau betrachtet er Büffel und Giraffen, die er mit großer Leichtigkeit malt. Eindrucksvoll die brennenden Büsche, die wie ein Leuchtfeuer aufglühen, wären da nicht die fliehenden Tiere, die der Bedrohung zu entkommen versuchen. Aus Mangel an Material bemalte Mostertz häufig beide Seiten des Kartons. Das Problem, dass man normalerweise nicht Vorder- und Rückseite eines Bildes sehen kann, haben die Mitarbeiter der Galerie pfiffig gelöst: die Bilder wurden so an der Wand montiert, dass man sie von beiden Seiten betrachten kann.